Weiterbildung und Umschulung gegen den Fachkräftemangel

Dass der Mangel an Fachkräften derzeit die größte Herausforderung für den deutschen Mittelstand darstellt, ist allgemein bekannt. Er betrifft inzwischen zwei Drittel der KMUs. Freelancer:innen, die Expertenwissen mitbringen und für eine begrenzte Zeit auf Projektbasis in bestehende Teams integriert werden, sind bereits vielfach verbreitet. Sie können den Fachkräftemangel zumindest teilweise abfedern. Aber welche Potenziale können Freiberufler:innen auch in Puncto Weiterbildungen und Umschulungen eröffnen?
Von   Florian Mueller   |  Country Manager DACH   |  Fiverr
5. August 2023

Der Fachkräftemangel ist in Deutschland ein allgegenwärtiges Thema und aktuell eine der größten Herausforderungen für Unternehmen. Die Qualifikationslücke ist in nahezu jeder Branche zu beobachten, und kein Unternehmen, unabhängig von seiner Größe, ist in Zukunft davor gefeit. Schließlich braucht es überall geeignete und fähige Mitarbeiter:innen, um in einem großen Wettbewerbsumfeld erfolgreich zu bleiben.

Die digitale Transformation, der demografische Wandel und der bald auf uns zukommende Renteneintritt der Babyboomer sowie immer neue Krisen beschleunigen den Fachkräftemangel zudem und erfordern viel Flexibilität von Unternehmen. Besonders im Bereich Digitalisierung mangelt es an Expertise, und vor allem KMUs haben häufig Probleme geeignete Mitarbeiter:innen mit dem richtigen Fachwissen zu finden. Laut dem Skill Gap Report von Fiverr haben derzeit zwei Drittel der Unternehmen mit dem Mangel an Fachkräften mit entsprechender Expertise zu kämpfen. Die Folgen sind fatal: Knapp ein Drittel (31 %) der Unternehmen kann aufgrund von unbesetzten Stellen mit der digitalen Transformation und neuen Technologien wie KI etc. nicht Schritt halten und hat deshalb einen Umsatzrückgang verzeichnet oder erwartet diesen (30 %).1

Fachkräfte on demand

Freelancer:innen, die Expertenwissen mitbringen und für eine begrenzte Zeit auf Projektbasis in bestehende Teams integriert werden, sind in der IT bereits vielfach verbreitet. Sie können den Fachkräftemangel zumindest teilweise abfedern. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW)2 spielen externe Expert:innen vor allem bei der Digitalisierung der Wirtschaft und der Einführung neuer Technologien wie Künstlicher Intelligenz oder virtueller Realität eine zentrale Rolle. Sie unterstützen festangestellte Mitarbeiter:innen, bringen Expertise ein und schaffen neue Perspektiven. So leisten sie einen entscheidenden Beitrag bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen, vor denen Unternehmen heute stehen.

Laut Studie sind Unternehmen, die externe Expert:innen einsetzen, bei digitalen Transformationsprozessen weiter als Unternehmen, die darauf verzichten. Freelancer:innen werden sowohl im Bereich Consulting als auch bei der Umsetzung von konkreten Projekten eingesetzt. Beispielsweise helfen KI-Berater:innen den Unternehmen dabei, die richtige Technologie zu finden oder eine entsprechende Strategie zu entwickeln. Somit ist es wichtig, dass die Freiberufler:innen nicht nur über das technische Wissen verfügen, um KI-Lösungen zu verstehen und umzusetzen. Sie müssen auch ein tiefes Verständnis für Geschäftsprozesse und Strategien mitbringen.

Wandel der Kompetenzen
Für viele Unternehmen ist die mangelnde Verfügbarkeit von Mitarbeiter:innen mit entsprechenden Qualifikationen eines der größten Hindernisse bei der Digitalisierung und somit der Weiterentwicklung des Betriebs. Und diese Herausforderung wird sich in der Zukunft eher noch weiter verschärfen. Schließlich ändern sich durch neue Technologien wie künstliche Intelligenz die Anforderungen und Jobbeschreibungen. Die Arbeit an sich geht dabei nicht aus, sie wird nur anders. Egal ob Facharbeiter:in oder Ingenieur:in – die Tätigkeitsbereiche erweitern sich und alle werden in den nächsten Jahren stetig neues Wissen und neue Fähigkeiten erlernen müssen. So wird es immer bedeutender, nicht nur neue Team-Mitglieder zu rekrutieren, sondern auch die bestehenden Mitarbeiter:innen weiterzubilden.

Vorausschauende Unternehmen haben das Potenzial von Weiterbildungen im Kampf gegen den Fachkräftemangel bereits erkannt und investieren daher in die Aus- und Weiterbildung ihrer Teams. Laut vorher genanntem Report geben pro Jahr 79 % der Unternehmen zwischen 1.000 und 3.000 EUR pro Mitarbeiter für Weiterbildungsmaßnahmen wie interne und externe Trainings oder berufsbegleitende Studien aus.

Weiterbildung durch externe Spezialisten

Das strategische Management von Weiterbildung ist die Basis einer nachhaltigen Personalstruktur und in einem sich schnell verändernden Geschäftsumfeld sind Innovationen und ständige Weiterbildung unerlässlich. Bei der Förderung der Lernfähigkeit innerhalb der Organisation können Freelancer:innen eine wichtige Rolle spielen.

Auf der einen Seite können Unternehmen durch die Zusammenarbeit mit Freiberufler:innen, die über spezielle Kenntnisse und Erfahrungen verfügen, neue Erkenntnisse und bewährte Verfahren in ihrer eigenen Belegschaft implementieren. Eine Organisation, die diese Interaktion erleichtert, fördert den Austausch von Wissen und Erfahrungen zwischen Freelancer:innen und internen Teams, so dass sie weiter wachsen und sich entwickeln kann.

Auf der anderen Seite können Freelancer:innen auch als externe Experten für die Weiterbildung der Mitarbeiter:innen beauftragt werden. Auf Basis ihrer Erfahrung und ihres Fachwissens entwickeln sie maßgeschneiderte Schulungsprogramme, die den spezifischen Bedürfnissen des Unternehmens gerecht werden. Hier profitieren Unternehmen von der Flexibilität, die Freelancer:innen bieten. Dass Online-Kurse zu Fortbildungszwecken wichtig geworden sind und in Zukunft noch relevanter werden, zeigt der Business Trends3 Index vom Frühling dieses Jahres. Demnach stieg in Deutschland die Nachfrage nach Onlinekurs-Inhalten auf einer Freelancer-Plattform im Vergleich zum Vorhalbjahr um 338 Prozent. Im Gegensatz zu traditionellen Schulungsanbietern erstellen Freiberufler:innen individuelle Schulungspläne, die sowohl die Verfügbarkeiten der Mitarbeiter:innen als auch die genauen Anforderungen der Organisation berücksichtigen.

Der Einsatz von Freelancer:innen zur Weiterbildung der Belegschaft erfordert eine sorgfältige Planung und Organisation. Zunächst sollten die spezifischen Umschulungs- und Weiterbildungsbedürfnisse der Mitarbeiter:innen identifiziert werden. Basierend auf diesen Anforderungen kann nach geeigneten Expert:innen gesucht werden. Es ist wichtig, Freiberufler:innen auszuwählen, die nicht nur über das entsprechende Fachwissen verfügen, sondern auch über pädagogische Fähigkeiten, um das Wissen effektiv weiterzugeben. Zudem sollten klare Ziele sowie Dauer und Umfang für die Weiterbildung festgelegt werden. Diese kann dann in Form von Workshops, Schulungen, Mentoring oder anderen Lernmethoden stattfinden, je nach den Bedürfnissen der Mitarbeiter:innen und den bevorzugten Lehrmethoden der Freelancer:innen.

Die Zusammenarbeit mit externen Expert:innen erfordert in jedem Fall eine gute Kommunikation sowie ein klares Erwartungsmanagement seitens des Unternehmens. Es ist wichtig, regelmäßige Feedback-Sitzungen einzurichten, um den Fortschritt der Mitarbeiter:innen zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die Weiterbildungsmaßnahmen effektiv sind.

Fazit

Insgesamt bietet der Einsatz von Freelancer:innen zur Weiterbildung von Mitarbeiter:innen zahlreiche Vorteile für Unternehmen. Er ermöglicht den Zugang zu Fachwissen und fördert die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit an sich wandelnde Rahmenbedingungen in den verschiedenen Branchen. Durch eine sorgfältige Planung und Organisation kann diese Form der Weiterbildung effektiv umgesetzt werden und den Mitarbeitern die erforderlichen Fähigkeiten vermitteln, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein.

 

 

Quellen

1 Fiverr Skill Gap Report 2023

2 IW Gutachten über den Einsatz von Solo-Selbstständigen und Angehörigen von Fremdfirmen in deutschen Unternehmen

3 Fiverr Business Trends Index Frühling 2023

Florian Müller ist Country Manager DACH bei der Freelancer-Plattform Fiverr. Der Experte für digitales und strategisches Marketing verantwortet den Geschäftsausbau in der DACH-Region. Er ist zudem zuständig für die Lokalisierung des Marktplatzes, um die Erfahrungen für Unternehmen und Freelancer:innen auf Fiverr zu optimieren.

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