Führung neu denken: Orientierung, Entwicklung und Austausch in einem digitalen Ecosystem

Führung funktioniert. Aber oft sehr unterschiedlich. Was in einem Team Orientierung gibt, führt andernorts zu Unsicherheit. Gerade in wachsenden, internationalen Organisationen zeigt sich, wie unterschiedlich Führungsverständnisse gelebt werden und wie groß der Wunsch nach Klarheit ist.
Von   Ursula Porth   |  CHRO   |  All for One Group
10. Oktober 2025

Führung neu denken:

Orientierung, Entwicklung und Austausch in einem digitalen Ecosystem

 

 

Führung funktioniert. Aber oft sehr unterschiedlich. Was in einem Team Orientierung gibt, führt andernorts zu Unsicherheit. Gerade in wachsenden, internationalen Organisationen zeigt sich, wie unterschiedlich Führungsverständnisse gelebt werden und wie groß der Wunsch nach Klarheit ist.

Wir haben auf diese Herausforderung eine neue Antwort für unser Unternehmen entwickelt: ein digitales Ecosystem, das Führung als individuelle Reise begreift. Es geht dabei nicht um ein einmaliges Training, das man Führungskräften verordnet. Vielmehr entsteht ein Raum für individuelle Entwicklung, Austausch und Reflexion. Die Inhalte sind frei wählbar, aber sie basieren auf einem gemeinsamen Wertefundament, das Orientierung schafft und Verbindlichkeit ermöglicht. So wird Führung nicht nur weitergedacht, sondern im Alltag erlebbar – über Teams, Abteilungen und Länder hinweg.

 

Warum Führung neu gedacht werden muss

Die Anforderungen an Führungskräfte haben sich stark gewandelt. Neben operativer Steuerung und fachlicher Expertise rücken heute andere Kompetenzen in den Mittelpunkt, wie etwa die Fähigkeit, in Unsicherheit zu führen, heterogene Teams zu stärken, über Distanz zu kommunizieren und technologische Entwicklungen einzuordnen und zu adaptieren.

Gleichzeitig steigt der Druck auf Unternehmen, eine kohärente Führungs- und Unternehmenskultur zu etablieren, die Innovation fördert und Orientierung gibt. Denn Führung wirkt direkt und langfristig. Studien zeigen, dass rund 70 Prozent des Mitarbeiterengagements von der direkten Führung beeinflusst werden. Wer Führungskräfte gezielt stärkt, schafft damit nicht nur bessere Führung, sondern legt den Grundstein für eine Kultur des Vertrauens, der Verantwortung und der Entwicklung.

Klassische Trainingsprogramme stoßen dabei schnell an Grenzen – zu starr, zu kurzlebig, zu wenig anschlussfähig an den Arbeitsalltag. Digitale Lernsysteme können eine zeitgemäße Alternative bieten: modular, dynamisch und auf langfristige Entwicklung angelegt. Statt punktueller Schulungen ermöglichen sie kontinuierliches Lernen, das individuell anschlussfähig ist und im organisationalen Kontext wirkt.

 

Vom Impuls zur Struktur: Wie aus einem Orientierungsbedarf ein Ecosystem wurde

Die Idee für das Leadership Ecosystem entstand nicht aus einer spontanen Initiative, sondern aus einem strukturierten Erkenntnisprozess. Eine unternehmensweite Employee Engagement-Befragung, die den Fokus auf Standortbestimmung legt, richtete das Licht auf das Thema Leadership und machte deutlich: Es ist ein zentrales Handlungsfeld, wird jedoch unterschiedlich interpretiert und gelebt. Auch war die Zeit gekommen, die Erwartungen an Führungsrollen im internationalen und gruppenweiten Kontext neu zu definieren – eine gemeinsame Grundlage zur Orientierung fehlte bislang.

Anstatt mit kurzfristigen Maßnahmen zu reagieren, entschied sich das Unternehmen für einen strategischen, langfristig angelegten Weg. Das Ziel war es, Inhalte zu vermitteln, aber auch einen nachhaltigen Rahmen zu schaffen, der individuelles Lernen ermöglicht und gleichzeitig ein konsistentes Führungsverständnis im Unternehmen etabliert.

Das Ergebnis: ein digitales Leadership Ecosystem, das einzelne Maßnahmen bündelt und Führung erlebbar macht, weiterentwickelt und entlang klarer Prinzipien in der gesamten Organisation verankert.

 

Vier Prinzipien, viele Wege

Das Leadership Ecosystem basiert auf vier Prinzipien, die das Führungsverhalten im Unternehmen leiten. Sie definieren, was gute Führung heute bedeutet, und geben Führungskräften Orientierung im täglichen Handeln:

  1. Embrace Change
    Führungskräfte nehmen Wandel nicht nur hin, sie gestalten ihn aktiv mit. Offenheit gegenüber Veränderungen, der Mut zum Neudenken von Prozessen sowie die Fähigkeit, Unsicherheit als Chance zu begreifen, stehen im Zentrum dieses Prinzips.
  2. Communicate and Collaborate
    Klare, transparente Kommunikation ist ebenso wichtig wie empathisches Zuhören. Führung bedeutet, den Dialog zu fördern, unterschiedliche Perspektiven zu integrieren und Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu ermöglichen – über Teams, Abteilungen und Hierarchieebenen hinweg.
  3. Encourage and Develop
    Gute Führung fördert Potenziale. Wer andere bestärkt, ihnen zutraut, sich weiterzuentwickeln, schafft ein positives Arbeitsklima und sichert langfristig die Leistungsfähigkeit der Organisation. Das beinhaltet auch die eigene Weiterentwicklung.
  4. Take Ownership and Drive Meaningful Outcomes
    Führung bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für das eigene Handeln, für Ergebnisse und für das gemeinsame Ziel. Dieses Prinzip unterstreicht die Wichtigkeit von Verbindlichkeit, strategischem Denken und der Fähigkeit, nachhaltige Wirkung zu erzielen.

Jedes dieser Prinzipien ist im Ecosystem mit konkreten Erwartungshaltungen und Kompetenzfeldern hinterlegt, damit Führungskräfte wissen, was wichtig ist und wie sie sich gezielt weiterentwickeln können.

 

Lernen im virtuellen Raum

Über eine virtual Reality Plattform betreten die Nutzer eine Welt mit vier Themenkontinenten, die für die vier Prinzipien stehen. Die Umgebung ist wie eine interaktive Lernreise gestaltet, in Anmutung und Aufbau vergleichbar mit einem Videospiel: Dort können Lerninhalte entdeckt, Peer-Learnings durchgeführt oder persönliche Reflexionstools genutzt werden.

Weiterbildungsplattformen, bieten strukturierte Trainings und ermöglichen kollegialen Austausch. Ein Coaching-Avatar kann bei bei individuellen Fragen helfen, während über geplante 360°-Feedback künftige Entwicklungspotenziale noch gezielter erfasst werden könnten.

So entsteht ein System, das Wissen vermittelt, erlebbar macht und persönliche Entwicklung in Echtzeit begleitet. Hinzu kommt, dass es jederzeit zugänglich, individuell skalierbar und in der Unternehmenskultur integriert ist.

 

Intuitive Führung trifft digitale Leitplanken

Ein zentrales Merkmal des Leadership Ecosystems ist, dass es auf der bestehenden Führungskultur aufbaut und sie zugleich sichtbarer sowie leichter greifbar macht. Viele Führungskräfte handeln bereits intuitiv gut. Der digitale Orientierungsrahmen unterstützt sie dabei, diese Fähigkeiten gezielt weiterzuentwickeln und stärker mit der strategischen Ausrichtung des Unternehmens zu verbinden.

Dabei versteht sich das System nicht als starre Architektur. Vielmehr ist es ein wachsendes Umfeld mit klaren Leitplanken, die Orientierung geben, ohne Individualität zu beschneiden. Sie stärken die Handlungsfähigkeit in komplexen Situationen und schaffen eine gemeinsame Grundlage für wirksame Führung – über Teams, Funktionen und Standorte hinweg.

 

Führung gestalten statt verwalten

Gute Führung zeigt sich nicht in großen Worten, sie zeigt sich im Arbeitsalltag und genau dort, wo Entscheidungen getroffen, Menschen unterstützt und Veränderungen angestoßen werden. Genau das ermöglicht das Leadership Ecosystem.

Organisationen, die Führung neu denken wollen, finden in einem Leadership Ecosystem ein praktikables Modell: mit klaren Prinzipien, digitalem Zugang und echter Relevanz für den Alltag. Und wer den Wandel ernst nimmt, sollte nicht bei Schulungen aufhören, er sollte Räume schaffen, in denen Lernen, Reflexion und Kulturveränderung dauerhaft verankert sind.

Ursula Porth ist seit 2023 Chief Human Resources Officer (CHRO) bei der All for One Group SE. In dieser Funktion ist sie für alle HR-Bereiche und die rund 3.000 internationalen Mitarbeitenden der Gruppe zuständig. Zuvor arbeitete sie mehr als 20 Jahre bei der Software AG, wo sie zuletzt als Senior Vice President HR die globalen Bereiche Business Partnering, Talent Acquisition, People Development, Global Learning und Culture verantwortete

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