Die Versicherungsbranche gilt digital als eher konservativ: Lange stützte sie sich auf Altsystem-Infrastrukturen, die nur dann technologische Innovationen zuließen, wenn es um die Optimierung des Betriebs- oder Risikomanagements ging. Da sich allerdings Kundenerwartungen kontinuierlich verändern und sich ein Großteil der Transaktionen künftig nur noch im digitalen Raum abspielen wird, müssen auch Versicherer digital nachziehen und aufrüsten.
1. Versicherungsdienste mit Self-Service-Vorteilen
Während des Vertragsverhältnisses zwischen Versicherungsanbieter:innen und Versicherungsnehmer:innen gibt es zwei Schlüsselmomente: Kund:innen schließen eine Police ab und wollen im Falle eines Ereignisses ihren Anspruch geltend machen. Mittlerweile erwarten vor allem digital versierteren Nutzer:innen, dass sie diese Services über nutzerfreundliche Anwendungen zu jeder Zeit online beanspruchen können. Mehreren Umfragen zufolge bevorzugt die Mehrheit eine Onlinerecherche, wenn sie sich über die vielseitigen Angebote, Konditionen und Preise von Versicherungen informieren und die Versicherung ihrer Wahl abschließen möchten.
Ein schneller Online-Vertragsabschluss kann entscheidend sein in einer Welt, in der Verbraucher:innen Vergleichsportale nutzen, um eine Versicherung zu finden, die ihren Ansprüchen entspricht. Sollte es zu einem Schadensfall kommen, helfen Self-Service-Funktionen Nutzer:innen dabei, den Sachverhalt zu melden und einen Anspruch zu stellen. Dies reduziert zudem den Verwaltungsaufwand und verschafft Versicherungsagent:innen mehr Zeit für die Kundenberatung und andere wertschöpfende Tätigkeiten.
2. Kundenzentriertes und personalisiertes Angebot
Hypervernetzte Verbraucher:innen erwarten, dass Anbieter sie kennen und alle ihnen zur Verfügung stehenden Daten nutzen, um ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu stellen. Dies setzt den Einsatz von modernen Datenintegrations-Tools voraus. Customer-Data-Plattformen führen die Daten aus sämtlichen Geschäftsbereichen zentral zusammen – seien es Daten aus dem CRM und Schadensmanagement oder unstrukturierte Daten wie Dokumente und Korrespondenzen. Dadurch erhalten Versicherungsagent:innen einen aussagekräftigen Einblick in jede:n einzele:n Kund:in.
Die daraus gewonnen Insights bilden die Grundlage, für Cross- und Up-Selling oder um Beratungs- und Betreuungsleistungen zu optimieren. So lassen sich beispielsweise relevante Angebote und Informationen zu neuen Produkten automatisiert an Kund:innen ausspielen. Das System kann Versicherungsnehmer:innen zudem rechtzeitig über Vertragsverlängerungen oder Aktualisierungen informieren und Feedback einholen.
3. Der intelligente Arbeitsplatz
Auch eine mangelhafte digitale Service-Erfahrung kann zu einem Abgang von Kund:innen führen. Damit Mitarbeitende in einem bislang stark produktorientierten Umfeld von Kundendaten und deren Insights profitieren und Versicherungsnehmer:innen optimale Leistungen anbieten können, muss der Arbeitsplatz stimmen. Dazu gehört der Einsatz eines KI-getriebenen, nutzerfreundlichen Tools, das sowohl Prozesse automatisiert und dadurch die Produktivität steigert als auch die innerbetriebliche Kommunikation mit anderen Geschäftsbereichen fördert. Unabhängig von Abteilung und Rolle erhält jede:r Mitarbeiter:in hierüber denselben Zugriff auf Echtzeitdaten. Dies beschleunigt zum einen den Entscheidungsprozess, zum anderen bildet dies die Grundlage für einen ganzheitlichen Überblick über Kund:innen sowie für individuelle Beratung und Betreuung.
4. Effizientere Zusammenarbeit mit Makler:innen und Partnerunternehmen
Wenn man an kundenorientierte Service-Leistungen in der Versicherungsbranche denkt, werden Makler:innen und Partnerunternehmen häufig übersehen. Doch auch ein gutes Partner-Ökosystem hat einen Einfluss auf Kundenbeziehungen und -zufriedenheit. Daher ist es unerlässlich, dass Versicherungsanbieter die Kommunikation und andere geschäftsrelevante Prozesse mit Makler:innen und Partnern vereinheitlichen und effizienter gestalten.
Dafür bieten sich beispielsweise automatisierte B2B-Portale und Schnittstellen an, über die alle Parteien relevante Versichertendaten und Dokumente über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg austauschen können. In Deutschland und Österreich fördert die Organisation BiPRO einen solchen integrativen Ansatz; auf europäischer Ebene vertritt dies die EIOPAs Initiative für offene Versicherungen.
Versicherer wollen ihre Produkte verkaufen und ihre Umsätze ankurbeln, können es sich jedoch nicht mehr leisten, Kundenbedürfnisse und -zufriedenheit zu vernachlässigen. Ohne Technologien wie Customer-Data- und moderne Cloud-Plattformen sowie Künstliche Intelligenz geht das heute einfach nicht mehr. Jedoch ist die notwendige technische Ausstattung nur die eine Seite der Medaille: Digitale Transformation kann nicht ohne das richtige unternehmenskulturelle Fundament fruchten. Führungskräfte müssen demnach einen Kulturwandel und damit einhergehend einen auftragsorientierten Ansatz vorantreiben, bei dem Kund:innen absolut im Mittelpunkt stehen.
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