Gekommen, um zu bleiben – wie KI helfen kann Produktivität und Effizienz im Arbeitsalltag zu steigern
Das ein oder andere Unternehmen wird sich mit Sicherheit bereits mit der Frage beschäftigt haben, ob künstliche Intelligenz (KI) und Generative AI (GenAI) für sie infrage kommen – schließlich ist dieses Thema allgegenwärtig. Was vielen dabei entgeht: Auch wenn die Technologie vielsprechend ist, bringt sie dem privaten und dem öffentlichen Sektor nur dann langfristig einen Mehrwert, wenn sie sich vor der Implementierung auch mit möglichen Use Cases und Herausforderungen beschäftigen.
Lange Zeit hat die rosarote KI-Brille Unternehmen denken lassen, dass die Technologie – und im Speziellen Generative AI (GenAI) – automatisch, schnell und einfach für mehr Produktivität und Effizienz sorgt. In vielen Führungsetagen hat die umgehende Implementierung deshalb höchste Priorität, um sich so ein Stück vom Kuchen zu sichern. Das geht auch aus dem aktuellen Emerging Tech Report von Endava hervor. Bei einzelnen Use Cases mag das für kurzfristige Effizienz, Produktivität und Entlastung sorgen. So zeigt eine aktuelle globale Studie von MIT Technology Review Insights und Telestra, dass die meisten Unternehmen die Technologie lediglich in sehr speziellen Bereichen einsetzen, einen breiteren Rollout jedoch planen.
Die Technologie ist allerdings mehr als ein Garant für kurzfristigen Auftrieb. Auch auf lange Sicht bieten GenAI- und KI-Systeme einen hohen Mehrwert. Doch dafür müssen Unternehmen zunächst einige nicht zu unterschätzende Hürden meistern.
Interne Prozesse auf Vordermann bringen
Jedes Unternehmen kennt das Dilemma: Mitarbeitende verbringen täglich viel Zeit damit, Informationen zu verwalten und untereinander auszutauschen. Vor allem das Suchen und Sammeln von Daten und Dokumenten verschlingt massig. Diese bräuchten Mitarbeitende stattdessen für ihre Kernaufgaben sowie strategische und kreative Tätigkeiten. Daneben nimmt auch die Erstellung von Texten, E-Mails und Präsentationen sowie das Zusammenfassen von Meetings und Textinhalten während des Arbeitstages viel Raum ein.
In Anbetracht des manuellen Mehraufwandes bietet sich der Einsatz von KI- und GenAI-Anwendungen hier geradezu an. So lässt sich zum Beispiel eine GenAI-Anwendung in natürlicher Sprache damit beauftragen, Textdokumente oder E-Mails zu erstellen sowie seitenlange Inhalte und Meeting-Protokolle in wenigen Absätzen oder Stichpunkten zusammenzufassen. Eine intelligente Bild- und Texterkennungslösung kann Dokumente wie Anträge und Rechnungen überprüfen, alle wichtigen Informationen extrahieren und automatisch in die entsprechenden internen Systeme übertragen. Davon profitiert beispielsweise die Finanzabteilung, die Abrechnungen von Reise- und anderen erstattungsfähigen Kosten überprüft, die Rückerstattung auslöst oder einen Mitarbeiter benachrichtigt, wenn Unstimmigkeiten bestehen.
KI auf Kundenseite: Kommunikation, Support und Zufriedenheit fördern
Wer seine Kunden dauerhaft zufriedenstellen möchte, darf die Wirksamkeit und den Einfluss einer guten Kundenbetreuung nicht ignorieren. Eine GenAI-Anwendung könnte für Support-Mitarbeitende zum Beispiel Daten aus allen Systemen aggregieren, damit diese umgehend eine Übersicht über alle relevanten Informationen wie Kundendaten, bisherige Kontakthistorie und mehr erhalten. Außerdem kann eine solche Anwendung auch schnell die besten Lösungswege für Probleme und deren Ursachen bereitstellen. Implementieren Unternehmen einen GenAI-basierten Chatbot auf ihrer Webseite, könnten sich Kunden direkt an diesen wenden, um drängende Fragen zu klären sowie schnelle Hilfestellung oder Empfehlungen zu bekommen.
Auch der öffentliche Sektor kann sich KI-Chatbots zunutze machen, um Bürgern zum Beispiel die persönliche Vorstellung bei einem der zahlreichen Ämter zu ersparen. Im Schnitt dauert der Behördengang, einschließlich An- und Abreise sowie frustrierender Wartezeiten, zwei Stunden – und das unter Umständen nur für die Einreichung und Freigabe eines einfachen Antrags. Das macht Verwaltungsangelegenheiten zu einem der wenigen Lebensbereiche, in dem persönliche Interaktionen noch immer dominieren. Ein KI-Chatbot könnte Bürgern drängende Fragen beantworten und in natürlicher Sprache durch Formulare, Behördentexte und die Antragstellung helfen. Gleichzeitig würde auch der manuelle Aufwand in öffentlichen Verwaltungen sinken, da das KI-System die eingegeben Antragsdaten automatisiert einpflegen, prüfen und dem Antrag stattgeben oder im Zweifel eine manuelle Prüfung anstoßen kann.
Fehlende Expertise, mangelndes Vertrauen und Regulierungen
Allerdings entschleunigen einige Faktoren die breite Implementierung von KI und GenAI. So ist das Fehlen der notwendigen Expertise häufig ein limitierender Faktor. IT-Fachkräfte sind auf dem Markt stark nachgefragt. Laut Bitkom sind derzeit 149.000 dieser Jobs unbesetzt. Darüber hinaus weisen die vorhandenen Experten nicht immer das für die Implementierung, den gewinnbringenden Betrieb und die Skalierung von KI-Lösungen nötige Know-how auf. Viele Unternehmen haben mittlerweile erkannt, dass die Weiterbildung von IT-Mitarbeitenden ein Weg ist, mit dieser Herausforderung umzugehen. Das bestätigt auch eine Studie des World Economic Forum (WEF). Demnach müssen Schätzungen zufolge bis zu 40 % der weltweiten Belegschaft in den nächsten drei Jahren umgeschult werden müssen, um den Anforderungen von KI und Automatisierung gerecht zu werden. Die WEF-Experten betonen, dass Reskilling eine strategische Priorität sein sollte, um das volle Potenzial dieser Technologien auszuschöpfen und gleichzeitig Störungen zu minimieren. Alternativ bietet sich die Zusammenarbeit mit externen erfahrenen KI-Partnern an, da solche Projekte selbst im kleinen Rahmen sehr umfassend sein können.
Daneben spielen auch das mangelnde Vertrauen und die fehlende Unterstützung von Seiten der Mitarbeitenden eine wesentliche Rolle. Diese sind weiterhin Hauptfaktoren, die die Etablierung der Technologie hemmen. Laut einer weiteren Erhebung des WEF haben nur 55 % der Mitarbeitenden Vertrauen darin, dass ihre Unternehmen KI verantwortungsvoll einsetzen werden. Zudem sind 23 % der Mitarbeitenden nicht überzeugt, dass ihre Interessen bei der Implementierung von KI über die Unternehmensziele gestellt werden. Diese Bedenken betreffen insbesondere die Auswirkungen auf den menschlichen Umgang mit einer KI-gestützten Arbeitsumgebung, wobei die Mitarbeitenden befürchten, dass eine fehlende Kommunikation und unzureichendes Verständnis von KI zu negativen Auswirkungen führen könnten. Um dieses Vertrauensdefizit zu überwinden, gilt es, Mitarbeitenden die konkreten Vorteile für ihre Arbeit aufzuzeigen und sie bei Einführung neuer KI-Anwendungen von Anfang an in den Prozess zu involvieren – einschließlich Schulungen, die sie an die Lösungen heranführen.
Für Unternehmen aus Branchen wie der öffentlichen Verwaltung sowie dem Gesundheits- und Finanzsektor kommt zudem erschwerend hinzu, dass sie streng regulierten System-, Infrastruktur- und Daten-Anforderungen unterliegen. Deren Prozesse und Daten müssen transparent und nachvollziehbar sein, was auch KI-Abläufe einschließt. Allerdings handelt es sich bei KI häufig noch immer um sogenannte Black-Box-Systeme – sprich: Funktions- und Vorgehensweise bleiben vor den Augen ihrer Nutzer verborgen. Eine vollständig einsehbare Datengrundlage sowie KI-basierte Agents können dabei helfen, diese Umgebung mess- und überprüfbar zu machen. So setzen Agents Prozesse automatisch um und schlüsseln sie detailliert und nachvollziehbar auf, wodurch Unternehmen sogenannten KI-Halluzinationen entgegenwirken und Prozesse vollständig nachvollziehbar werden.
Schritt für Schritt in eine Zukunft mit KI
KI und GenAI haben das Potenzial, Unternehmen und ihre Mitarbeitenden vom zeitlichen und administrativen Druck zu entlassen, sodass diese sich stärker auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Gleichzeitig ermöglicht die Technologie auch auf Seiten der Kunden reibungslose Kommunikations- und -betreuungsprozesse. Jedoch empfiehlt es sich, nicht alle potenziellen Anwendungsfälle gleichzeitig anzupacken. Das wäre nicht nur mit hohen Kosten und Mehraufwand verbunden. Es birgt auch die Gefahr, dass man sich zwischen den verschiedenen Projekten zerreibt und die gewünschten Ergebnisse nicht erreicht werden.
Auch aus Kostensicht reicht es zunächst, mit einer ausgewählten KI-Lösung eine solide Basis für einen gut abgegrenzten Use Case zu schaffen, diese weiterzuentwickeln und an die individuellen Bedürfnisse der Anwender anzupassen. Entscheidend ist, sowohl die Digital- und KI-Expertise auszuweiten – zum Beispiel via Weiterbildungen – als auch die Nutzer von Anfang an in diesen Prozess einzubinden. Denn nur so können Unternehmen auf lange Sicht von den Vorteilen dieser Technologie profitieren.
Um einen Kommentar zu hinterlassen müssen sie Autor sein, oder mit Ihrem LinkedIn Account eingeloggt sein.