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Agilität als Turbo für KI in der Fertigungsindustrie

KI-Verfahren verschlanken Prozesse, steigern den Automatisierungsgrad von Produktionsbetrieben und senken nachhaltig innerbetriebliche Kosten. Sie stärken absehbar die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschlands. Doch die Einführung von KI in die industrielle Produktion begleiten immense Herausforderungen – für die Management-Ebene und die Mitarbeitenden gleichermaßen. Agile Methoden lindern die Angst vor Künstlicher Intelligenz und ebnen den Weg für eine zukunftsfähige Industrie.
Von   Edgar Ehlers   |  Interim CDO, Inhaber und Geschäftsführer | ee factor agile consulting GmbH   |  ee factor agile consulting GmbH
18. September 2023

Digital transformieren – mit Köpfchen

KI ist in aller Munde. Besonders die Industrie bietet eine enorme Bandbreite an Einsatzorten für künstliche Intelligenz. KI-basierte Systeme versprechen Arbeitsweisen und Produktionsprozesse zu optimieren und folglich die gesamtwirtschaftliche Leistung der deutschen Industrie nach oben zu treiben. Große Datenmengen werten KI-gesteuerte Maschinen mittels Machine Learning (ML) und neuronaler Netzwerke aus. Langfristig betrachtet sollen so Fertigungsabläufe teil- wie vollautomatisiert und Prozesse geschont werden. Eine Bitkom-Studie aus dem Jahr 2022 ergab, dass 80 Prozent aller befragten deutschen Unternehmen, die bis dato noch keine künstliche Intelligenz integriert haben, den Einsatz von KI in der Produktion künftig für wahrscheinlich halten. Doch lediglich 9 Prozent der befragten Firmen nutzen bislang KI-Verfahren.

Klar ist: Über den theoretischen Nutzwert einer KI in der industriellen Produktion bestehen keine Zweifel. Doch eine Integration und Implementierung KI-basierter Systeme erfolgt nicht auf Knopfdruck, sondern fordert Unternehmen unter individuellen organisatorischen, technischen und betriebswirtschaftlichen Aspekten heraus. Deshalb müssen Unternehmen ein Bewusstsein dafür entwickeln, an welchen Punkten innerhalb der Wertschöpfungskette es dauerhaft Sinn ergibt, KI einzusetzen, und sich gleichzeitig mögliche Pain Points bewusst machen:

  • Datenschutz: Die Nutzung von KI setzt große Datenmengen voraus. Um Missbrauch vorzubeugen, müssen Unternehmen neue Regulierungen schaffen und Datenschutzrichtlinien einführen.
  • Datenqualität: Die künstliche Intelligenz auf einen fehlerhaften Datenbestand loszulassen, führt zu keinem sauberen Ergebnis. Deshalb ist der Eingliederung eines KI-Verfahrens, wenn nicht bereits geschehen, eine Datenharmonisierung vorgelagert.
  • Komplexität und Implementierung: Die Integration künstlicher Intelligenz in bestehende Prozesse gestaltet sich als komplex und erfordert Modifizierungen in puncto Infrastruktur und Unternehmenskultur.
  • Kollaboration und Qualifikation: Eine erfolgreiche wie nachhaltige Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine bedarf einer entschärfenden Unternehmenskommunikation, die Misstrauen gegenüber künstlicher Intelligenz entgegenwirkt. Zusätzlich mangelt es, Stand heute, an qualifizierten KI-Experten, die ihr Know-how in Einführungs- und Umsetzungsprozesse einspeisen.
  • Ethik und Verantwortung: Welche Auswirkungen der Einsatz von KI-Systemen auf die Gesellschaft haben wird, ist noch nicht absehbar. Die Herausforderung besteht darin, ethische Fragen zu klären und Verantwortlichkeiten im Voraus festzulegen.
  • Abhängigkeit: Eine übermäßige Abhängigkeit von KI entwickelt sich dann zum Problem, wenn Systeme ausfallen oder fehlerhaft funktionieren. Der Einbau von Redundanzen wirkt dem entgegen.

Keine Angst vor dem Change

Der Einsatz von innovativen Technologien moduliert zwar Arbeitsplätze in der Produktion – baut sie entgegen kritischer Stimmen jedoch nicht ab. Im Gegenteil: Künstliche Intelligenz schafft aller Voraussicht nach mehr Arbeitsplätze, als sie vernichten wird. Das verdeutlicht auch eine aktuelle Studie der Internationalen Arbeitsorganisation, kurz ILO. Unbestreitbar und unabwendbar ist hingegen, dass mit dem zunehmenden Einsatz von KI weitreichende Veränderungen in der Beschaffenheit von Arbeitsplätzen einhergehen. Maschinen ersetzen Menschen dort, wo sie repetitive Aufgaben schneller und akkurater abarbeiten.

Künstliche Intelligenz und effiziente Produktionsabläufe wachsen jetzt und in Zukunft zunehmend zusammen. Nicht zuletzt befeuern instabile Lieferketten und eine zunehmende Preissensibilität den Wunsch nach mehr Effizienz gepaart mit einem steigenden Automatisierungsgrad und sinkenden Kosten. Der KI-Hype und die stetige Fortentwicklung dieser revolutionären Technologie gründet auch auf dem sich stark verändernden Marktumfeld und dessen Spielregeln. Der Beginn des Zeitalters von KI meint also keinesfalls das Ende menschlicher Arbeit. Vielmehr steht die Neugestaltung der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Chancen erkennen und handeln

Sowohl die übersteigerte Sorge wegen KI als auch Übereifer den Einsatz von KI betreffend bremst hierzulande die Innovation. Vielen Betrieben fehlt es bisweilen an Praxiserfahrung mit KI-Methoden. Externe Experten sind oftmals noch keine Branchen-Spezialisten. Soll Deutschland im internationalen Vergleich an Relevanz gewinnen, bedarf es schleunigst gut ausgebildeter Fachkräfte, die die Industrie und ihre Produktion digitalisieren und KI optimieren.

  • Effizienzsteigerung: KI-gesteuerte Automatisierung verbessert Produktionsprozesse und reduziert den Zeitaufwand für iterative Aufgaben. Die Gesamtproduktivität der Industrie steigt.
  • Personalisierte Produktion: KI ermöglicht es, Produkte nach individuellen Kundenanforderungen zu fertigen. Das wirkt sich positiv auf die Kundenzufriedenheit und Wettbewerbsfähigkeit aus.
  • Qualitätskontrolle: KI-gesteuerte Visionssysteme erkennen Defekte in Echtzeit. Im Ergebnis steigt die Produktqualität bei gleichzeitig geschmälerten Kosten.
  • Innovationskraft: KI eröffnet neue Lösungsansätze, die neue Geschäftsfelder erschließen.
  • Arbeitsplatzsicherheit: KI übernimmt monotone, risikoreiche oder körperschädigende Aufgaben und zahlt so auf eine größere Arbeitsplatzsicherheit ein.

Agilität als Prozesstreiber

Eine agile Vorgehensweise erleichtert die Implementierung von KI-Methoden immens. Die erfolgreiche Einführung von KI erfordert in erster Instanz ein Grundverständnis der elementaren Funktionsweisen von künstlicher Intelligenz. Nur so können Unternehmen Möglichkeiten und Grenzen sowie Chancen und Risiken von KI-basierten Systemen realistisch abwägen und schließlich mögliche interne Anwendungsfelder für KI identifizieren. Parallel dazu baut transparentes Wissen Misstrauen gegenüber KI-Technologien ab und schafft eine höhere Akzeptanz im Unternehmen.

Wo Industriebetriebe beim Thema KI in Neuland vordringen, nimmt Agilität die Angst vor dem Unbekannten. Beschäftigte, die keine oder lediglich wenig Verantwortung tragen, fürchten in der Regel den Fortschritt. Mitarbeitende in agilen Unternehmen hingegen begreifen interne Veränderungen vollumfänglich und gestalten diese aktiv mit. Flexible Strukturen, eine dialogorientierte Unternehmenskommunikation und umfangreiche Schulungen begleiten und unterstützen die Belegschaft im individuellen Change-Management-Prozess.

Pilot-Projekte mit KI-Systemen befähigen die Mitarbeitenden, sich den neuen Arbeitsprozessen langsam anzunähern, Blockaden aufzuheben und sich so kleinschrittig in das unbekannte Terrain einzuarbeiten. Fehler, im Rahmen von agilem Arbeiten unvermeidbar, bringen in diesem Zusammenhang Erkenntnisse, aus denen progressive und lösungsorientierte Methodiken hervorgehen.

KI-Projekte step by step entwickeln und sinnhaft in den Produktionsprozess integrieren – darauf zielt Agilität ab. Eine agile Skalierung fördert die frühzeitige Nutzung der Vorteile, gewährt eine zügige Anpassung an die wachsenden Anforderungen in verschiedenen Abteilungen und weist den Weg in eine innovative Zukunft.

Edgar Ehlers ist Gründer der strategischen Unternehmensberatung ee factor agile consulting GmbH. Der Agilist unterstützt Unternehmen bei der Umsetzung von agilen sowie schlanken Arbeitsweisen und legt besonderen Wert darauf, dass Transformation auf allen Ebenen stattfindet. Kooperative Zusammenarbeit, die von Klarheit und Respekt geprägt ist – so lautet seine Maxime. Einen weiteren Schwerpunkt von Edgar bildet die Sanierung von agilen Konzernen. In dieser Funktion unterstützt er hauptsächlich namhafte Firmen in der Automobil- und Telekommunikationsbranche und bekleidet dort wichtige Positionen – zuletzt als Vizepräsident des Agile Chapters bei einem führenden Telekommunikationsunternehmen in Deutschland. Edgar hat seine Expertise durch rund 200 Aus- und Weiterbildungen in der systemischen Beratung, New Work, agiler Kompetenz, Strategie, Finanzen und KI-Management erlangt. In seiner Beratung setzt der Interims-CDO auf eine selbst entwickelte 4-Phasen-Methode. Neben Transparenz, Messbarkeit und Urteilsvermögen sind ihm die Ermächtigung der Mitarbeitenden und die Skalierbarkeit der Lösungsansätze wichtige Anliegen.

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