Günstige Voraussetzungen für Remote Work schaffen
Die Globalisierung und die digitale Vernetzung haben die Mobilitätsanforderungen vieler Menschen in relativer kurzer Zeit erheblich verändert. Ich persönlich habe viele Jahre im Ausland gearbeitet und gelebt und bin schon immer viel geschäftlich unterwegs. Und doch nimmt meine Arbeitsbelastung in den letzten Jahren eher zu, Grenzen verschwimmen und die Balance zum Wohlbefinden kann selbst bei gut organisierten Menschen verloren gehen. „Nirgendwo daheim“ ist ungesund und mobiles Arbeiten ist dann kritisch, wenn es an ungeeigneten Orten passiert. Ein Arbeitsplatz im Keller oder in der Küche passt für mich nicht.
Empfohlen wird ein „echtes Home Office“. Wer zuhause Platz hat, also einen ungestörten Raum, welcher für vertrauliche Gespräche geeignet ist, der kann loslegen. Gefragt sind Selfmanagement und geeignetes Büromaterial, sprich idealerweise zwei Bildschirme, ein ergonomischer Stuhl, ein ordentlicher Schreibtisch, Tageslicht, sicheres WLAN und am besten auch ein kabelloses Headset.
Home-Office-Regelungen funktionieren dann besonders gut, wenn sie auf individuellen Absprachen beruhen. Hier sind die Arbeitgeber gefragt: Sie müssen die Bedingungen für Remote-Arbeit im Arbeitsvertrag rechtlich sauber regeln. Ein „Telearbeitsplatz“, so der in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) verwendete Fachausdruck für Home Office, ist vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, wenn die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar und Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen bereitgestellt sowie installiert ist. Und natürlich gilt § 5 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) auch für das Home Office: Nach Beendigung der täglichen Arbeit müssen Arbeitnehmer eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden einlegen.
Neue Bedingungen, neue Bedürfnisse
Große Kanzleien, Versicherungen und Banken versuchen, längst eingetretene Veränderungen in den entsprechenden Strukturen sichtbar zu machen und „das Beste aus beiden Welten“ mit Leitlinien zu verankern. Sie sind hier nicht mehr im gewohnten „Driver’s Seat“, sondern wurden von den Effekten der Corona-Pandemie rechts wie links überholt. Für die Kolleg:innen in den Personalabteilungen und alle Führungskräfte handelt es sich um eine Herkules-Aufgabe, in dieser neuen Realität Orientierung zu geben.
Die logische Konsequenz, leerstehende Büros aufzugeben, führt gleich zur nächsten Stufe der möglichen Optimierung: Großraum-Büros mit DeskSharing. Abgesehen vom Arbeitslärm und den vielfältigen Ablenkungen im Großraum besteht die Gefahr, dass noch weniger Menschen gerne an ihren Arbeitsplatz ins Büro zurückkommen werden, denn ihnen fehlt dann die „eigene Umgebung“ und Ruhe, die bis dato ein Stück weit Sicherheit ausstrahlte. Hier müssen Großkonzerne genau hinschauen, was ihre Mitarbeiter wollen. Vor allem im Hinblick auf den Fachkräftemangel und die Ansprüche junger Talente, sollten die Angebote der Zukunft mit Bedacht entwickelt werden.
Probleme gezielt angehen
Alleine zu arbeiten kann zu Vereinsamung führen. Gerade junge Menschen dürften besonders darunter leiden, wenn die Einarbeitung in eine neue Stelle nur virtuell abläuft. Es gibt aber ein paar gute Tricks, dem vorzubeugen: Zeit in der Gruppe kann über Präsenzworkshops und gemeinsame Teambuilding-Aktivitäten wie Wandern, aber auch Bowling gewonnen werden. Auch regelmäßige „Walk&Talk“-Verabredungen, am besten im nahegelegenen Park, oder regelmäßige Team-Tage mit gemeinsamen Mittagessen tragen zum Teambuilding bei. Bei virtuellen Meetings sollte man sich in den ersten Minuten Zeit nehmen, die Teilnehmer:innen ankommen zu lassen. Denn Vertrauen ist die Grundvoraussetzung für gemeinsamen Spirit. Ich habe in meinem engsten Arbeitskreis zusätzlich virtuelle Kaffeerunden eingerichtet, als Ersatz für den zufälligen Plausch in der Kaffeeküche. Einmal wöchentlich treffen wir uns zum „Corridor Talk“ – es geht um alles Mögliche, berufliche Themen stehen explizit nicht auf der Agenda. Wie war das Wochenende, was macht die Planung für die nächste Alpenüberquerung? Was am Anfang hüftsteif wirkt, spielt sich schnell ein. Vertrauen kann auch virtuell entstehen.
Datenschutz und Cyber Security
Ein weiterer Punkt wird im Home Office gerne übersehen: Datenschutz und der Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Gerade beratende Berufe wie etwa Rechtsanwälte müssen hier verantwortungsvoll agieren. Auf keinen Fall dürfen beispielsweise vertrauliche Unterlagen ausgedruckt und dann im Altpapier entsorgt werden. Wenn es drauf ankommt, müssen wir auch zuhause zum Schredder greifen! Ferner müssen Router für WLAN passwortgeschützt sein und den aktuellen Sicherheitsanforderungen entsprechen. Zudem muss regelmäßig geprüft werden, ob es vom Hersteller Updates für den WLAN-Router gibt, welche dann auch eingespielt werden. Für Berufsgruppen mit vertraulichen Daten bietet sich neben ausreichendem Schutz durch eine Berufshaftpflichtversicherung auch eine Cyber-Versicherung an. Diese kann nach Attacken die Kosten für die Reparatur von IT-Systemen oder die Wiederherstellung von Daten übernehmen. Und schließlich: vertrauliche Calls oder Videomeetings bitte nicht im Zug, in der Lounge oder im Supermarkt führen. Das ist unprofessionell und vor allem nicht sicher.
Lernen von Zuhause aus
Ständige Veränderung durch Digitalisierung oder auch KI bedeutet, dass sich Anforderungen, Aufgaben und Arbeitsmittel am Arbeitsplatz ändern können. Daher ist es für die Mitarbeitenden nötig, die eigenen Skills ständig weiterzuentwickeln, um die Herausforderungen des digitalen Arbeitens zu bestehen.
Die Möglichkeiten, sich neues Wissen anzueignen, sind in den vergangen Jahren dank Online-Schulungen und virtueller Klassenzimmer für Arbeitnehmer:innen erheblich gewachsen. Die Digitalisierung lässt uns alle näher zusammenrücken und bietet Chancen für lebenslanges Lernen, gerade auch von zuhause aus.
Mein Fazit
Branchenabhängig macht Home Office mehr oder weniger Sinn. Für IT-Dienstleister, Rechtsanwälte, Steuerberater oder etwa für Versicherungen und Unternehmensberater ist dezentrales Arbeiten zukünftig wohl eher die Regel, im Gesundheitswesen oder in der Baubranche eher die Ausnahme.
Direkter, kreativer Austausch wird auch in einer virtuellen Welt stattfinden und funktionieren. Der Fokus sollte weg von Anwesenheit als Indikator hin auf Ergebnisse gerichtet werden. Nach den Erfahrungen, die ich während der Pandemie mit Tätigkeiten in remoten Arbeitsstrukturen gemacht habe, finde ich es unter oben beschriebenen Prämissen naheliegend, den Mitarbeitenden freizustellen, wie viele Tage sie von zu Hause arbeiten wollen. Warum sollte ein Jurist von Augsburg nach München fahren, wenn er seine Arbeit genauso sorgfältig von zu Hause aus erledigen kann? Die Wahl des Arbeitsortes ist aus meiner Sicht echtes Übertragen von Verantwortung. Das schafft Vertrauen und erhöht auch dank wegfallender Wegstrecken in vielen Fällen die Produktivität. Aus Arbeitgebersicht alles in allem eine riesige Chance!
Abschließend noch ein Gedanke: Die nächste Pandemie kommt bestimmt. Wir alle sollten besser als 2019 vorbereitet sein.
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Dieser Text ist nicht als verbindliche Rechtsauskunft zu verstehen, sondern enthält die persönliche Meinung des Autors zu den sozialen Folgen von der Arbeit im Homeoffice.
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