Von CEO zu CEO: Fünf Geheimnisse erfolgreicher Führung

Christa Quarles ist schon lange CEO, doch ihr Lerneifer und Lernprozess hört nie auf. Das Führen von Mitarbeitern und einem ganzen Unternehmen erfordert immer wieder Anpassungen an neue Entwicklungen sowohl technisch als auch menschlich. Quarles studierte an der Harvard Business School, arbeitete als Investmentbankerin und ist seit Jahren im C-Level verschiedener Unternehmen  tätig.
Von   Christa Quarles   |  CEO   |  Alludo
2. Januar 2023

Das Thema Führung fasziniert sie, seit sie in ihrer Zeit als Investmentbankerin mit den Führungskräften von Hunderten von Unternehmen zusammenarbeitete. Das öffnete ihr die Augen dafür, welche Unternehmen Erfolg haben und welche scheitern würden. Und diese Entscheidung hängt nicht nur von den reinen Verkaufszahlen und Gewinnmargen ab, sondern vor allem auch vom Führungsstil der beteiligten Personen. Mit den Jahren haben sich für Christa Quarles fünf Dinge herausgestellt, die relevant für aufstrebende Führungskräfte sind, um ein gut funktionierendes und wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen zu führen.

  1. Führungsstil der Mitarbeiteranzahl anpassen

Es gibt viele verschiedene Führungsstile. Ein Startup mit nur wenigen Mitarbeitern lässt sich wesentlich näher am Mitarbeiter leiten als ein großer Konzern. Die Art und Weise des Führungsstils bei bloß 50 Mitarbeitern unterscheidet sich stark von der Art und Weise, wie CEOs Unternehmen mit 150, 500, 2.000 oder 10.000 Mitarbeitern führen. Wächst ein Unternehmen in der Zahl der Mitarbeiter gilt es auch den Führungsstil daran anzupassen und nicht im ersten Führungsansatz, der im Kleinunternehmen gut funktioniert hat, zu verharren.

Anpassungsfähigkeit ist gefragt, um mit dem Wachstum und der Größe des eigenen Unternehmens Schritt zu halten. Das vergrößert auch die Entscheidungsvielfalt zum Beispiel für das Delegieren von Aufgaben. Kümmert sich ein CEO im Startup noch um jede einzelne Businessentscheidung, gilt es, sobald mehr Fachkräfte involviert sind, die Kompetenzen in deren Hände zu legen und auf ihr Knowhow zu vertrauen. Wenn Führende versuchen, diese präskriptive Kontrolle beizubehalten, verlieren Sie am Ende die Kontrolle.

  1. Risiken eingehen, statt Fortschritt blockieren

Der oder die CEO ist die Personifikation der Verantwortung für das Unternehmen. Er oder sie ist der- beziehungsweise diejenige die Rechenschaft vor den Mitarbeitern, Aktionären, Investoren und den Kunden in der Öffentlichkeit ablegen muss. Der Druck und vor allem die Angst vor dem Scheitern kann dabei nahezu lähmend sein. Das Problem dabei: Die Risikobereitschaft nimmt ab. Manche Führungskräfte vollziehen Business-as-usual, weil es bisher immer so gemacht wurde, statt sich in neue Einflussgebiete, neue Technologien oder Arbeitsweisen vorzuwagen und etwas Neues zu probieren. Doch dieses Verharren in veralteten Strukturen ist in der Regel weitaus schädlicher als das Scheitern selbst. Und das gilt sowohl für die Führungsperson selbst, als auch die Mitarbeiter und Teams unter ihr.

Es gilt eine offene Firmenkultur zu schaffen, die Fehlentscheidungen nicht verteufelt, sondern sie als Lernprozess begreift. Ein CEO muss entscheiden, auf was der Fokus liegen soll: Um Fortschritt zu begünstigen, gilt es, Leitplanken für Kreativität und innovative Entwicklungen aufzustellen, damit sich das Team auch selbst einbringen kann. Doch dafür muss ein CEO sich zurücknehmen, loslassen und dazu bereit sein, Verantwortung in Teilbereichen abzugeben.

Ist er jedoch in seiner Versagensangst gefangen, übernimmt sie die Kontrolle. Die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit nimmt ab und Innovation und Kreativität spielen keine Rolle, da sie ein zu großes Risiko darstellen könnten. Jedoch müssen sich Führungskräfte von vertrauten Strukturen lösen, um voranzukommen. Bis das Unternehmen am nächsten Meilenstein angekommen ist, befindet es sich in einem unsicheren Schwebeprozess und kann jederzeit scheitern. Doch ist es umso erfolgreicher, wenn es den Schritt gewagt und geschafft hat.

  1. Diversität fördern

Jede Führungskraft hält sich für erfolgreich und klug. Und Menschen umgeben sich gerne mit anderen Menschen, die sich in ihren Eigenschaften und Gedanken bestärken. Das Problem dabei: Die Entscheidungen der Führungskraft wird nicht kritisch hinterfragt. Es fließen keine anderen Meinungen in die Entscheidungsfindung mit ein, da es keine abweichenden Ansichten gibt.

Um objektivere Entscheidungen zu treffen und Out-of-the-Box zu denken ist es hingegen wichtig, sein Umfeld im Arbeitsumfeld divers zu gestalten. Nur so werden Lücken im System oder fehlende Fähigkeiten aufgedeckt. Mitarbeiter mit einem anderen Standpunkt können Probleme ansprechen, die der Führungskraft selbst vielleicht gar nicht bewusst sind, aber wichtig sind, um das Unternehmen weiter voranzubringen.  Es geht also vielmehr darum, Vielfalt in Gedanken und Fähigkeiten zuzulassen und den offenen konstruktiven Meinungsaustausch zu fördern.

  1. Selektion und Delegation der Zuständigkeiten

Bei allem Austausch bleibt es jedoch oft an dem CEO hängen, die finale Entscheidung für das Unternehmen zu treffen. Bei diesen Entscheidungen liegt der Fokus der Führungsetage bei der Mission der Firmenmarke, den Mitarbeitern, die diese Mission vorantreiben, und der Art und Weise, wie sie mit dem Vorstand und den damit verbundenen treuhänderischen Pflichten agieren.

Halten sich Führungspersonen mit vielen anderen Fragen auf, die in anderen Fachbereichen liegen, lenkt es sie von ihrer eigentlichen Aufgabe als CEO eines großen Unternehmens ab. Sie verstricken sich im Mikromanagement und kommen nur langsam vorwärts. Sie sind der Flaschenhals, in dem sich alle Entscheidungen aufstauen. Deshalb ist es umso wichtiger, Mitarbeiter einzustellen, die die Führungsperson nicht mit ihrem Mindset ergänzen, sondern auch durch die Übernahme von Aufgaben und Entscheidungen entlasten, die er problemlos delegieren kann. Die besten Teammitglieder sind diejenigen, die anfallende Aufgaben erkennen und sie unaufgefordert erledigen.

  1. Die richtigen Bewerbungsfragen stellen

Dabei besteht jedoch das Problem, genau diese Menschen zu finden und einzustellen. Um sie zu erkennen, müssen bereits im Bewerbungsgespräch die richtigen Fragen gestellt werden. Die wichtigsten Meilensteine des Lebenslaufes findet man bei den meisten Bewerbern bereits in seinem LinkedIn-Profil. Erfahrung in den relevanten Fachbereichen ist zwar wichtig, dennoch gibt es andere ebenso wichtige Aspekte des Bewerbers, die es herauszufinden gilt. Dazu gehören Aufgaben, die er gerne erledigt, welche Fertigkeiten ihm besonders liegen, beruflich wie privat. Soft Skills und Zwischenmenschliches lässt sich nicht in dem klassischen Lebenslauf finden. Doch sind diese Kompetenzen ebenso wichtig, um ein gut funktionierendes Team aufzustellen, und Fähigkeiten zu entdecken, die dem Unternehmen noch fehlen.

Es kommt auf das Gesamtpaket an. Besitzen Bewerber zwar die nötigen Kompetenzen, aber passen menschlich nicht ins Unternehmen, oder brennen nicht für ihre Aufgabe, kann das genauso schädlich sein für das Unternehmen, wie Bewerber auszuwählen, die charakterlich matchen, aber keine Fachkompetenz für den jeweiligen Bereich mitbringen. Ansonsten fordert es ein hohes Maß an emotionaler Energie im Team und von der Führungskraft, um einen Bewerber zu etwas zu machen, was er von Beginn an gar nicht ist.

Fazit: Festgefahrene Vorstellungen über Bord werfen

Christa Quarles ist Führungskraft aus Leidenschaft. Nicht nur in ihrer Rolle als weiblicher CEO ist Aufgeschlossenheit ein wichtiger Punkt in ihrer Führungsrolle. Um eine gute Vorgesetzte zu sein, gilt es offen zu bleiben und sich nicht von vorgefassten Meinungen darüber, wer von wem lernen oder Ratschläge annehmen muss, leiten zu lassen. Gerade die Offenheit für unterschiedliche Perspektiven und Meinungen bietet großes Potential, um sich neue Vermarktungsideen oder Produktentwicklungen vorzunehmen. Eine großartige Idee von jemandem in einer Einstiegsposition ist immer noch eine großartige Idee, obwohl es ihm laut Profil an Berufserfahrung fehlt. Eine großartige Idee von jemandem mit einer anderen Fachkenntnis und einem anderen Hintergrund kann neue Perspektiven eröffnen, auf die Abteilungsleiter allein nie gekommen wären. Und eine großartige Idee von jemandem, mit dem Mitarbeiter oft nicht einer Meinung sind, kann genau das sein, was Führungskräfte hören müssen, um andere Blickwinkel einzunehmen und Entwicklungen in die richtige Richtung voranzubringen.

Christa Quarles ist CEO des Tech-Konzerns Alludo mit den Submarken Corel, Parallels, MindManager und WinZip. Quarles studierte an der Harvard Business School, arbeitete als Investmentbankerin und ist seit Jahren im C-Level – bei The Walt Disney Company, OpenTable und aktuell Alludo – tätig.

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