(Bildnachweis: Siemens)

Die Transformation der Fertigung durch IT/OT-Konvergenz

Nachhaltigkeitsanforderungen, Arbeitskräftemangel, Produktkomplexität und unvorhersehbare Lieferketten halten die Industrie weltweit in Atem. Die transformative Kraft, die aus dem Zusammenwachsen von Informations- und Betriebstechnologie (Information Technology/Operations Technology, IT/OT) entsteht, ist unbestreitbar. Die IT/OT-Konvergenz verändert das Produktions- und Produktentwicklungsumfeld, indem sie die betriebliche Effizienz steigert, den Rahmen für eine digitale Zukunft schafft und kontinuierliche Innovation ermöglicht. Diese Vorteile sind nicht nur die Voraussetzung, um Hindernisse in der Industrie zu überwinden, sondern auch, um den Erfolg von Unternehmen in den kommenden Jahren zu sichern.
Von   Rahul Garg   |  Vice President für Industriemaschinen und KMU   |  Siemens Digital Industries Software
2. August 2024

Die Transformation der Fertigung durch IT/OT-Konvergenz

 

 

Nachhaltigkeitsanforderungen, Arbeitskräftemangel, Produktkomplexität und unvorhersehbare Lieferketten halten die Industrie weltweit in Atem. Die transformative Kraft, die aus dem Zusammenwachsen von Informations- und Betriebstechnologie (Information Technology/Operations Technology, IT/OT) entsteht, ist unbestreitbar. Die IT/OT-Konvergenz verändert das Produktions- und Produktentwicklungsumfeld, indem sie die betriebliche Effizienz steigert, den Rahmen für eine digitale Zukunft schafft und kontinuierliche Innovation ermöglicht. Diese Vorteile sind nicht nur die Voraussetzung, um Hindernisse in der Industrie zu überwinden, sondern auch, um den Erfolg von Unternehmen in den kommenden Jahren zu sichern.

 

Definition der IT/OT-Konvergenz

Um die Bedeutung der IT/OT-Konvergenz zu verstehen, muss man zunächst zwischen den beiden unterschiedlichen Bereichen unterscheiden:

Informationstechnologie (IT): Die IT dient als zentrale Datenverarbeitung eines Unternehmens und umfasst Systeme, die Betriebs- und Geschäftsdaten analysieren und verarbeiten können. Diese Ressourcen erleichtern die Umwandlung von Daten in verwertbare Erkenntnisse und ermöglichen es den Mitarbeitern, fundierte Entscheidungen zu treffen. Die IT-Infrastruktur zeichnet sich durch ihre Geschwindigkeit, Skalierbarkeit und Anpassungsfähigkeit aus.

Betriebstechnologie (OT): Die OT bildet die grundlegende Infrastruktur der Fabrik und stützt sich traditionell auf etablierte und langfristig bewährte Systeme. Sie bildet eine direkte Schnittstelle zur Fabrikhardware, einschließlich Maschinen und speicherprogrammierbarer Steuerungen (SPS). Bei OT-Systemen steht die Zuverlässigkeit im Vordergrund und sie wurden in der Vergangenheit unabhängig von der IT betrieben. Die Mitarbeiter verfügten über spezielle, auf ihre jeweiligen Bereiche zugeschnittene Fähigkeiten.

Während diese beiden Bereiche bisher überwiegend voneinander unabhängig betrieben wurden, werden die Herausforderungen der modernen Fertigung immer komplexer, so dass Unternehmen den Wert der Verschmelzung von IT und OT erkennen.

 

Bessere Abläufe ermöglichen

Die Unternehmen haben erkannt, dass die Integration von IT-Funktionen bestehende OT-Funktionen verbessern kann, was zu zahlreichen Vorteilen führt, beispielsweise:

  • Präzision beim Erkennen von Ineffizienzen: Mit der IT/OT-Konvergenz können Hersteller Zeit und Geld sparen, indem sie Verbesserungsmöglichkeiten erkennen und nutzen. So lassen sich durch die Überwachung von Trends bei Luftkompressoren und die Analyse von OT-Daten durch die IT-Abteilung Energieineffizienzen durch verschlissene oder undichte Komponenten schnell erkennen. Auf Basis dieser Erkenntnisse lässt sich die Wartung präventiv ausrichten, um Verluste zu vermeiden und damit Kosten und Ressourcen einzusparen.
  • Verbesserte Widerstandsfähigkeit der Lieferkette: Die IT/OT-Konvergenz sorgt für mehr Transparenz in der Lieferkette, indem Daten aus Produktionsprozessen in vor- und nachgelagerten Systemen weiterverwendet werden. Diese Transparenz ermöglicht eine bessere Koordinierung, Vorbereitung und Planung angesichts unerwarteter Unterbrechungen.
  • Verbesserte Nachhaltigkeitsbemühungen: Die IT/OT-Konvergenz ermöglicht es, mit den sich entwickelnden Nachhaltigkeitsstandards für Fabriken Schritt zu halten. Ausgestattet mit Echtzeit-Maschinendaten können der Energieverbrauch von Fabriken überwacht und verbessert, Möglichkeiten zur Abfallreduzierung identifiziert und der Ressourcenverbrauch optimiert werden. Auf diese Weise halten Hersteller Umweltvorschriften ein und verringern ihren gesamten CO2-Fußabdruck.

 

Closed-Loop-Qualität erstellen

Neue Datenerkenntnisse aus der IT/OT-Konvergenz fördern einen Closed-Loop Fertigungsansatz, der Konstrukteuren und Entwicklern Informationen zur Verfeinerung erster Produktentwürfe liefert. Darüber hinaus optimiert und synchronisiert die Closed-Loop-Fertigung die Produktion über das Produktdesign und die Produktplanung hinweg. Das führt zu einem zusammenhängenden Netzwerk von Informationen, das immer wieder neue Ergebnisse liefert:

  • Erhebliche Kosteneinsparungen
  • Beschleunigte Fertigung mit erhöhter Präzision
  • Qualität im geschlossenen Kreislauf

Der Closed-Loop-Prozess verfeinert die Abstimmung zwischen dem geplanten, dem realisierten und dem genutzten Produktzustand. Der Schlüssel zu diesem Ansatz ist die ständige Überwachung der Qualitätsbedingungen, bei der die Ausgabeparameter konsequent mit den festgelegten Anforderungen verglichen werden. Durch die Integration von IT/OT-Datenerfassungs- und Feedback-Mechanismen gewährleistet das System einen fließenden und kontinuierlichen Überprüfungsprozess anhand technischer Standards. Diese Flexibilität erleichtert sofortige Designanpassungen und sorgt dafür, dass Konstrukteure und Entwickler proaktiv und reaktionsschnell auf aktuelle Herausforderungen reagieren können.

Die beschriebenen Vorteile ermöglichen es den Herstellern, Produktionsprozesse zu rationalisieren, Nachhaltigkeitsvorschriften und -herausforderungen zu bewältigen sowie eine größere Autonomie in der Produktion zu erreichen.

 

Bessere Zusammenarbeit mit umfangreichen Daten

Die Konvergenz von IT und OT erfolgt durch die nahtlose Integration von Echtzeitdaten aus der Fabrikhalle in die IT-Systeme. Diese digitale Integration ermöglicht es Unternehmen, die Entscheidungsfindung zu verbessern, indem sie die Daten von in intelligenten Maschinen eingebetteten Sensoren analysieren.

Mit diesen Daten kann die IT/OT-Konvergenz dann die Implementierung des digitalen Zwillings unterstützen. Der digitale Zwilling ist ein virtuelles Abbild eines physischen Produkts, eines Prozesses, einer Produktionsstätte oder einer Maschine – und kann für Hersteller und Konstrukteure gleichermaßen von unschätzbarem Wert sein. Durch die Integration wachsender Datenmengen überbrückt der digitale Zwilling die Kluft zwischen der realen und der digitalen Welt, enthüllt Erkenntnisse und verbessert die Produktionseffizienz. Diese Integration hängt von Daten ab, die durch die IT/OT-Konvergenz zugänglich gemacht werden. Je größer der Datenpool wird, desto stabiler wird der digitale Zwilling, der es Konstrukteuren und Entwicklern ermöglicht, Produktdesigns für eine bessere Leistung anzupassen.

Darüber hinaus lassen sich durch den Einblick in den Anlagenbetrieb Sofortmaßnahmen ergreifen, die zu einem optimierten Fabrikdurchsatz führen. Dieser datengestützte Ansatz hilft nicht nur dabei, potenzielle Probleme wie Anlagenausfälle und Lagerknappheit zu erkennen und zu beheben, sondern kann die Konstrukteure auch dabei unterstützen, ihre Lösungen während der gesamten Lebensdauer eines Produkts kontinuierlich zu optimieren.

Insgesamt ist die IT/OT-Konvergenz ein Katalysator, der Produktinnovation, Digitalisierung und Zusammenarbeit in der gesamten Produktentwicklungslandschaft vorantreibt. Indem sie sich diese Konvergenz zu eigen machen, können Konstrukteure und Entwickler die reichhaltigen Datenerkenntnisse, die die IT/OT-Konvergenz hervorbringt, nutzen, um Produkte kontinuierlich zu optimieren. Die Verschmelzung von IT und OT ermöglicht auch die Einführung digitaler Werkzeuge wie den digitalen Zwilling, mit denen Hindernisse überwunden und vor allem die Zukunft von Design und Fertigung gestaltet werden können.

 

Berücksichtigung von Sicherheitsbedenken

Während die IT/OT-Konvergenz einerseits Vorteile wie digitalisierte Prozesse und Dateneinblicke von der Werkstatt bis zur Chefetage bietet, öffnet sie andererseits die Tür für Sicherheitsschwachstellen aufgrund unterschiedlicher Prioritäten, Architekturen und neuer Komplexitätsebenen.

Viele OT-Systeme laufen auf veralteter Hardware und wurden nie mit Blick auf moderne Sicherheitsstandards angelegt, was sie anfällig für Sicherheitsbedrohungen macht. Darüber hinaus erhöht die Konvergenz von IT- und OT-Systemen die Komplexität und Vernetzung innerhalb des Ökosystems der Fertigung. Diese erweiterte Angriffsfläche bietet reichlich Gelegenheit für Angreifer, sich Zugang zu wichtigen Systemen und Daten zu verschaffen.

Der Schutz von IT- und OT-Systemen und -Anlagen vor internen und externen Bedrohungen erfordert eine ganzheitliche Strategie, die alle Ebenen gleichzeitig berücksichtigt. Dies reicht von der Sicherheit auf Betriebs- und Feldebene bis hin zu robustem Datenschutz und sicheren Kommunikationskanälen. Durch diesen umfassenden Ansatz wird die Sicherheit aufrechterhalten und sichergestellt, dass bestehende OT-Systeme nicht durch neue Bedrohungen gefährdet werden.

Neben der Entwicklung einer ganzheitlichen Sicherheitsstrategie müssen Hersteller, die eine IT/OT-Konvergenz einführen, eine offene und kommunikative Umgebung zwischen IT- und OT-Mitarbeitern fördern. Das Fachwissen der IT in Bezug auf Sicherheitsprotokolle kann der OT beim Sicherstellen der Sicherheit helfen. Durch den Abbau traditioneller Barrieren zwischen diesen beiden Bereichen können die Beteiligten bewährte Verfahren austauschen, voneinander lernen und zusammenarbeiten, um die Sicherheit ihres Betriebs zu gewährleisten.

 

Die vielversprechende Zukunft der IT/OT-Konvergenz

Die IT/OT-Konvergenz hat sich von einem bloßen Trend zu einer organisatorischen Notwendigkeit entwickelt. Die Verschmelzung von IT und OT stellt eine potenzielle Lösung für die vielfältigen Herausforderungen dar, vor denen die Industrie heute steht. Durch die Analyse von Echtzeitdaten und die Implementierung der Digital-Twin-Technologie können Unternehmen Produktionsprozesse optimieren und Produktdesigns mit größerer Effizienz verfeinern. Darüber hinaus geht es bei der IT/OT-Konvergenz nicht nur darum, relevant zu bleiben, sondern auch darum, Fertigungsunternehmen in die Zukunft zu führen, wo sie der Konkurrenz einen Schritt voraus sein und größere betriebliche Vorteile erzielen können.

Rahul Garg ist Vice President für den Bereich Industriemaschinen und KMU bei Siemens Digital Industries Software und verantwortlich für die Definition und Umsetzung wichtiger strategischer Initiativen und Lösungen sowie für die globale Geschäftsentwicklung. Er und sein Team sind für die Identifizierung von Schlüsselinitiativen und die Entwicklung von Lösungen für die Branche verantwortlich. Dabei arbeiten sie eng mit branchenführenden Kunden zusammen und sind Vordenker bei neuen und aufkommenden Problemen in der Maschinenindustrie. Rahul verfügt über 25 Jahre Erfahrung und Einblicke in die Bereitstellung von softwarebasierten Lösungen für die Produktentwicklung und Fertigungsinnovation in der globalen Fertigungsindustrie. Er war in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Programmmanagement, Vertrieb und P&L-Management tätig und konzentriert sich seit 2007 ausschließlich auf die Industriemaschinen- und Schwermaschinenbranche.

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