Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen werden für Unternehmen immer wichtiger. Denn solche Technologien können Entwicklungen aufgrund verschiedener Parameter und Einflussfaktoren mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit voraussagen. In der Versicherungsbranche oder im Vertrieb werden sie bereits rege genutzt, doch auch für das Personalwesen bieten diese großes Potenzial für vorausschauende Planungen und marktgerechtes Agieren.
Die Digitalisierung generiert eine Vielzahl von Daten, die es zu analysieren und bewerten gilt. Einfaches List Reporting ist längst nicht mehr zeitgemäß und bringt Unternehmen auch keinen nennenswerten Mehrwert. Mit zunehmender Digitalisierung kommen deshalb neue Instrumente ins Spiel, die dem dynamischen Umfeld der neuen VUCA-Welt (Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity) gerecht werden. Der Blick in die Glaskugel gehört damit der Vergangenheit an: Dank Künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen lassen sich heute eindeutige Prognosen für Entwicklungen am Markt oder auch innerhalb eines Unternehmens treffen.
Im Vertrieb gehören Prognosen, die mit intelligenten digitalen Tools erstellt werden, mittlerweile zum Standard. Auch in der Versicherungswirtschaft werden sie für die Berechnung von Risikoquoten der Policen eingesetzt. Im Bereich Human Ressources (HR) dagegen sind sie recht neu. Hier fehlen noch das Wissen und die Kreativität, wie man sie einsetzt, da noch nicht viele Beispiele und Vorlagen zur Verfügung stehen. In der Regel werden zum jetzigen Stand die Instrumente vorwiegend von Konzernen eingesetzt, die die finanzielle Ausstattung für den Betrieb einer eigenen Business-Intelligence-Abteilung besitzen.
Frühzeitig Trends erkennen und auf diese reagieren
Maschinelles Lernen und KI führen auf bestehenden Datensätzen Abrufe durch und können ganz unterschiedliche Fragestellungen beantworten. Auch für das Personalwesen, in dem es zahlreiche Konstellationen von Daten gibt, ermöglichen die Instrumente Aussagen über mögliche Veränderungen in der Mitarbeiterschaft: Kündigungen zum Beispiel können mit genauen Wahrscheinlichkeiten vorausgesagt werden. Dadurch können HR-Manager frühzeitig Trends erkennen und auf diese reagieren, um Fachkräfte zu halten. So schützen sie das Unternehmen vor Wissensverlust und beugen Kündigungskosten vor.
Auch Benchmarkvergleiche sind mit KI und maschinellem Lernen möglich und ermöglichen auf Grundlage der bestehenden Gehaltsdaten einen Vergleich zur Konkurrenz. Zusätzlich können Personalmaßnahmen in Bezug auf Ihre Häufigkeit gezählt werden, um eine Prozesskostenrechnung etwa für den Bewerbungsprozess zu bestimmen. Auch Potenzialanalysen und Entwicklungspfade von Karrieren lassen sich analysieren. So kann herausgefunden werden, welche Voraussetzungen und Eigenschaften erforderlich sind, um diese dann zum Beispiel auf den Junior-Führungskräftestab anzuwenden.
Neue Generation des maschinellen Lernens
Eine neue Generation des maschinellen Lernens in BI-Anwendungen stellen spezielle cloudbasierte Analyse- und Planungsfunktionen dar. Spezielle Prognose-Tools ermöglichen es, anhand der zeitlichen Entwicklung von Datenpunkten, Prognosen für die Zukunft zu treffen. Auch können Zusammenhänge zwischen einzelnen Untersuchungsgegenständen ausgemacht und Aussagen über den Grad der Korrelation gemacht werden. Zusätzlich ist eine Voraussage möglich, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten bestimmter Ereignisse ist.
Der erste Schritt für eine Analyse ist eine konkrete Problembenennung. Darauf basierend konzipieren HR-Manager dann den Untersuchungsfall. In diesem wird geprüft, ob die notwendigen Daten vorliegen und ob das passende Verfahren mit Hinblick auf die erwarteten Ergebnisse und deren Interpretation ausgewählt wurde. Es ist entscheidend, die Fragestellung präzise auszuwählen, viele lassen sich nicht über standardisierte Templates abdecken. Sinnvoll kann auch ein evidenzbasierter Ansatz sein, wenn nicht alle Betroffenen gefragt, sondern Stichproben aus einer vertretbaren statistischen Gruppe ausgewählt werden und auf diesen Ergebnissen mit Wahrscheinlichkeit und Genauigkeiten extrapoliert wird.
In der Cloud-Umgebung steht dann letztlich eine Ergebniszusammenfassung der Abfragen bereit, zusätzlich werden Einflussfaktoren abgebildet. Zudem werden weitergehende Informationen zur Verfügung gestellt – zum Beispiel eine Verwechslungsmatrix zur Beurteilung der Modell-Performance oder eine Gewinnsimulation. Auch Performancekurven, die den Untersuchungsgegenstand mit einem zufälligen, hypothetisch perfekten Modell vergleichen, stehen mitunter zur Verfügung. Der so bewertete Gegenstand wird auf die aktuellen Zieldaten angewendet. So liegt final ein Ergebnis vor, das für personalwirtschaftliche Maßnahmen verwendet werden kann.
Beispiel Deutsche Bahn: Reduzierte Krankheitsquote
Ein Fallbeispiel: Die Deutsche Bahn analysierte mithilfe solcher Analyse-Tools, wie sich das Krankheitsverhalten der Belegschaft verändert, wenn Mitarbeiter die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht gleich am ersten Krankheitstag vorlegen müssen. Anhand von Stichproben aus repräsentativen Gruppen wurde überprüft, wie es sich wissenschaftlich auswirkt, wenn die Deutsche Bahn auf die Forderung, ab dem ersten Tag eine Krankmeldung vorlegen zu müssen, verzichtet.
Das Ergebnis: Die Krankenquote verringerte sich und das Vertrauen der Belegschaft wuchs. Der Ansatz wurde auf das Unternehmen ausgerollt – es spart heute Geld wegen der reduzierten Krankenquote.
Datensätze müssen vorbereitet werden
Solche Anwendungen können im Grunde auf jeder Datengrundlage eingesetzt werden, je nach Analysegegenstand werden Einzel- oder Untersuchungsdatensätze genutzt. Bevor das maschinelle Lernen die Daten aber durchforstet, müssen diese aufbereitet werden: Die Daten müssen belastbar sein und strukturiert vorliegen. Diese Vorbereitung des Grunddatensets ist eine Hauptaufgabe, die oft unterschätzt wird – mit der Folge, dass die gewählte Fragestellung nicht richtig beantwortet werden kann.
Die Analyse-Tools sind im Umgang oft selbsterklärend, allerdings sind Fähigkeiten aus der Statistik notwendig, um die Ergebnisse in den richtigen Kontext zu stellen und korrekt zu interpretieren. Die Instrumente ermöglichen es, Wirkungen zu identifizieren. Der Endanwender muss diese auf ihre Kausalität hin prüfen. Die Herausforderung liegt also darin, Ursachen korrekt zu deuten, da aus einer entdeckten Korrelation nicht zwangsläufig eine Kausalität folgt. Darüber hinaus bedarf es auch fachlicher Expertise, um die richtigen Maßnahmen abzuleiten.
Einsatz der Tools wird zunehmen
Im Moment sind Unternehmen noch unterschiedlich aufgestellt: Manche haben den digitalen Reifegrad, um voll in Tools mit maschinellem Lernen einzusteigen, andere stehen noch ganz am Anfang. Künftig aber wird der Einsatz dieser Werkzeuge exponentiell zunehmen, da die Grundvoraussetzung der Rechengeschwindigkeit in der Technologie erfüllt ist. Die Anwendungen selbst werden weniger Wissen benötigen – bestimmte Tools sind sogar heute schon in der Lage, die richtigen Verfahren für das Beantworten einer Fragestellung eigenständig auszuwählen. Künftig werden Mensch und Maschine stärker kollaborieren: Die Maschine analysiert die Daten, der Mensch bewertet die Ergebnisse und trifft die Entscheidungen.
Maschinelles Lernen und KI fördern im Personalmanagement zudem ein Umdenken weg von dem Fokus auf Headcounts, Vollzeitäquivalent (FTE) und Personalkosten hin zur Talentförderung und dem Aufzeigen von Entwicklungspfaden fördern. Ideen müssen gefunden und innovative Produkte umgesetzt werden – dafür braucht es gutes Personal. Dieses zu bekommen, wird künftig nicht einfacher.
Fazit
Im Zuge der Digitalisierung steigen die Mengen an Daten stetig an – aber auch die Möglichkeiten, diese für Prognosen zu nutzen. Moderne Technologien wie KI und maschinelles Lernen ermöglichen es, auf Grundlage der erfassten Daten genaue Antworten auf relevante Fragen zu geben. Sie bestimmen zudem Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten zukünftiger Ereignisse. So ergeben sich auch für das Personalwesen ganz neue Chancen, um Markttrends zu begegnen und Fachkräfte an das Unternehmen zu binden.
Um einen Kommentar zu hinterlassen müssen sie Autor sein, oder mit Ihrem LinkedIn Account eingeloggt sein.