Jeder Trader möchte natürlich seinen finanziellen Erfolg maximieren. Jedoch unterliegt das eingesetzte Kapital auch immer einem gewissen Risiko. Dass diese Risiken von Unternehmensübernahmen, politischer Entwicklung oder Rohstoffpreisen abhängen, ist allgemein bekannt. Eine Einflussgröße wird allerdings weitgehend ignoriert: die sogenannten emotionalen Verzerrungen. Darunter versteht man die Wirkung emotionaler Entscheidungen, beispielsweise das Erreichen psychologischer Werte bei Indizes oder einer Massenbewegung bei Gewinnmitnahmen. Während IT-Systeme mit den genau quantifizierbaren Größen kein Problem haben, ist die Prognose von Verzerrungen schwer – bis jetzt. Hier kann nun die künstliche Intelligenz punkten.
Verzerrungen richtig verstehen
Kaum ein Trader handelt rein nach Fakten. Fast jeder verlässt sich auch auf seine Intuition. Dadurch können Trends entstehen, die eine akkumulierende Wirkung entfalten. Beispielsweise entstehen so Massenbewegungen, deren Ursache unbekannt bleibt. Dazu zählen beispielsweise Panikverkäufe oder ein Rush auf bestimmte Werte. Beides sind Selbstläufer, die sich mit der Zeit verstärken – auch wenn Informationen vorliegen, die diese Bewegungen nicht stützen.
Ein Beispiel für eine Verzerrung ist der Dispositionseffekt, bei dem Trader sich entschließen, Aktien mit stetig steigendem Wert zu verkaufen, und Aktien, deren Kurs fällt, bis zu einem erneuten Wertanstieg zu behalten. Beide Entwicklungen sind jedoch relativ stabil, wie sowohl Statistiken als auch praktische Erfahrung zeigen. Deswegen ist das aus dem Dispositionseffekt resultierende Handeln kontraproduktiv. Dazu forschten Ryan Garvey, von der Duquese University, Antony Murphy von der University of Oxford und Fei Wu von der Shanghai Jiao Tong University den Einfluss der letzten Entwicklungen auf künftige Handelsentscheidungen professioneller Trader an der Nasdaq-Börse in New York. Das Ergebnis in ihrer Studie „Do Losses Linger? Evidence from Proprietary Stock Traders“ war eindeutig. Kam es am Anfang des Handelstages zu einer finanziellen Einbuße, neigten Trader zu einem wesentlich aggressiveren Handel am Nachmittag, um das erzielte Minus vor dem Handelsschluss wieder auszugleichen. Weitere Verzerrungen resultierten aus überzogenem Selbstvertrauen der Marktteilnehmer, die sich von ihren Gefühlen leiten ließen. Besonders nicht-professionelle Trader halten an ihren langjährigen Derivaten-Portfolios fest und passen sie nicht regelmäßig an die veränderte Marktsituation an.
Bessere IT-Unterstützung im Handel
Fast 90 Prozent aller Transaktionen werden im Handel durch Algorithmen im hochfrequenten Trading realisiert. Die Entscheidung für Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten wird hier IT-gestützt in kürzester Zeit von entsprechenden Tools gefällt. Systeme, die sich auf künstliche Intelligenz stützen, erkennen den idealen Handelszeitpunkt in der Zukunft und berechnen Verzerrungen mit ein. Viele Fonds setzen bereits auf maschinelles Lernen. Beispielsweise entwickelte der Informatiker Babak Hodjat, der auch den Grundstein für Apples Siri legte, einen vollständig von KI verwalteten Hedge-Fond. „Mich beunruhigt es wesentlich mehr, sich auf menschliche Intuition zu verlassen, als sich auf das zu verlassen, was Daten und Statistiken offenbaren“, sagte Hodjat in einem Interview mit dem Finanz-Magazin Bloomberg. Diese KI hat nun auch Eingang in mobilen Trading-Plattformen gefunden. Diese analysieren das Trading-Verhalten, erkennen mögliche Verzerrungen und geben ihrem Benutzer eine Empfehlung aus, dass Risiken bestehen könnten. Mit der Zeit interagiert der Benutzer auf eine andere Weise mit der App und nimmt diese Benachrichtigungen in seine Entscheidungsbasis mit auf. Für einen besseren Umgang mit der KI führen verschiedene Hersteller Bildungsangebote und Schulungen im Finanzsektor an. So werden Trader mit der Zeit routinierter und können ihre Emotionen besser kontrollieren.
KI wappnen
Natürlich arbeitet künstliche Intelligenz im Gegensatz zu den Menschen rein faktenbasiert, sammelt und analysiert große Datenmengen in Echtzeit, wodurch sie ideal zum Einsatz im Trading wird. Dennoch – auch sie wird vom Menschen erstellt. Mit entsprechenden Kontrollinstanzen kann man diesem Risiko jedoch gut begegnen. In der Vergangenheit waren IT-gestützte Systeme für untypische Bewegungen auf der Börse verantwortlich. Wenn die IT-Entwickler ihre Systeme künftig gegen diese Einflüsse sichern, können Trader wesentlich effizienter und effektiver agieren.
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