Warum der Mensch im Mittelpunkt steht, wenn es um die digitale Transformation geht

Der Begriff "digitale Transformation" ist in Wirtschaftskreisen seit Jahren weit verbreitet. Für Führungskräfte steht er als Synonym für eine Strategie zur Verbesserung der Abläufe, zur Senkung der Kosten und zur Steigerung des Gewinns.
Von   Cosima von Kries   |  Director, Solution Engineering EMEA   |  Nintex
5. Februar 2024

Auch wenn der Begriff weithin verstanden wird, kann er in den verschiedenen Organisationen doch unterschiedliche Bedeutungen haben. Für einige geht es um die Rationalisierung und Automatisierung bestehender Arbeitsabläufe und Prozesse. Für andere bedeutet er eine komplette Umgestaltung der Abläufe und die Digitalisierung großer Tätigkeitsbereiche.

Entscheidung für eine Definition

In immer mehr Fällen wird die digitale Transformation als das gesehen, was sie wirklich ist: Change Management für das digitale Zeitalter. Change Management ist von Natur aus menschenorientiert. Es geht darum, Menschen auf eine Reise mitzunehmen und sie darauf vorzubereiten, den Wandel, der vor ihnen liegt, zu akzeptieren und anzunehmen. Doch leider fehlt dieser Aspekt oft in zu vielen Strategien für die digitale Transformation. Viel zu viele Projekte zur digitalen Transformation sind kurzsichtig auf die Technologie ausgerichtet. Der Ansatz lautet in der Regel: Tools kaufen, Plattformen einsetzen und wiederholen, bis das Unternehmen „transformiert“ ist. In der Realität liegen die Dinge jedoch anders, denn Organisationen sind nicht auf Technologie, sondern auf Menschen aufgebaut.

Die digitale Transformation markiert einen entscheidenden Schritt in der digitalen Evolution von Unternehmen und Gesellschaften. Während Technologien wie künstliche Intelligenz, Big Data und das Internet der Dinge die Art und Weise revolutionieren, wie wir arbeiten und leben, ist es von grundlegender Bedeutung, die Umstrukturierungsbemühungen bei den Menschen anzusetzen. Die erfolgreiche digitale Transformation erfordert nicht nur die Einführung technologischer Innovationen, sondern auch einen kulturellen Wandel, der die Bedürfnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen der Mitarbeiter und Stakeholder berücksichtigt. Es geht darum, eine menschenzentrierte Perspektive zu bewahren, um sicherzustellen, dass die neuen digitalen Werkzeuge und Prozesse die individuelle Entwicklung fördern, die Zusammenarbeit stärken und letztendlich einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden der Menschen haben. Die digitale Transformation sollte als eine Chance betrachtet werden, die Beziehung zwischen Technologie und Menschheit auf eine Weise zu gestalten, die Fortschritt und Innovation im Einklang mit den menschlichen Werten bringt.

Der Mensch im Mittelpunkt ist entscheidend

Diese mangelnde Fokussierung auf den Menschen wurde in einer Untersuchung der Anwaltskanzlei Baker McKenzie hervorgehoben. Sie stellte fest, dass bei vielen Bemühungen um die digitale Transformation der Mensch nicht im Mittelpunkt steht. Von den Befragten konzentrierten sich 45 Prozent auf den Aufbau einer Personalinfrastruktur, 40 Prozent auf die Förderung neuer und agiler Arbeitsweisen und 28 Prozent auf die Schaffung einer Kultur, die für die Umsetzung von Transformationsprojekten erforderlich ist.

Es überrascht vielleicht nicht, dass die Befragten als größte Hindernisse für die Beschleunigung und Ausweitung von Transformationsbemühungen – neben dem Budget – Fachwissen/Fähigkeiten (43 %), mangelnde Klarheit und fehlende Akzeptanz (jeweils 31 %) nannten. Das bedeutet, dass drei der fünf größten Hindernisse für die Umsetzung von Umstrukturierungsmaßnahmen im kleinen Rahmen mit Menschen zu tun haben.

Es ist auch allgemein bekannt, dass ein erheblicher Teil der digitalen Transformationsprogramme nicht nach Plan verläuft. Nach Angaben des Beratungsunternehmens EY können es bis zu 50 Prozent sein.

Die Untersuchungen von EY zeigen, dass die vier Hauptgründe für das Scheitern von Projekten nicht in der Technologie liegen. Vielmehr scheitern sie am Fehlen eines klaren Endziels, am Fehlen eines Ansatzes, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht, oder an einem falschen Verständnis dessen, was transformiert werden soll. Wiederum könnten zwei dieser vier Gründe als personenbezogene Gründe angesehen werden. Hier muss jedoch zwischen Menschen und Führung unterschieden werden.

Die Rolle der Führung

Menschen, Prozesse und Technologie (PPT: People, Process, Technology) sind nicht die einzigen Faktoren, die bei Transformationen eine Rolle spielen. Wirksame Führung ist ebenfalls ein Faktor, der sich in diesem Zusammenhang von „Menschen“ unterscheidet. Leider berücksichtigen viele Unternehmen die Auswirkungen der Führung – oder eines Mangels an Führung – nicht als solche.

Den Führungskräften kommt jedoch eine entscheidende Rolle bei Transformationsprogrammen zu. Sie sind dafür verantwortlich, eine klare Vision zu formulieren, die Ausrichtung voranzutreiben, Hindernisse aus dem Weg zu räumen und Anreize für die Mitarbeiter zu schaffen, ihre Zeit und eigenes Einarbeiten in die Programme zu investieren.

Die Behandlung von Führung und Mitarbeitern als unterschiedliche Variablen in Transformationsprogrammen wird Organisationen wahrscheinlich näher an die Lösung der Bedenken oder ineffizienten Aspekte ihrer aktuellen Initiativen bringen. Viele Unternehmen finden, dass das Lippitt-Knoster-Modell für komplexes Veränderungsmanagement eine nützliche Methode ist, um zu visualisieren und zu simulieren, wo Transformationsprogramme aus Sicht der Führung und der Mitarbeiter schief laufen. Das Modell betrachtet Vision, Fähigkeiten, Anreize, Ressourcen und einen Aktionsplan als die fünf wichtigsten Zutaten für einen wirksamen Wandel. Es sollte klar sein, was passiert, wenn eine dieser Komponenten unwirksam ist.

Wenn die Menschen zum Beispiel verwirrt sind, liegt das wahrscheinlich an einer fehlenden Vision oder einem fehlenden Nordstern. Wenn Menschen verunsichert sind, haben sie vielleicht das Gefühl, dass sie nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügen, um die Arbeit auszuführen. Wenn sie frustriert sind, liegt es vielleicht daran, dass es keine Anreize für sie gibt, sich auf die digitale Reise zu begeben und sich für den Prozess zu engagieren. Das Modell zeigt, was bei Veränderungsprogrammen – und damit auch bei Programmen zur digitalen Transformation – alles schief gehen kann, wobei der gemeinsame Nenner entweder die Menschen oder die Führung ist. In fast allen Fällen sind die Führungskräfte am besten in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen.

Eine klare Vision ist der Schlüssel

Um eine klare Vision und einen definierten Weg in die Zukunft zu finden, müssen Führungskräfte ihren Fokus auf die Menschen richten – ja, sie müssen sogar den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Wenn Unternehmen verstehen, wie Teams von Menschen arbeiten, wie ihre Prozesse aussehen und wie sie zusammenarbeiten, sind sie eher in der Lage zu erkennen, wie Technologie zur Verbesserung dieser menschenzentrierten Prozesse eingesetzt werden kann.

Die Auswahl der richtigen Technologien und Tools ist für ein erfolgreiches digitales Transformationsprojekt zweifellos von entscheidender Bedeutung, aber Unternehmen müssen noch viel weiter gehen. Wenn der Mensch stets im Mittelpunkt steht, werden die Endergebnisse effektiver sein und auf lange Sicht einen weitaus größeren Mehrwert schaffen.

Cosima von Kries Spezialgebiet ist Prozessautomatisierung. Sie verfügt über umfangreiches Wissen, wenn es um die Nintex, Salesforce und Microsoft 365 Produkt-Plattformen geht sowie digitales Prozessmanagement und Prozessoptimierung. Die Expertin spricht regelmäßig auf internationalen Technologiekonferenzen und engagiert sich im Women in Tech Umfeld.

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