Der Preis des Vertrauens: Die Blockchain und das Problem der Nachhaltigkeit

Von   Stefan Fritz   |  Geschäftsführer   |  synaix
2. August 2017

Oftmals hilft die Digitalisierung bei der Reduzierung der Stoffstrommengen und trägt so in vielen Fällen zur Nachhaltigkeit unserer Lebensgewohnheiten und unserer gesamten Gesellschaft bei. Doch wie sieht das beim aktuell gehypten Blockchain-Ansatz aus?
Für einige Anwendungen in der digitalen Welt wurden bereits konkrete ökologische Auswirkungen berechnet:

  • Eine Google-Anfrage verbraucht 0,3 Wattstunden,
  • für eine eBay Auktion werden 18g CO2 freigesetzt,
  • und ein eBook-Reader ist erst nach dem Lesen von mehr als 23 Büchern ökologisch sinnvoll.

Die Nachhaltigkeit digitaler Plattformen

Welche positiven Folgen eine höhere Effizienz bei der Nutzung von Services und Diensten hat, ist u.a. anhand des Beispiels von Uber untersucht worden. Dabei wurde deutlich, dass die Feinstaubwerte sowie die Wartezeiten in Staus nach der Einführung von Uber Pool in einigen der getesteten Gebiete reduziert worden sind.

Es kann davon ausgegangen werden, dass sich digitale Plattformen, sollten sie weiter untersucht werden, als generell nachhaltig und positiv für unsere Umwelt herausstellen werden.

Was die Kritiker sagen

Die Gegner einer nachhaltigen Digitalisierung weisen vor allem zwei Gegenargumente vor:

  1. Unsere digitale Welt basiert zunächst einmal auf unseren Smartphones. Diese nutzen wir aufgrund des enormen technologischen Fortschrittes, der gefühlt täglich neue Geräte auf den Markt wirft, lediglich für einen sehr kurzen Zeitraum von ein bis drei Jahren, bis wir sie dann entsorgen. Der ökologische Fußabdruck unserer Smartphones ist bezogen auf den Ressourcen-Einsatz und damit auf die Stoffströme ausgesprochen negativ.
  2. Wir Verbraucher reagieren mit sogenannten Rebound-Effekten: Die Autoindustrie gibt alles, damit unsere Autos immer energieeffizienter und energiesparender werden und was tun wir als Verbraucher? Wir entscheiden uns beim nächsten Autokauf aufgrund der höheren technischen Effizienz für das größere Modell. Solche Rebound-Effekte zerstören damit einen Großteil der positiven Effekte des Einsatzes digitaler Technologien.

Da die Wirkmechanismen konvergent sind, habe ich persönlich in Hinblick auf die Einsparungen bei Stoffstrommengen, die durch die Digitalisierung erreicht werden können, und die dadurch zu erzielenden positiven Faktoren der Nachhaltigkeit ein gutes Gefühl.

Die Blockchain als Energiefresser

Anders verhält es sich bei einem Teil-Gebiet der Digitalisierung: Dem aktuellen Hype Blockchain. Je nach Quelle wird behauptet, dass eine einzige Transaktion aktuell 15 KWh verbraucht, also mehr als ein ganzer Haushalt an einem Tag. Zwar wird der Artikel kritisiert, weil er z.B. nur die aktuell noch relativ niedrigen Transaktionsraten auf den gesamten Stromverbrauch umlegt und sich dieses Verhältnis in Zukunft durch steigende Transaktionsraten verbessern wird. Doch auch diese Argumentation kann nicht darüber hinweg täuschen, dass eine (auch nicht gerade für Prozess-Effizienz bekannte) Kreditkarten-Buchung nur 1/5000 dieses Stromverbrauchs pro Transaktion benötigt.

Der Preis des Vertrauens

Erforderlich ist diese gigantische Strommenge für den sogenannten Proof of Work (POW). Mit dieser Systematik bildet die Blockchain die Dezentralisierung von Vertrauen ab. Dazu lösen viele Miner weltweit kryptographische Probleme und sorgen so eben für den hohen Stromverbrauch. Solange kein Miner mehr als 50 Prozent des Mining-Prozesses unter seine Kontrolle bekommt, gilt die Blockchain als sicher. Und weil die Menge an Bitcoins aktuell für diese Miner ausreicht, existiert auch ein ausreichender Wettbewerb, der seinerseits für die Sicherheit des Systems sorgt.

Es liegt also offensichtlich in der Natur der Dinge, dass dieser POW-Ansatz einen hohen Ressourcenverbrauch erfordert und gleichzeitig attraktiv genug ist, um das erwünschte dezentralisierte Vertrauen zu erzeugen. Versuche, dieses Dilemma anderweitig zu lösen, z.B. durch den Proof of Stake-Ansatz (POS), sind bisher an der fehlenden Robustheit für die Kryptowährung gescheitert.

Vertrauen braucht Energie

Es ist schon irgendwie tragisch, dass die Blockchain – der große Hoffnungsträger der digitalen Welt – einen inhärenten Webfehler hat. Vertrauen herzustellen kostet Energie. Bisher konnten wir das Vertrauen von Regierungen, Banken, Unternehmen, Organisationen und von Personen energietechnisch nicht bemessen. Aber genau die digitale Alternative für dieses Schmiermittel all unseres menschlichen Handelns lässt sich nun ökologisch bewerten.

Die nächsten Jahre werden spannend:

  • Werden wir den ökologischen Fußabdruck für technisch erzeugtes dezentrales Vertrauen deutlich reduzieren können – etwa so wie Ingenieure den Spritverbrauch eines Motors verringern?
  • Oder stellt sich bei diesem Prozess heraus, dass das menschliche Vertrauen am besten von Menschen produziert wird: durch den Einklang von Kommunikation und Handlung?

Ich bin jedenfalls sehr auf die Weiterentwicklung dieses Teil-Bereichs der Digitalisierung gespannt.

Stefan Fritz ist seit über 20 Jahren leidenschaftlicher Mehrfach-Unternehmer und Impulsgeber in der digitalen Welt. Als Geschäftsführer verantwortet er bei „synaix.de“ den Bereich Cloud- und DataCenter Operations. synaix betreibt in eigenen und fremden Rechenzentren Systeme und Lösungen mit extremem Schutzbedarf (Banken, Versicherungen, Gesundheitswesen).Als Experte für Digitale Plattformen und „as a Service“-Modelle schreibt Stefan Fritz auf seinem Blog „stefanfritz.de“ über die weitere Entwicklung und Gestaltung der digitalen Gesellschaft.

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