Künstliche Intelligenz im Kampf gegen Finanzkriminalität: Eine Notwendigkeit, kein Trend
Die jüngsten geopolitischen Turbulenzen, die durch Terrorismus-Finanzierung zusätzlich angeheizt wurden, haben die Auswirkungen von Finanzkriminalität und die Notwendigkeit, Geldwäsche effektiv zu verhindern, erneut verdeutlicht. Denn die Folgen für Betroffene sind verheerend. Das Gleiche gilt für Finanzinstitute. Die Securities and Exchange Commission (SEC) hat in ihren kürzlich veröffentlichten Prüfungsschwerpunkten die Geldwäsche zu einem der wichtigsten Risikobereiche für das Jahr 2024 erklärt. Schon in ihrem AML Risk Alert Mitte 2023 forderte die SEC: „Einige Marktteilnehmer schienen angesichts des Umfangs und der Risiken ihres Geschäfts nicht genügend Ressourcen für die Einhaltung der AML-Vorschriften bereitzustellen“, und forderten die Firmen auf, „die Richtlinien, Verfahren und internen Kontrollen ihrer AML-Programme zu überprüfen und zu stärken.“
Im Jahr 2023 wurden seitens der Aufsichtsbehörden zahlreiche Strafmaßnahmen gegen Großbanken verhängt. Die kürzlich gegen Binance erlassene Strafe in Milliardenhöhe hat die schwerwiegenden Folgen von Compliance-Verstößen deutlich gemacht. Denn Fakt ist: Compliance-Beauftragte – insbesondere im Bankensektor – sind konfrontiert mit sich wandelnden aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen und Kontrollen, wirtschaftlicher Unsicherheit, wachsenden geopolitischen Risiken und einer noch nie dagewesenen Raffinesse von Finanzkriminellen. Compliance-Lösungen, die auf künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen (ML) basieren, können hier einen entscheidenden Mehrwert im Kampf gegen Finanzkriminalität bieten. Denn Dank ihnen können Finanzinstitute die operative Widerstandsfähigkeit erhöhen, Bußgelder vermeiden, die Reputation der Bank stärken sowie Gewinnmargen steigern.
Kampf gegen immer raffiniertere kriminelle Verhaltensweisen
Finanzkriminelle sind innovativ und schnell dabei, Schwachstellen im Finanzsystem auszuloten, indem sie immer fortschrittlichere Methoden entwickeln. Sie bewegen Geld über Kryptowährungsbörsen, außerbörsliche Broker, Glücksspielunternehmen, Peer-to-Peer-Netzwerke und sogar über legitime Unternehmen. Selbst wenn Banken Algorithmen einsetzen, die vor bestimmten kriminellen Aktivitäten warnen, können Kriminelle schnell auf andere Verhaltensweisen ausweichen. Ohne KI/ML-Tools sind Banken meist zu langsam darin, verändertes kriminelles Verhalten zu erkennen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass drei, sechs oder neun Monate vergehen, bevor die bestehenden Prozesse neue Verhaltensweisen erkennen und aus früheren Warnungen lernen. Ein wirklich wirksames System zur Bekämpfung von Finanzkriminalität muss in der Lage sein, über die festgelegten Regeln für Szenarien hinauszugehen. Denn Kriminelle brechen die Regeln schneller als Banken sie aufstellen können. Die Institute müssen hier effizienter und vorausschauender werden.
KI-Transaktionsüberwachung für Warnungen und Abhilfemaßnahmen
KI-Technologie ist unerlässlich, um finanzielle Intelligenz zu bündeln und dies sich verändernden Muster und Trends zu erkennen. Was in der analogen Welt eine einfache, jedoch langsame manuelle Funktion war, braucht nun Datenautomatisierung, um Transaktionsdaten zu analysieren und zu bestimmen und festzulegen, was eine illegale Aktivität ist – und was nicht. Finanzinstitute können nun KI-gestützte Transaktionsüberwachungs-Tools zur Bekämpfung von Geldwäsche (AML) einsetzen, um Trends zu erkennen und Algorithmen und Richtlinien in Echtzeit zu ändern. KI-Tools zur Transaktionsüberwachung gehen weit über die reine Meldung von Verdachtsmomenten hinaus, indem sie Daten aus Sanktionslisten, KYC-Profilen (Know Your Customer) und Due-Diligence-Prüfungen effizient nutzen, um ein umfassendes Verständnis des Kunden zu erlangen. ML-Technologie hilft, durch automatische Risikobewertung und -priorisierung Zeit zu sparen, was Banken entscheidend hilft, wachsam und kosteneffizient zu bleiben. Ohne Automatisierung sind Compliance-Experten mit mühsamen AML/KYC-Aufgaben wie manuellen Risikobewertungen und Ermittlungen überfordert. Folgen sind ineffiziente Arbeitsabläufe, mehr Fehlalarme und eine unausgewogene Konzentration auf kriminelle Aktivitäten.
Prävention ist die beste Medizin
Untersuchungen belegen, dass KYC-Prozesse bei der Kontoeröffnung die größte Herausforderung für die Compliance darstellen, gefolgt von der Erstellung von Kundenrisikoprofilen. Solide KYC-Prozesse sind das Fundament, auf dem alle Bemühungen der Banken zur Bekämpfung der Finanzkriminalität aufbauen. Um kriminellen Handlungen vorzubeugen, muss man vor allem seine Kunden und jeden einzelnen Kontaktpunkt während der Customer Journey kennen. KI/ML trägt erheblich zur Verbesserung von KYC bei, indem sie den Onboarding-Prozess optimiert, angefangen bei der Datenintegration und -orchestrierung. Die Technologie revolutioniert die KYC-Workflows und ermöglicht schnelle, automatisierte Änderungsbewertungen, Kapazitätsmanagement und Vertrauensbewertungen. KI führt Aufgaben mit einer Geschwindigkeit und Genauigkeit aus, die Menschen nicht erreichen, von der Interpretation von Risikoauswirkungen und Szenarien und Vorschriften bis hin zu Echtzeit-Compliance-Analysen sowie erweiterten Berichten. Immer mehr Compliance-Experten nutzen diese KI-Co-Piloten, um ihre tägliche Arbeit bei Aufgaben wie Suche, Konfiguration und Zusammenarbeit zu erleichtern.
Automatisierung der gesamten Customer Journey
Institute können KI einsetzen, um die KYC- und Transaktionsüberwachung zu verbessern, aber es ist unklug, die Compliance-Technologie zur Bekämpfung von Finanzkriminalität als eine Reihe von Tools à la carte zu betrachten. KI/ML kann und sollte eingesetzt werden, um die Compliance gegen Finanzkriminalität während des gesamten Kundenlebenszyklus zu verbessern: Identitätsprüfung und Validierung von Identitäten; Automatisierung und Rationalisierung des Kunden-Onboarding, einschließlich der Datenextraktion aus Sanktionslisten und Listen politisch exponierter Personen.
Automatisierte Compliance-Lösungen unterstützen das Management, indem sie die Analyse riesiger Datenmengen bei der laufenden Überwachung von Kunden, Gesetzesänderungen und Transaktionen automatisieren. Das eröffnet Banken einen risikobasierten Ansatz im Kampf gegen Finanzkriminalität. So können Kunden mit geringem bis mittlerem Risiko schneller bearbeitet werden. Wertvolle Ressourcen für Fälle mit hohem Risiko werden frei. Die gesteigerte Effizienz verbessert nicht nur die Erfahrungen der Kunden, sondern auch die der Mitarbeiter.
Operative Resilienz dank KI
Untersuchungen zeigen, dass 72 Prozent der Entscheidungsträger in den Bereichen Finanzkriminalität und Compliance weltweit Analysen einsetzen, um ihre Compliance-Verfahren zu verbessern. In einer Zeit, in der die Aufsichtsbehörden die Vorschriften zum Schutz der Verbraucher immens ausweiten, bedarf es jedoch 100 Prozent. Darüber hinaus erfordert die unbeständige geopolitische Dynamik, dass Banken auf abrupte Änderungen von Sanktionen und plötzlichen Wandel des Umgehungsverhaltens vorbereitet sind. Automatisierung hilft Banken, Änderungen in der Regulierungspolitik schnell umzusetzen. Eine gute Reputation sichern sich Banken nur, wenn sie Finanzkriminalität effektiv verhindern, eine lückenlose Compliance ohne teure Bußgelder erreichen und eine erstklassige Kundenerfahrung bieten.
Achtzig Prozent der Entscheidungsträger in den Bereichen Finanzkriminalität und Compliance wollen ihre operative Belastbarkeit erhöhen. Das bedeutet, ihre Organisationen so zu gestalten, dass sie Störungen standhalten, sich schnell von Herausforderungen erholen, Kontinuität wahren und langfristige Nachhaltigkeit gewährleisten. Für Finanzinstitute ist es besonders wichtig, ihre Compliance-Instrumente zu modernisieren, um Wachstum zu fördern und Talente im Bereich Risiko und Compliance anzuziehen und zu halten. Dies ist kein Trend, sondern eine Notwendigkeit.
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