Künstliche Intelligenz und Automatisierung im Ingenieurswesen

Von   Raghavendra K.A.   |  Global Head of Engineering, IoT- and Blockchain practice   |  Infosys
3. Juli 2024

Künstliche Intelligenz, Machine Learning (ML) und Automatisierungstechnologien verändern die Maschinenbauindustrie grundlegend. Laut einer aktuellen Deloitte-Umfrage sind 93 Prozent der Fertigungsunternehmen der Meinung, dass Künstliche Intelligenz (KI) eine entscheidende Technologie zur Förderung von Wachstum und Innovation sein wird. 
 
Die Fertigungsindustrie profitiert davon in hohem Maße. Ein Grund: Sie setzt eine Reihe von Technologien ein. Dazu gehören beispielsweise Product-Lifecycle-Management (PLM), Enterprise-Resource-Planning (ERP) oder Manufacturing-Execution (MES). Diese generieren während ihres Lebenszyklus eine Vielzahl an Daten, zum Beispiel während des Designs oder bei der Erstellung von KI-Modellen in der Produktentwicklung. Darüber hinaus gibt es eine große Vielfalt an Daten in den Ökosystemen von Zulieferern, OEMs oder Partnern, auf die Fertigungsunternehmen Zugriff haben könnten. Zudem sind Fusionen und Übernahmen in der Branche üblich. Damit werden weitere Designs und Daten integriert. Darüber hinaus sollte sich auch die Unternehmenskultur anpassen.
 
Die verschiedenen Daten aus unterschiedlichen Systemen lassen sich in unterschiedlichen Datenbanken integrieren. Unternehmen sind außerdem in der Lage, sie zu analysieren und entsprechend zu nutzen. Das Ergebnis: Eine höhere Produktionseffizienz und -qualität, sowie niedrigere Kosten. Außerdem wird der Betrieb rationalisiert. Weitere Vorteile sind eine höhere Sicherheit und Nachhaltigkeit.

 
KI und Automatisierung bauen technische Fähigkeiten für bessere Ergebnisse aus

 

In den letzten Jahren beeinflussten KI und Automatisierung die Fertigungsindustrie. Beide Technologien bieten die Möglichkeit, historische Daten einzusehen, sie zu bereinigen und zu vereinheitlichen. So entsteht ein einziger Datensatz mit allen Informationen. KI löscht außerdem automatisch Doubletten und reduziert Abweichungen.

Wissensbasierte Engineering-Systeme unterstützten in der Vergangenheit bei der Verarbeitung, Aufbereitung und Wiederverwendung von Know-how. Sie werden jetzt in KI-Systeme der nächsten Generation integriert. Diese Lösungen sind präziser. Sie verfügen außerdem über nachvollziehbare Prozesse und Workflows, die für die Forschung und Entwicklung der meisten Produktwertschöpfungsketten entscheidend sind. Large Language Models (LLM) verarbeiten und rufen Informationen skalierbar ab – und zwar zum benötigten Zeitpunkt.
Mit einfachen ML-Modellen oder (tiefen) neuronalen Netzen können KI-Algorithmen vorausschauende Analysen hinsichtlich Angebot und Nachfrage durchführen.

KI und Automatisierung sind für die folgenden Bereichen wichtig:

 

  • Datenintegrationund -zentralisierung

KI-gestützte Tools sammeln und integrieren Daten aus unterschiedlichen Quellen. Dazu gehören unter anderem CAD/CAM-Systeme, IoT-Geräte und ERP-Lösungen. So ließ sich beispielsweise ein Artificial Neural Network für ein globales Luft- und Raumfahrtunternehmen einsetzen, um das Ausbalancieren von Flugzeugmotoren zu unterstützen.

  • Datenbereinigung und -aufbereitung

Der manuelle Arbeits- und Zeitaufwand für Datenbereinigung lässt sich durch Automatisierung reduzieren. So konnten zum Beispiel Rechtsdokumente für ein Unternehmen der Computer- und Unterhaltungselektronik automatisiert klassifiziert und zusammengefasst werden.

  • Prädiktive Wartung

KI-gesteuerte, prädiktive Wartungsmodelle analysieren Daten von Sensoren und IoT-Geräten, um den Ausfall von Maschinen zu prognostizieren. So nutzt beispielsweise ein Bergbauunternehmen Diagnose- und Prognosemodelle für Lastwagen. Sie waren damit in der Lage, mögliche Ausfälle zu prognostizieren und früh zu erkennen. Basis des Prozesses war eine ROI-Initiative.

  • Servitization: Individualisierung und Personalisierung

Bei der Servitization geht es um die Bereitstellung von zusätzlichen Dienstleistungen oder Lösungen, die auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind. Damit erhalten Anwender ein personalisiertes Erlebnis.

  • Knowledge Engineering: Kontextbezogene Empfehlungen

Dank Knowledge Engineering lassen sich Empfehlungssysteme entwickeln, die deren Nutzern auf ihren Präferenzen und Verhalten basierende Inhalte, Produkte oder Dienste anbieten. Interaktionen sind dadurch effizienter und zufriedenstellender – und verbessern die gesamte Anwendererfahrung.

  • Optimierung der Produktleistung: Nutzbarkeitstests

Die Produktleistung lässt sich durch Nutzbarkeitstests kontrollieren und optimieren. Dies hilft auch dabei, Probleme zu erkennen und schnell zu beheben. Dies wirkt sich positiv auf die Anwendererfahrung aus. Das Ergebnis sind nutzerfreundlichere Designs.

  • Software-Entwicklung: Prozessautomatisierung

Software-Entwickler programmieren maßgeschneiderte Lösungen und Automatisierungs-Tools, die verschiedene Fertigungsprozesse vereinfachen. Dies reduziert den Bedarf an manueller Arbeit und minimiert Fehler. Dadurch ist eine einheitliche Produktqualität gewährleistet, die zu einem besseren Kundenerlebnis für Unternehmen und Endkunden führt.

Wert von Künstlicher Intelligenz steigern

 

Für die Fertigungsindustrie ist es nicht einfach, KI-Funktionen in ihre bestehenden Systeme und Infrastrukturen zu integrieren. Auf personeller Seite gibt es kulturelle Widerstände und einen Mangel an entsprechend geschulten Mitarbeitern. Darüber hinaus lassen sich KI-Algorithmen in Legacy-Systeme integrieren. Für eine erfolgreiche Integration von künstlicher Intelligenz in Fertigungsunternehmen müssen diese Hürden jedoch überwunden werde. Nur dann lässt sich der Wandel vorantreiben und eine Innovationskultur implementieren.

Führungskräfte müssen die technologischen Einschränkungen erkennen, die einer Einführung im Wege stehen. Dazu gehören beispielsweise eine veraltete Infrastruktur, der Mangel an qualifizierten Fachkräften oder Bedenken hinsichtlich Cyber Security. Auch künftiges Unternehmenswachstum und -skalierung müssen adressiert werden – zum Beispiel durch entsprechende Investitionen und Schulungen.

Dabei kommen auch branchenspezifische Vorschriften und Compliance-Richtlinien ins Spiel, die eingehalten werden müssen. Unternehmen sollten daher kontinuierlich die Vorgaben der Regulierungsbehörden im Auge behalten. Nur so können sie gewährleisten, dass neue Technologien bestehende Regularien erfüllen.

Führende Unternehmen sollten sich außerdem für Innovation und Wandel einsetzen. Firmen sollten ihren Mitarbeitern die Freiheit geben, zu brainstormen, zu experimentieren und sie ermutigen, innovative Ideen zu entwickeln. Dadurch fördern sie ein Umfeld, in dem kalkulierte Risiken zulässig sind. Misserfolge sollten als Chance und nicht als Rückschlag betrachtet werden.

Zusammenfassung

Während KI und Automatisierung spannende Möglichkeiten für Hersteller bieten, werfen sie auch Fragen auf. Dazu gehört beispielsweise das Zusammenspiel mit den Mitarbeitern, die KI-Ethik und die Cybersicherheit. Fertigungsunternehmen müssen diese Herausforderungen meistern, wenn sie vom technologischen Fortschritt profitieren möchten.

Die Einführung von 5G-Netzen bietet Hochgeschwindigkeitskommunikation mit geringer Latenz, die für den Echtzeit-Datenaustausch zwischen Maschinen, Robotern und anderen Geräten in der Produktionsstätte entscheidend ist. Dadurch ist eine effiziente und reaktionsschnelle Automatisierung möglich.

Cloud Computing bietet die notwendige Infrastruktur, um große Datenmengen zu speichern und zu verarbeiten, die während der Fertigungsprozesse generiert werden. Die Cloud ermöglicht es Fertigungsunternehmen, ihre Rechenressourcen nach Bedarf zu skalieren. So lässt sich gewährleisten, dass sie die Kapazitäten haben, um KI-Arbeitslasten zu bewältigen.

Der Einsatz neuer Technologien ermöglicht es, umfangreiche Datensätze von verschiedenen Sensoren und IoT-Geräten in der Produktionsstätte zu sammeln.  Datenanalysetools verarbeiten diese Informationen und ermöglichen Unternehmen, detaillierte Einblicke in verschiedene Aspekte der Produktion sowie Prozesseffizienz, Maschinenleistung und Produktqualität zu gewinnen. KI- und Automatisierungslöungen lassen sich somit leichter einführen und nutzen. Gleichzeitig verbessern sie das Datenmanagement sowie das Potenzial für die Monetarisierung von Daten. Insgesamt werden Fertigungsunternehmen so wettbewerbsfähiger.

Raghavendra unterstützt Kunden bei ihrer digitalen Transformation über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg. Er ist ein Praktiker mit mehr als zwei Jahrzehnten Erfahrung in der Beratung und Leitung von Programmen.

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