Wann hat meine Firma einen Quantenvorteil?

Von   Prof. Dr. Claudia Linnhoff-Popien   |  Professorin   |  LMU München
7. April 2022

Quantencomputer können Aufgaben lösen, die bei herkömmlichen Rechnern völlig unmöglich sind, oder können dies immens schneller und für eine größere Komplexität. Sie liefern einen Quantenvorteil. Doch, wann ist es so weit? – Dies ist die wohl häufigste Frage, die mir derzeit von den großen Wirtschaftsunternehmen gestellt wird. Wirtschaftlich ist es die wohl wichtigste Frage, die uns beim Thema Quantencomputing (QC) beschäftigt.

Meine Antwort für geeignete Anwendungen, die quasi jede Firma hat:

➔ Bald!


Falls Sie es genauer wissen möchten, lassen Sie uns überlegen.
Als erstes – das QAR-Lab teilt Firmen in 6 Level ein. Überlegen Sie doch mal, auf welchem QC-Level Sie sind: 

QC-Level 0: Thinking. Sie haben das Thema für Ihr Unternehmen als spannend erkannt.

QC-Level 1: Classification. Sie wissen, dass wirtschaftliche Vorteile des QC derzeit in den Bereichen Optimierung, Simulation, KI etc. gesehen werden. QC wird unsere IT-Landschaft nicht ersetzen, sondern Co-Prozessoren werden bei komplexen Fällen ergänzen.

QC-Level 2: Discovery. Sie haben komplexe Fälle mit QC-Potential gesammelt und eine Long List erstellt. Diese führt – erfahrungsgemäß 25-75 – potentielle Use Cases Ihres Unternehmens auf.

QC-Level 3: Selection. Sie haben die potentiellen Use Cases anhand von Kriterien bewertet, vielleicht basierend auf dem 4-Kriterien-Katalog des QAR-Lab: interessant sind schwere/wichtige/passende/frühe Fälle. Ihre Gewichtung ergab eine Short List samt einem Favoriten.

QC-Level 4: Implementation. Sie haben Ihren favorisierten Use Case auf mehreren Quantencomputern umgesetzt. Wir empfehlen im QAR-Lab mindestens Quantum Annealing und Quantum Gate Model, möglichst auch Varianten wie digital Annealing und verschiedene Anbieter im Vergleich.

QC-Level 5: Prediction. Sie haben eine Auswertung von Laufzeiten und Güte der Lösung gemacht, kennen Ihren Bedarf an Qubits und haben in einer Hochrechnung ermittelt, wann die von Ihnen benötigte Hardware verfügbar sein wird. Daraus leiten Sie ab, wann Ihre Top-Anwendung einen Quantenvorteil erreicht.

Wenn Sie wissen, auf welchem QC-Level Sie sind, so schauen Sie, wie Sie auf das nächste QC-Level kommen und dann von Level zu Level. Am Ende haben Sie die Antwort für das Timing Ihres Quantenvorteils. So können Sie unmittelbar planen, wie Sie sich auf dieses Zeitalter vorbereiten.

Beispiel – Optimierung am Flughafen

Als Use Case mit Potential für einen Quantenvorteil hat das QAR-Lab für den Flughafen München das Gate Allocation Problem (GAP, Optimierungsproblem zur Zuordnung der Flugzeuge zu Gates) identifiziert. Im Kleinen haben wir es für die Quanten Annealing Hardware von D-Wave Systems, sowie für Quantencomputer der Firmen Rigetti und IBM mittels des QAOA, modelliert und ausgeführt. Für den Produktivbetrieb des Flughafens am Terminal 2 wurden 12.500 Qubits auf Basis einer QUBO Modellierung errechnet. Dies sollten logische Qubits sein, wobei Google davon ausgeht, dass 1.000 physikalische Qubits zur Realisierung eines logischen Qubits für ihre supraleitende Technologie gebraucht werden, McKinsey benennt 1.000-10.000, was technologiespezifisch zu diskutieren wäre. In Kooperation mit der TU Delft betrachten wir, wie die Fehlerkorrektur effizienter gemacht werden kann, sodass potentiell weniger als 103-104 physikalische Qubits benötig werden. Ferner ist die Kohärenzzeit von Bedeutung – je größer diese ist, desto komplexere Algorithmen sind ausführbar. Quantum Brilliance mit einer Technologie basierend auf Stickstoff-Fehlstellen wäre bspw. ein äußerst interessanter Anbieter hinsichtlich dieser Kohärenzzeit. Doch, gehen wir von aktuell verfügbaren Quntencomputern/Annealern aus: D-Wave und Fujitsu lassen eine Verdopplung der Qubits alle drei Jahre erwarten, bei IBM u.a. Gate Model Rechnern erwarten wird diese Verdopplung etwa jährlich. Nach Auswertung aller Daten und Business Pläne prognostizieren wir für ein voll ausgelastetes Terminal 2 am Flughafen München einen ersten Quantenvorteil auf dem Quantum Annealer im Jahr 2026, auf einem Quantum Gate Model mit größerer Genauigkeit in 2028.

Das ist das „bald“.

Lassen Sie sich durch eine Fülle von Beiträgen rund um das Erreichen eines Quantenvorteils inspirieren. Wenn Sie Fragen haben oder wir Ihnen helfen können – bei der Entdeckung, Auswahl, Implementierung und Prognose Ihrer Fälle – so melden Sie sich! Meine Kollegen vom QAR-Lab und ich sind gerne für Sie da.

Wir unterstützen Sie beim Quantencomputing als kompetenter Partner. Deutschlandweit einzigartig testen wir im QAR-Lab die größte Anzahl an Quantencomputern. Deshalb wissen wir, welche Quantenhardware für welche Herausforderungen in Ihrem Unternehmen am geeignetsten sein kann. Wappnen Sie Ihr Unternehmen für eine neue Ära in Ihrer Firmengeschichte. 

Ihre
   Claudia Linnhoff-Popien

Claudia Linnhoff-Popien hat den Lehrstuhl „Mobile und Verteilte Systeme“ an der LMU München inne und kooperiert als Vorstandsvorsitzende des „Digitale Stadt München e.V.“ mit aktuell 127 Firmen. Sie ist Leiterin des „QAR-Lab“, das Quantum-Hardware nutzt, um bereits heute erfolgreich QC Use Cases für die Wirtschaft zu programmieren.

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