„Menschen bleiben unersetzlich, aber…“ – Wie KI die Beratungsbranche revolutioniert

Künstliche Intelligenz (KI) verändert zunehmend unsere Arbeitswelt. Vor allem der Chatbot ChatGPT hat in den letzten Monaten für viel Aufsehen gesorgt. Mit seiner fortschrittlichen Natural Language Processing (NLP)-Fähigkeit und seinem lernfähigen Algorithmus kann der Chatbot informative Unterhaltungen führen und somit in verschiedenen Bereichen wie Kundenservice, Vertrieb und Support eingesetzt werden. Im Interview erklärt Isabell Neubert, Beraterin am Digital Engineering Center der Detecon, wie KI die Beratungsbranche schon verändert hat und noch verändern wird – und welche Chancen und Herausforderungen damit für Berater*innen einhergehen.
Interview von DIGITALE WELT – Fremd Autorschaft
9. Mai 2023
Interviewpartner
Interviewpartner

Im Gespräch mit Isabell Neubert

Was macht ChatGPT eigentlich so besonders?

Nun, besonders ist etwas ja vor allem dann, wenn es einzigartig ist. Diese Eigenschaft trifft auf ChatGPT definitiv zu. Das amerikanische Unternehmen OpenAI hat seinen Chatbot darauf trainiert, einmalige Texte zu verfassen und menschenähnliche Gespräche zu führen. Der Bot kann sogar komplexe Fragen beantworten und schwierige Problemstellungen lösen. Das sind Fähigkeiten, die bisher kaum eine andere KI replizieren konnte. Die Bedienung von ChatGPT ist zudem ziemlich einfach und intuitiv. So können auch Laien den Chatbot ohne zusätzliches Training verwenden. Kein Wunder, dass sich das Tool in kürzester Zeit zu einem der beliebtesten KI-Sprachmodelle entwickelt hat.

Chatbots wie ChatGPT erfreuen sich auch in der Arbeitswelt immer mehr Beliebtheit. Wie verändert KI speziell die Arbeitsprozesse der Beratungsbranche?

Chatbots – oder vielmehr die Large Language Models, die dahinterstecken – haben in der Beratung zunächst einmal ein großes übergeordnetes Potenzial, nämlich Arbeitsprozesse zu optimieren. Einer der größten Vorteile für die Beratungsbranche besteht vor allem darin, dass Chatbots schnell und konkret auf Anfragen von Kund*innen reagieren. Dabei überzeugen die Antworten häufig mit einer hohen Genauigkeit und Konsistenz. Das alles kann dazu beitragen, die Produktivität der Mitarbeitenden zu steigern und gleichzeitig die Kund*innenzufriedenheit zu verbessern.
Außerdem kann KI in der Beratungsbranche auch dabei helfen, große Datenmengen zu analysieren und Trends zu identifizieren. Chatbots können beispielsweise automatisch Kundenfeedback sammeln und analysieren, um wertvolle Einblicke in die Bedürfnisse und möglichen Wünsche der Kundschaft zu gewinnen. Auf diese Weise können Unternehmen ihre Angebote und Dienstleistungen besser auf ihre Kund*innen abstimmen und ihre Wettbewerbsfähigkeit langfristig verbessern.

Könnten Kundenbeziehungen darunter leiden, wenn Unterhaltungen nur noch über einen Chatbot ablaufen?

KI hat definitiv das Potential, unsere Arbeitswelt stärker zu verändern als bisherige Technologien. KI-Systemen werden uns in Zukunft dabei helfen, unsere Arbeit wieder auf wesentliche Aspekte zu reduzieren. Kund*innen werden immer häufiger mit Chatbots interagieren. Diese können aber durch gezielte Fragestellungen herausfinden, ob ein persönliches Gespräch mit einem Berater oder einer Beraterin nötig ist. Das ist vor allem angesichts des herrschenden Fachkräftemangels wichtig, wenn es nicht immer genügend Berater*innen für die Kundschaft gibt.
Die Beziehung zu den Kund*innen profitiert also eher von der technisch unterstützten Beratung, denn die Berater*innen haben so viel mehr freie Kapazitäten für individuelle Beratungen und Gespräche. Künstliche Intelligenzen wie ChatGPT werden also nach und nach Teil unseres Arbeitsalltags, sie werden aber keinesfalls die zwischenmenschlichen Beziehungen ersetzen.

Besteht das Risiko, dass KI-Tools Menschen in der Beratung obsolet machen?

KI-gestützte Tools können einige Aspekte der Beratungsdienstleistungen deutlich verbessern. ChatGPT & Co. werden daher zukünftig eine tragende Rolle spielen, aber: Menschen werden unersetzlich bleiben. Die persönliche Komponente, die Erfahrung und das langjährige Vertrauen von Kund*innen sind für viele Beratungsfragen von unschätzbarem Wert. KI-Systeme können menschliche Emotionen, Intuition und Empathie nicht authentisch replizieren, daher ist die menschliche Expertise und individuelle Erfahrung vor allem bei komplexen oder sensiblen Problemen und Fragestellungen weiterhin von entscheidender Bedeutung. Für Beratungsunternehmen ist es daher besonders wichtig Mitarbeitende im Umgang mit KI-Modellen zu schulen und zur Zusammenarbeit zu ermutigen. Hier könnte sonst innerhalb der Unternehmen ein größerer Skill-Gap entstehen, der womöglich zu einer sehr unterschiedlichen Produktivität der Mitarbeitenden führt.

Wie genau können Berater*innen KI sinnvoll in ihre Arbeit integrieren?

ChatGPT kann in der Beratung vor allem kleinere automatisierte Aufgaben übernehmen. Kund*innenseitig hilft der Chatbot beispielsweise bei der Fehleranalyse und kann allgemeine Fragen beantworten. So bieten Unternehmen rund um die Uhr einen zuverlässigen Service an. Kund*innen fühlen sich dadurch stets gut betreut und beraten.

Datenanalysen können ebenfalls mithilfe von KI deutlich effizienter gestaltet werden. Berater*innen erhalten schneller genauere Erkenntnisse über ihre Kund*innen und können dieses Wissen dann in der Beratung anwenden und ihre Beratungsleistung verbessern.

Ein weiteres Einsatzfeld sind die Human Resources. KI-Systeme ermöglichen es beispielsweise, im Bewerbungsprozess Diskriminierungen durch menschliche Vorurteile zu minimieren. Allerdings stützen sich solche KI-basierten Entscheidungen derzeit hauptsächlich auf historische Daten. Die wiederum haben Menschen getroffen, sodass die Daten oft von Verzerrungen betroffen sind. Deshalb sollten Unternehmen bei der Nutzung vorsichtig sein, menschliche Fehler nicht automatisiert in KI-Systeme zu integrieren und so ihre Reputation zu gefährden. Daher sollte die Rolle von KI auch hier eine unterstützende sein.

In Deutschland werden in Bezug auf KI vor allem Bedenken bezüglich des Datenschutzes diskutiert. Was müssen Berater*innen bei der Verwendung von KI-Tools beachten, um die Daten ihrer Kund*innen zu schützen?

KI-Systeme wie ChatGPT benötigen für ihre Arbeit eine recht große Menge an Daten, um Fragen und zu beantworten und passende Lösungen bereitzustellen. Berater*innen die Künstliche Intelligenzen nutzen sollten daher stets vorsichtig sein, mit welchen Informationen sie das System füttern. Vor allem sensible Daten, die persönliche Informationen über Kund*innen enthalten, sind oftmals nicht für die Verwendung durch KI-Systeme freigegeben. Sammelt eine KI – beispielsweise in Form eines Chatbots ­Daten der Kundschaft, ist es zudem wichtig diese im Anschluss sicher und vertraulich aufzubewahren. Für Kund*innen muss dabei außerdem immer ersichtlich sein, dass sie grade mit einem Chatbot kommunizieren. Nur so können sie selbst entscheiden, welche Informationen sie mit der KI teilen wollen.

Ist eine Zukunft ohne KI in der Beratungsbranche noch vorstellbar?

Nein. Wie in vielen anderen Branchen wird es auch für Beratungsunternehmen besonders erfolgsversprechend sein, menschliche Expertise und KI-Technologie zu kombinieren. Die meisten Menschen in Deutschland sind jetzt schon überzeugt davon, dass Künstliche Intelligenzen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in den kommenden Jahren deutlich stärken werden. Chatbots wie ChatGPT und andere Künstliche Intelligenzen werden uns in Zukunft in unserem Alltag also immer häufiger begegnen. Oftmals tun sie das sogar jetzt schon, ohne dass wir das überhaupt bemerken.

Natürlich müssen wir uns aber auch der Schattenseiten und Herausforderungen von KI bewusst sein. In den letzten Wochen haben beispielsweise Berichte über sexistische, diskriminierende oder gefährliche Chatbot-Antworten für Furore gesorgt. Um in Zukunft sicherzustellen, dass KI-Systeme ethisch und verantwortungsbewusst eingesetzt werden, muss ihre Effizienz und ihre Genauigkeit daher stets sorgfältig überwacht und reguliert werden. Dazu braucht es selbstverständlich auch gesetzliche Regelungen einerseits und Schulungen von Mitarbeitenden im Umgang mit den KI-Lösungen auf der anderen Seite. Dann können wir auch das volle Potenzial der KI-Anwendungen nutzen.

Interview geführt durch:

Extern geführte und eignereichte Experten-Interviews rund um unsere Themenschwerpunkte. DW prüft und untersagt werbliche Inhalte, nimmt sonst aber keine redaktionellen Korrekturen oder Eingriffe vor.

Um einen Kommentar zu hinterlassen müssen sie Autor sein, oder mit Ihrem LinkedIn Account eingeloggt sein.

35192

share

Artikel teilen

Top Artikel

Ähnliche Artikel