So wird Machine Learning in Unternehmen eingesetzt

Von   Pascal Reddig   |  Geschäftsführer   |  TWT Business Solutions GmbH
23. Mai 2018

Das Potential von Machine Learning ist riesig: schon heute wird die Technologie in vielen Unternehmen eingesetzt und funktioniert dabei oft so gut, dass den Nutzern ihre Anwesenheit gar nicht auffällt. Von Chatbots über den automatisierten Posteingang bis zum digitalen Werkzeug für Handwerker – wir zeigen einige aktuelle Anwendungsbeispiele.
Beim Thema künstliche Intelligenz und Machine Learning herrscht an vielen Stellen eine gewisse Verwirrung, deshalb macht es Sinn, die wichtigsten Begriffe kurz zu erklären: Zunächst kann man künstliche Intelligenz in zwei Ausprägungen unterscheiden, starke künstliche Intelligenz (strong AI, general AI oder Superintelligenz) und schwache künstliche Intelligenz (weak oder narrow AI). Schwache künstliche Intelligenz (KI) wirkt auf einen eng definierten Anwendungsbereich, beispielsweise eine automatisierte Bilderkennung. Die Entwicklung einer starken Intelligenz ist hingegen bis jetzt noch nicht gelungen. Diese Superintelligenz mit tendenziell universellen Fähigkeiten würde nicht mehr nur reaktiv handeln, sondern auch aus eigenem Antrieb und damit dem Menschen stärker ähneln als jede bekannte Maschine.

Machine Learning treibt künstliche Intelligenz voran

Eines der faszinierendsten Teilgebiete von künstlicher Intelligenz ist Machine Learning. Mit Hilfe von Algorithmen zur Analyse von Daten werden Muster und Zusammenhänge sichtbar gemacht und Prognosen möglich. Anders als klassische Software, die Stück für Stück programmiert wird, lernt die Maschine im Training durch Testdaten und durch den Gebrauch von großen Datenmengen im Produktivbetrieb. Eine der großen Stärken ist die Analyse von unstrukturierten Daten, die bis dato sehr schwer verarbeitbar sind.

Einen Meilenstein erreichte die KI-Entwicklung im Oktober 2017. Das von der Google-Tochter Alphabet geschaffene AlphaGo Zero schlug in internen Tests seine Vorgängerversionen im Strategiespiel Go. Diese hatten zuvor den besten menschlichen Spieler im Go geschlagen, was bis dahin auch für unmöglich gehalten wurde. Das Revolutionäre: AlphaGo Zero hat sich das Spiel selbst beigebracht, ohne dass es mit existierenden Spielzügen und Techniken gefüttert wurde wie vorherige künstlichen Intelligenzen. Nur die Spielregeln wurden vorgeben – sämtliche Taktiken erlernte AlphaGo Zero eigenständig, indem es millionenfach gegen sich selbst spielte.

Deep Learning mit Hilfe von künstlichen neuronalen Netzen ist eine besonders effektive Methode von Machine Learning und die bedeutendste Zukunftstechnologie im Bereich künstliche Intelligenz.

Enorme Einsatzmöglichkeiten von Machine Learning in Unternehmen

Aktuelle Anwendungsbereiche von Machine Learning (ML) sind die Optimierung von Geschäftsprozessen und die Automatisierung von redundanten und damit leicht standardisierbaren Aufgaben. Was sich relativ technisch anhört, bietet enormes Potential für die Geschäftsentwicklung, aber auch für Mitarbeiter und Kunden.

Sehr weit entwickelt sind heute schon Chatbots, die Kundenanfragen automatisiert beantworten oder weiterleiten können und sich während dieses Prozesses selbstständig weiterentwickeln. Auch die vollständige Automatisierung aller Inbound-Kanäle eines Unternehmens gehört zu Machine Learning-Dienstleistungen, die progressive Digitalagenturen anbieten.

Die Herausforderung: in großen Unternehmen gibt es oft einen zentralen Posteingang, bei dem sämtliche Dokumente eingehen und dann manuell an die entsprechenden Sachbearbeiter zugestellt werden. Prinzipiell gilt das nicht nur für die klassischen Postsendungen, sondern auch für E-Mails oder Social Media-Posts. Der manuelle Aufwand ist enorm. Machine Learning kann aus der vergangenen manuellen Klassifizierung zu lernen und diese automatisch auf neu eingehende, unstrukturierte oder gar handschriftliche Dokumente anzuwenden. Dadurch können Dokumente innerhalb von wenigen Millisekunden automatisiert an den richtigen Ansprechpartner delegiert werden.

Handwerker werden mit ML zu Produktexperten

Ein anderes Beispiel: die optische Erkennung von Objekten wie Produkten auf Fotos, Videos oder dem Livebild eines Smartphones. Für einen unserer Kunden haben wir eine mobile App entwickelt, welche Bad-Keramiken per Smartphone erkennt und so Installateuren und Handwerkern hilft, das passende Produkt für die örtlichen Gegebenheiten zu finden. Dadurch werden Fehlbestellungen von Ersatzprodukten und Ersatzteilen beim Hersteller minimiert.

Externe Beratung hilft bei ersten Schritten

Gerade wenn Unternehmen noch nicht sehr viel Erfahrung mit Machine Learning haben, ist die Zusammenarbeit mit externen Experten ratsam. Schon sind im Vorfeld von KI-Projekten sind nämlich potentielle Bottlenecks identifizierbar und zu erschließen, welche Projekte wirklich umsetzbar sind. Zu den Bottlenecks gehören oftmals die Rechenleistung, die Verfügbarkeit von hochwertigen Daten und die Wahl der richtigen Software. Was viele Unternehmen unterschätzen – für die Umsetzung müssen auch intern die Weichen gestellt werden, beispielsweise für eine intensive Zusammenarbeit zwischen einzelnen Abteilungen und einer innovationsfreundlichen Gesamtkultur.

Die Beispiele zeigen: Machine Learning ist schon heute Teil von vielen Unternehmen und läuft oftmals im Hintergrund, oftmals ohne dass Mitarbeiter und Kunden es wahrnehmen. Der Nutzen ist enorm, so dass ich auch schon kurzfristig mit einer weiteren und starken Verbreitung der Technologie rechne. Darüber hinaus erzeugt Machine Learning aus sich heraus eine eigene  Dynamik, da durch ihren Einsatz weitere Potentiale in Unternehmen deutlich werden.

Pascal Reddig ist Geschäftsführer von TWT Business Solutions GmbH und verantwortet seit 15 Jahren die Beratung, Entwicklung und Umsetzung von Enterprise Lösungen, Geo-Anwendungen und Machine Learning Komponenten für große Unternehmen aus verschiedenen Branchen.

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