Zukunft von HR: Neue Arbeitswelt eröffnet spannende Perspektiven

Von   Marie Kanellopulos   |  Managing Partner   |  DONE!Berlin
10. Dezember 2020

Warum diskutieren wir noch darüber, ob flexibles oder ortsunabhängiges Arbeiten auch nach Corona bleiben soll? Warum halten wir an dem Verständnis fest, dass Arbeit ins Büro gehört? Die meisten ArbeitnehmerInnen erleben die jetzige Arbeitswelt als positiv. Auch Führungskräfte sollten zufrieden sein, denn die Produktivität hat im Homeoffice nicht gelitten.[1] Viele Studien, wie auch die vom Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation [2], sagen voraus, dass sich die Transformation zum flexiblen oder ortsunabhängigen Arbeiten nicht mehr zurückdrehen lässt. Wir leben in einer digitalen Welt und sollten auf die neue Arbeitskultur zeitgemäß reagieren – zumindest da, wo Anwesenheit zur Ausübung des Berufs nicht unbedingt notwendig ist. Und das liegt laut Global Workplace Analytics bei 56 Prozent der ArbeitnehmerInnen.[3] Also sollten wir uns lieber auf Vorteile dieser neuen Arbeitswelt konzentrieren, denn sie bringt viel Positives, viel Potential und viele neue Möglichkeiten für HR ins Spiel.

MitarbeiterInnen sind zufriedener

Homeoffice hat klare Vorteile: mehr Freiheit, besseres Work-Life-Balance und weniger Stress.[4] MitarbeiterInnen können im Homeoffice ihre Zeit so einteilen, wie sie möchten und wann sie am effizientesten sind. Das fördert nicht nur Leistungsfähigkeit, sondern auch Motivation. Darüber hinaus sparen ArbeitnehmerInnen viel Zeit und Geld, weil das Pendeln und die damit verbundenen Kosten wegfallen.

Wenn Teams viel remote arbeiten, kann es auch zu negativen Erfahrungen kommen, beispielsweise können MitarbeiterInnen der persönliche Kontakt zu und Austausch mit KollegenInnen oder auch die Trennung zwischen Beruf und Privatleben fehlen. Aber hier lassen sich Lösungen finden, ohne auf die Flexibilität und Freiheit verzichten zu müssen: mit persönlichen Treffen sozialer und privater Natur, mit gesteuerten Blended Work- oder hybriden Arbeitsmodellen – und vor allem Struktur. Man sollte Abläufe reflektieren und kontextuieren. So setzt man Rituale, kann leicht priorisieren und ohne inneren Schweinehund oder Ablenkung arbeiten.

Grundsätzlich sorgt flexibles oder ortsunabhängiges Arbeiten aber für ein besseres Betriebsklima und mehr Zufriedenheit unter den MitarbeiterInnen.[5] Die Voraussetzung für eine positive Umsetzung ist, dass sich alle abstimmen und die Rahmenbedingungen für virtuelles Arbeiten gemeinsam festlegen und dass individuelle Rituale gefunden werden, wie morgens um den Block gehen, um sich  für die Arbeit innerlich zu sammeln oder wie einen speziellen Platz zum Arbeiten suchen, den man sonst nicht einnimmt.

 Lockdown gab HR einen digitalen Boost

Personalabteilungen durchliefen eine beeindruckende digitale Transformation während des Lockdown: Bewerbungsgespräche, das Einarbeiten von Neulingen, Teamführung und Mitarbeitergespräche wurden in dieser Zeit einfach virtuell abgewickelt. Einstellungs- und MitarbeiterInnen-Gespräche, die erstmals virtuell stattfanden, lagen bei 57 und 62 Prozent.[6] Das zeigt, wie schnell sich PersonalerInnen an die Situation angepasst haben.

Gerade virtuelles Recruiting wird unserer Arbeitswelt erhalten bleiben. Schon vor Corona hatten sich die Recruiting-Methoden ins Digitale verlegt – durch entsprechende Internetplattformen und Social Media-Kanäle. Die Pandemie hat diesen Trend nur verstärkt. Unternehmen werden sich zunehmend dem E-Recruiting zuwenden, da es Kosten einspart und wesentlich effizienter ist.

Darüber hinaus können sich HR-ManagerInnen durch den digitalen Boost vom administrativen Ballast befreien. Nur so können sie wertvolle Zeit gewinnen, um zukünftig mehr strategische Aufgaben zu übernehmen. Ein Trend, der schon lange überfällig war.

 Remote Work beflügelt den globalen Arbeitsmarkt

Virtuelles Recruiting hat das Spielfeld rund um geeignete KandidatenInnen erweitert. Heute können wir – beispielsweise über LinkedIn – global nach BewerberInnen suchen

Darüber hinaus eröffnet der Trend zu Remote Work eine zusätzliche Recruiting-Perspektive. Wenn MitarbeiterInnen für ihren Arbeitgeber ortsunabhängig arbeiten können, dann ist es egal, wo sie leben. Unternehmen erhalten so die Möglichkeit, MitarbeiterInnen aus der ganzen Welt zu rekrutieren und einzustellen.

Folglich haben diese Unternehmen einen unbegrenzten Talentpool zur Auswahl und können auch fehlendes Fachpersonal leichter finden. Das wäre besonders vorteilhaft für Unternehmen, die unter Fachkräftemangel leiden oder an unattraktiven Standorten ihren Firmensitz haben. Dafür sollten jedoch einige Voraussetzungen im Unternehmen vorhanden sein, wie eine internationale und englischsprachige Firmenkultur.

Ortsunabhängiges Arbeiten führt zu mehr Vielfalt in Unternehmen

Seit Jahren belegen Studien von McKinsey, Deloitte oder Gartner, dass Vielfalt zu mehr Kreativität und Innovation im Unternehmen und dadurch zu größerem Erfolg führt. Jedoch ist es nicht immer so einfach Diversity-Aspekte, wie Gender, ethnische und kulturelle Herkunft, verschiedene Altersgruppen, Fähigkeiten und Herangehensweisen, beim Recruiting zu berücksichtigen – besonders wenn Talent Acquisition räumlich begrenzt ist. Gehen wir aber wieder von einem globalen Arbeitsmarkt aus, ermöglicht durch virtuelles Recruiting und Remote Work, dann hat HR viel mehr Möglichkeiten, die MitarbeiterInnen-Vielfalt im Unternehmen zu steigern.

Flexibles Arbeiten sorgt für attraktives Employer Branding

Für Digital Natives ist es ein Must, dass ArbeitgeberInnen ihnen flexibles und ortsunabhängiges Arbeiten anbieten, sonst nehmen sie Jobangebote nicht mehr an. Um diese jungen ArbeitnehmerInnen an sich zu binden, ist der Schub in Richtung Homeoffice und Digitalisierung in vielen Unternehmen zu einem großen Plus geworden.

Die neue Arbeitswelt hat aber noch einen weiteren Vorteil: Sie ist auch sehr umweltfreundlich. Die Eliminierung oder Reduzierung von Pendlerfahrten ist für ein Unternehmen der effektivste Weg, seinen CO2-Fußabdruck zu reduzieren. Global Workplace Analytics gibt dafür ein imposantes Beispiel: Wenn nur die, die Homeoffice machen können, dies nur die Hälfte ihrer Zeit täten, dann würde das allein die Treibhausgase des Bundesstaates New York einsparen.[7]

Viele Unternehmen arbeiten daran, klimaneutral zu werden. Ein solches Engagement wird heute von Stakeholdern erwartet, wie auch von den eigenen MitarbeiterInnen und BewerberInnen. Es führt zu einem verbesserten Employer Branding, erhöht die MitarbeiterInnen-Bindung und die Rekrutierungsrate. Laut der Studie der Königsteiner Gruppe legen 60 Prozent der MitarbeiterInnen Wert auf die Haltung ihres Unternehmens zu Klimafragen, und bei 52 Prozent der BewerberInnen gehört Umweltbewusstsein zu den Top 3 Kriterien bei der Jobauswahl.[8]

Es gibt sicherlich noch viele weitere Argumente, warum wir nicht zur alten Arbeitswelt zurückkehren sollten. Das flexible oder ortsunabhängige Arbeiten hat einfach mehr Vor- als Nachteile und wird HR auf die nächste Entwicklungsstufe katapultieren. Darüber hinaus sind wir auf dem Weg in eine digitale Welt, die uns mehr Effizienz, Möglichkeiten und Freiheit bietet. Das sollten wir uns nicht durch Ängste, vielleicht auch in Bezug auf Kontrollverluste, kaputtmachen lassen.

 

Quellen und Referenzen

[1] DAK Studie, Digitalisierung und Homeoffice in der Corona-Krise, Juli 2020

[2] Fraunhofer IAO, Arbeiten in der Corona-Pandemie – Auf dem Weg zum New Normal, Juli 2020

[3] Global Workplace Analytics, Latest Work-At-Home/Telecommuting/Mobile Work/Remote Work Statistics, March 2020

[4] DAK Studie, Digitalisierung und Homeoffice in der Corona-Krise, Juli 2020

[5] Institut der deutschen Wirtschaft, Homeoffice-Studie, Januar 2020

[6] DAK Studie, Digitalisierung und Homeoffice in der Corona-Krise, Juli 2020

[7] Global Workplace Analytics, Latest Work-At-Home/Telecommuting/Mobile Work/Remote Work Statistics, March 2020

[8] Studie Königsteiner Gruppe, Juli 2020

 

Marie Kanellopulos ist Managing Partnerin bei DONE!Berlin, einer Personalberatung für Tech-Unternehmen. Als Beraterin skaliert sie Personalabteilungen, führt Prozesse ein und berät das C-Level Management. Zu den Kunden zählen airbnb Europe, N26, Volocopter, Knauf Digital, Gorillas, H&M und viele mehr.

Um einen Kommentar zu hinterlassen müssen sie Autor sein, oder mit Ihrem LinkedIn Account eingeloggt sein.

21735

share

Artikel teilen

Top Artikel

Ähnliche Artikel