Wie SuperApps die digitale Zukunft von Banken und Versicherungen gestalten

Finanzdienstleister stehen unter Druck. Wenn sie ihr Potenzial nicht nutzen, riskieren sie, von Tech-Giganten verdrängt zu werden. Das Silicon Valley ist bereit, Bank- und Versicherungsdienste anzubieten und traditionelle Finanzdienstleister obsolet zu machen. Die Lösung? Eine SuperApp, die das Angebot diversifiziert und die Zukunft sichert. Wie das in der Praxis aussieht, erläutert Ismet Koyun von Kobil.
Von   Ismet Koyun   |  CEO und Gründer   |  KOBIL Gruppe
9. Dezember 2024

Wie SuperApps die digitale Zukunft von Banken und Versicherungen gestalten

Alles in einer App

Die Idee hinter der SuperApp: Kunden können über eine einzige Plattform sämtliche digitale Services nutzen, für die sie sonst auf unterschiedlichste Kanäle und Anbieter zurückgreifen müssten. Während Standardapps meist nur grundlegende Funktionen bieten, wie den Überblick über Konten oder Versicherungsverträge, kann eine SuperApp viel mehr:

  • Abwicklung von Schadensmeldungen und Beitragszahlungen
  • Integration der elektronischen Patientenakte (ePA)
  • Verwaltung von Konten, Krediten und Investitionen
  • Einreichen von Dokumenten, Signieren von Verträgen, Durchführung von Zahlungen
  • Kundenservice inklusive Chat und Video-Call
  • Direkte Kommunikation, Umfragen, Beratung
  • Einbindung von Drittanbietern und Zusatzservices

Ein solches Ökosystem bietet hohen Komfort: Mit einer einzigen Anmeldung können Kunden jederzeit und überall sämtliche Dienste und Partnerangebote nutzen. Dafür müssen Sie die Plattform nicht verlassen. Und das alles ganz bequem und sicher mit ihrem Smartphone – ein Wettbewerbsvorteil, der die Kundenbindung stärkt.

 

Digitaler Marktplatz – die SuperApp als Vertriebskanal

Die SuperApp wird zum digitalen Marktplatz und eröffnet Banken und Versicherungen als zusätzlicher Vertriebskanal neue Umsatzpotenziale:

Mehr Umsatz durch Cross-Selling: Auf der zentralen Plattform haben Kunden das gesamte Portfolio stets im Blick. Das erleichtert es ihnen, weitere Services wie Zusatzversicherungen, Kredite oder Sparpläne zu nutzen, ohne den Anbieter wechseln zu müssen. Dies führt zu schnelleren Kaufentscheidungen und damit mehr Umsatz für die Finanzanbieter.

Zusatzeinnahmen durch Kooperationen: Partnerschaften mit Drittanbietern ermöglichen Zusatzservices, die direkt über die App verfügbar sind und Provisionen generieren. Zum Beispiel Angebote für die Gesundheitsvorsorge bei Krankenversicherungen oder Rabatte für Autoreparaturen bei Abschluss einer Kfz-Versicherung. Banken können exklusive Immobilienfinanzierungen anbieten oder spezielle Sparpläne und Anlageprodukte bereitstellen.

Mehr Kaufabschlüsse durch Personalisierung: Über die SuperApp können, selbstverständlich datenschutzkonform, mehr Daten über die Präferenzen und Bedürfnisse der Kunden gesammelt werden. Auf dieser Basis lassen sich personalisierte Angebote erstellen, die gezielt Zusatzverkäufe fördern. Maßgeschneiderte Empfehlungen führen schneller und häufiger zu Kaufabschlüssen als allgemeine Angebote.

Höherer Umsatz durch treue Kunden: Bonusprogramme und Rabatte direkt in der App bieten zusätzliche Anreize für eine regelmäßige Nutzung der SuperApp. Dies führt zu wiederholten Käufen und sorgt für konstante Einnahmen. Push-Benachrichtigungen halten Kunden über exklusive Angebote auf dem Laufenden. Das steigert die Interaktion erhöht und stärkt die Markenbindung.

Nicht zuletzt lassen sich über eine solche Plattform auch die eigenen internen Prozesse optimieren. Anfragen, Schadensmeldungen oder Vertragsänderungen können effizienter und ohne Papierkram verarbeitet werden.

 

Alte Zöpfe müssen weg

Natürlich ist eine solche Lösung mit Herausforderungen verbunden – besonders für die Banken und Versicherungen. Viele sind noch wenig digital. Sie müssen alte Zöpfe abschneiden, eingefahrene Strukturen aufbrechen und sich für neue Wege öffnen. Das erfordert Innovationsgeist und Mut, aber auch den Einsatz der richtigen Technologien. Für Partner und Drittanbieter ist es deutlich einfacher: Sie brauchen ein kompatibles CMS und müssen ihre Angebote in Form von Mini-Apps. Idealerweise können sie dafür vorprogrammierte Standardapps nutzen. Wer etwas eigenes IT-Know-how hat, kann die Mini-App selbst programmieren. Damit erschließen Finanzanbieter und ihre Partner ein breites Publikum, das ganz bequem auf alle Services an einem zentralen Ort zugreifen kann. Nutzer haben die ganze Bank oder Versicherung in der Hosentasche.

 

Erfolgsfaktoren für eine SuperApp

Der Schlüssel zum Erfolg einer SuperApp liegt in der Vielfalt. Sie muss ein breites Spektrum an Funktionen bieten, um die Nutzer wirklich zu begeistern. Der Implementierungsaufwand und die Kosten sollten für Banken und Versicherungen überschaubar sein. Darüber hinaus ist eine einfache Bedienung notwendig. Dazu zählen eine hochsichere, aber unkomplizierte Anmeldung und intuitive Navigation. Formulare sollten sich schnell finden und Angebote bequem nutzen und bezahlen lassen. Die perfekte Schadensmeldung oder Finanzierung sollte in wenigen Klicks erledigt sein. Je einfacher und verständlicher eine solche App gestaltet ist, umso eher wird sie genutzt.

Für eine breite Akzeptanz sind außerdem die sichere Bezahlung, Kommunikation und Identifizierung sowie der sichere Austausch von Dokumenten und die sichere digitale Vertragsunterzeichnung erforderlich. Alle Daten müssen anonymisiert und datenschutzkonform verarbeitet werden.

 

Sichere Technologieplattform als Fundament

Die Basis einer solchen SuperApp ist eine technologische Plattform, die höchsten Sicherheitsanforderungen entspricht. Versicherte und Bankkunden müssen ihre persönlichen Informationen stets in sicheren Händen wissen. Dazu zählen Daten, Verträge, elektronische Patientenakte (ePA), private Finanzpläne, Einkommensnachweise und sämtliche weitere Dokumente, die für Bank- und Versicherungsgeschäfte notwendig sind.

Folgende Sicherheitsfunktionen muss eine geeignete Technologieplattform erfüllen:

  • Gerätebindung: Der Zugang zu sensiblen Daten ist nur von bestimmten Geräten möglich, die vorher festgelegt wurden.
  • Online-Integritätsprüfung: Die Plattform wird regelmäßig überprüft, ob sie unverändert und sicher ist. Dies vermeidet unerlaubte Änderungen und stellt sicher, dass sie auch vor neuen Bedrohungen schützt.
  • Runtime Application Self Protection (RASP): Diese Technologie überwacht die Software während ihrer Anwendung. Angriffe werden sofort erkannt und in Echtzeit gestoppt.
  • (AES) Verschlüsselung: Datenverbindungen müssen über einen verschlüsselten Kanal gesichert werden. Zudem sollten alle Datenpakete einzeln verschlüsselt sein.
  • Eigene Chat-Technologie: Diese stellt sicher, dass der Finanzdienstleister die Kontrolle über die Kommunikationskanäle behält.
  • Sicheres Payment-Modul: Das Modul gewährleistet, dass Zahlungen über die Plattform sicher abgewickelt werden. Es schützt sowohl die Zahlungsinformationen der Nutzer als auch die Transaktionen selbst vor Missbrauch und unbefugtem Zugriff.
  • Virtuelle SmartCard Technologie: Damit werden Zertifikate und Dokumente sicher gespeichert.

Diese Sicherheitsfunktionen sind entscheidend, um das Vertrauen der Nutzer zu gewinnen und langfristig zu halten.

Darüber hinaus muss die Authentifizierung absolut sicher sein. Dafür braucht es eine verifizierte digitale Identität.

 

Verifizierte digitale Identität

Die digitale ID ist die Eintrittskarte für alle Produkte und Dienstleistungen der Versicherung oder Bank in der App. Wer die Angebote nutzen, online bezahlen, Verträge abschließen, Dokumente austauschen und signieren sowie mit dem Bank- oder Versicherungsberater kommunizieren möchte, muss sich mit einer verifizierten digitalen Identität ausweisen.

So funktioniert eine sichere digitale ID: Nutzer identifizieren sich über ihren echten Namen. Kunst- oder Nicknamen dürfen nicht akzeptiert werden. Dabei ist Zweifaktor-Authentifizierung zwingend erforderlich, beispielsweise mit biometrischem Fingerabdruck oder Gesichtserkennung plus Passwort.

Für zusätzliche Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit ist bei der Authentifizierung eine virtuelle Smartcard Technologie notwendig. Diese gewährleistet die sichere Speicherung und Nutzung digitaler Zertifikate.

In Deutschland sollte die digitale ID zudem mit der BundID kompatibel sein. Darüber hinaus muss sie eIDAS-konform sein. Dabei handelt es sich um eine EU-Verordnung für die sichere elektronische Identifizierung und rechtsverbindliche, sichere digitale Transaktionen.

 

Datenschutz und gesetzliche Regularien

Häufiger Stolperstein und Hauptgrund, warum wir in Deutschland in Sachen Digitalisierung langsamer sind als andere, sind der Datenschutz und die Gesetzeskonformität. SuperApps müssen strenge gesetzliche Vorgaben erfüllen – gerade im Finanz- und Versicherungswesen, wo hochsensible Daten verarbeitet werden. Dazu zählen allgemeingültige Regularien wie die DSGVO, aber auch branchenspezifische Gesetze wie das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) oder das Kreditwesengesetz (KWG).

Für Banken und Finanzdienstleister spielt zudem die Payment Services Directive 2 (PSD2) eine Rolle, um die Sicherheit und den Schutz sensibler Kundendaten zu gewährleisten. PSD2 regelt den sicheren Zahlungsverkehr innerhalb der EU und verpflichtet Banken, Schnittstellen für Drittanbieter bereitzustellen, während gleichzeitig strenge Sicherheitsanforderungen gelten. Dazu zählen die Zweifaktor-Authentifizierung, sichere APIs oder die Transaktionsüberwachung zur Betrugsprävention.

Versicherungen müssen außerdem die Vorgaben der Gematik erfüllen. Dies stellt sicher, dass Gesundheitsdaten gemäß höchster Sicherheits- und Datenschutzstandards verarbeitet werden. Die Gematik ist für die Digitalisierung des Gesundheitswesens zuständig und setzt Standards für die elektronische Patientenakte (ePA) und andere digitale Gesundheitsanwendungen.

 

Per SuperApp in eine sichere Zukunft

Die traditionellen Grenzen zwischen Finanzgeschäften und Dienstleistungen des täglichen Lebens werden sich in Zukunft weitgehend auflösen. Das bietet eine einmalige Chance für Banken und Versicherungen, ihre Marktstellung zu festigen und auszubauen. Einige große US-Konzerne sind für eigene Finanzservices schon in den Startlöchern und setzen Banken und Versicherungen unter Druck. Wer jetzt nicht aktiv wird, verliert langfristig den Anschluss und verschwindet von der Bildfläche. Mit einer SuperApp können Finanzdienstleister aktiv entgegenwirken. Sie ist die Basis für zeitgemäße, moderne Online-Services und ein breiteres, wettbewerbsfähiges Angebot. Finanzanbieter schaffen damit einen Mehrwert für den Kunden und stärken zugleich ihre Marktposition: Sie werden zu Vorreitern in der Finanz- und Versicherungswelt und sichern ihre Zukunft.

Ismet Koyun ist Pionier für digitale Identität und Sicherheit. Er hat vor über 40 Jahren KOBIL gegründet und zum Weltmarktführer für digitale Identitäts- und Sicherheitslösungen entwickelt. Ismet Koyun hält mehrere Patente.

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