Die Digitalisierung hat sich von einem reinen Buzzword zum wichtigsten Wirtschaftstrend entwickelt. Der digitale Transformationsprozess zählt laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zu den drei wichtigsten Unternehmenszielen deutscher Unternehmen. Allerdings versteht die Mehrheit der Entscheidungsträger unter digitaler Transformation primär nur die Digitalisierung des bestehenden Geschäftsmodells beziehungsweise bestehender analoger Prozesse (55 Prozent). Nur halb so viele (28 Prozent) nennen dagegen den Aufbau neuer digitaler Geschäftsmodelle.
Gleichzeitig sieht annähernd jedes zweite Unternehmen (49 Prozent) die eigene Branche einem starken oder sogar sehr starken digitalen Wandel ausgesetzt. Doch gerade einmal jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) sieht einen ebenso starken Wandel auch beim eigenen Geschäftsmodell voraus. Dabei gibt es gerade im Bereich neuer digitaler Geschäftsmodelle einen enormen Nachholbedarf. Es geht darum, Geschäftsmodelle zu entwickeln, die dem technologischen Wandel ebenso wie der sich verändernden gesellschaftlichen Erwartungshaltung gerecht werden können. Unternehmen müssen ihr eigenes Geschäftsmodell kritisch hinterfragen und mitunter selbst disruptiv angreifen.
Die maßgeblichen Hemmnisse bei der Umsetzung bzw. Entwicklung neuer digitaler Modelle sind breit gestreut. Zum einen scheint es nach Einführung der neuen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erhebliche Datenschutz- und Sicherheitsbedenken in Unternehmen zu geben. Zum anderen stehen fehlende Budgets und hohe Kostenerwartungen der Investition einer Digitalisierungsstrategie im Weg. Als größte Hürden bei der Umsetzung werden allerdings die fehlende digitale Denkweise und die fehlenden Skills der Mitarbeiter gesehen. Zusätzlich spricht Dr. Holger Schmidt noch von der sogenannten Kompetenzfalle, d.h. die Unternehmen halten an Routinen fest, die in der Vergangenheit zum Erfolg geführt haben, in der digitalen Welt aber nicht mehr funktionieren.
Es lässt sich also festhalten, dass festgefahrene Strukturen, unqualifizierte Mitarbeiter bzw. fehlende Fachkräfte und Scheuklappendenken die wichtigsten Gründe sind, weshalb traditionelle Unternehmen wesentlich später den Trend der Digitalisierung erkennen und nutzen, als junge Startups, die nur einen Bruchteil an Manpower und Kapital zur Verfügung haben.
Um diesem Umstand entgegen zu wirken, hat sich die Methode Sustainable Corporate Entrepreneurship bewährt.
Was ist Sustainable Corporate Entrepreneurship?
Der Begriff der Nachhaltigkeit (Sustainability) wurde in letzter Zeit um einige Facetten erweitert, steht er nicht mehr nur für umweltschonendes Handeln mit Rücksicht auf die zukünftigen Generationen, sondern für eine verantwortungsvolle, unternehmerische Tätigkeit. Corporate Entrepreneurship wiederum bezeichnet den Versuch, die Motivation des Unternehmertums und grundlegende Gründereigenschaften in etablierten Unternehmen dauerhaft zu verankern. Dabei sollen die Mitarbeiter aus tradierten Denkmustern ausbrechen, was das Engagement auch im nicht angestammten Geschäft und eine strategische Erneuerung einschließt, die das Überleben der Unternehmung langfristig sichern soll und sich an der Dynamik von Startups orientieren.
Bringt man beide Begriffe zusammen, erhält man die Methode Sustainable Corporate Entrepreneurship, die das Unternehmertum auf verantwortungsvolle Weise stärken möchte. Das bedeutet, dass die Ergebnisse bzw. Produkte dieses Innovationsprozesses nicht nur rein der Gewinnmaximierung bzw. dem Marktwachstum dienen, sondern zusätzlich einen ökologischen und sozialen Mehrwert für Mitarbeiter und Gesellschaft haben sollen. Nur so können dauerhaft das Vertrauen und die damit verbundene Loyalität der beteiligten Mitarbeiter und Kunden gesichert werden. Zusätzlich bietet eine sinnstiftende Tätigkeit ein zusätzliches Maß an Motivation und Dynamik für den Innovationsprozess.
Es wäre für das investierende Unternehmen natürlich nicht zielführend, wenn die beteiligten Mitarbeiter sich dem Projekt nicht verbunden fühlen und schlimmstenfalls das erworbene Know-How aus dem Unternehmen heraus tragen. Unabhängig davon, dass eine tatsächliche Innovation ohne intrinsisch motivierte Mitarbeiter sowieso nicht möglich wäre.
Als zusätzlicher und wesentlicher Faktor ist die Erwartungshaltung der Gesellschaft, die mittel- bis langfristig voraussetzt, dass Unternehmen – sowohl neue als auch bestehende – ihre Geschäftsmodelle ökologisch und sozial verträglich gestalten. Bei mehrmaligen und gravierenden Verstößen gegen diese Erwartungshaltung verlieren selbst etablierte Unternehmen schnell ihre „license to operate“. Wird der gesellschaftliche Nutzen mit einer digitalen Innovation kombiniert, erhält das Unternehmen ein zeitgemäßes Produkt bzw. mittelfristig ein Geschäftsmodell, welches die Zukunft des etablierten Unternehmen sichern wird.
Wie lässt sich Sustainable Corporate Entrepreneurship umsetzen?
Sustainable Corporate Entrepreneurship findet auf zwei Ebenen statt. Zum einen auf der Individualebene und zum anderen auf der Unternehmensebene, der sogenannten Mesoebene. Um ein erfolgreicher Entrepreneur zu sein, ist das Vorhandensein einer unternehmerischen Persönlichkeit notwendig. Im Kontext eines Gründungsvorhabens würde man von einer Gründerpersönlichkeit sprechen, in einem bestehenden Unternehmen ist allerdings die unternehmerische Persönlichkeit der passende Terminus.
Nach Fallgatter zeichnen sich erfolgreiche Unternehmer bzw. eine unternehmerische Persönlichkeit durch verschiedene Eigenschaften aus. Diese müssen zwar nicht in einer Person vereint, sollten aber in einem Querschnitt vorhanden sein oder zumindest durch ein heterogenes Team ergänzt werden. Man spricht hier auch von einem Entrepreneurial Mindset.
Folgende Eigenschaften werden genannt:
- Eigeninitiative und Unabhängigkeitsstreben
- Resilienz/ psychische Widerstandsfähigkeit
- Kreativität
- Leistungsmotivation
- Realismus und Fähigkeit zur Zusammenarbeit
- Emotionale Stabilität
- Durchsetzungsfähigkeit
- Einfühlungsvermögen
- Problemlösungsfähigkeit
- Ambiguitätstoleranz
- Durchhaltevermögen
- Risikobereitschaft
- Unternehmerische Selbstwirksamkeitserwartung
Um Corporate Entrepreneurship Projekte erfolgreich umsetzen zu können, werden vor allen Dingen die Eigenschaften Eigeninitiative, Resilienz, Kreativität und Ambiguitätstoleranz benötigt bzw. vorausgesetzt, da diese bei konventionellen Arbeitnehmern im Durchschnitt weniger stark ausgeprägt sind. Insbesondere die psychische Widerstandsfähigkeit (Resilienz) und die Ambiguitätstoleranz, der Umgang mit mehrdeutigen Situation und widersprüchlichen Handlungsweisen, werden beim „Out-of-the-box“-Denken benötigt. Neue Ideen, die alte Denkansätze in Frage stellen, werden natürlich nicht klaglos akzeptiert und umgesetzt, sondern es ist ein langer Weg zu gehen und viel Überzeugungsarbeit in den eigenen Reihen zu leisten. Dafür benötigt es dir richtige Persönlichkeit – die unternehmerische Persönlichkeit. Personen mit diesen Eigenschaften zu identifizieren bzw. diese gegebenenfalls zu akquirieren, ist ein Teilziel der Sustainable Corporate Entrepreneurship-Methode. Eine wichtige Erkenntnis dabei ist, dass eine Unternehmerpersönlichkeit nicht angeboren und somit festgelegt ist, sondern erlernt und entwickelt werden kann (s. Born-or-Made-Debatte).
Die identifizierten Personen müssen anschließend in ein exzellentes Gründerökosystem auf der Mesoebene integriert werden. Dieses besteht aus der Führungskompetenz, Unternehmenskultur und einem internen Wissensmanagement. Diese drei Aspekte bilden die Rahmenbedingungen, in denen sich die unternehmerischen Persönlichkeiten frei bewegen können. Die nachstehende Abbildung stellt diese in ihrer Verbindung zueinander dar:
Die Einstellung der Geschäftsführung ist der erste Ansatzpunkt bei der Entwicklung einer Unternehmenskultur, die einem internen Unternehmertum zuträglich ist. Denn sowohl Führungskompetenz als auch Unternehmenskultur stehen in einer starken Abhängigkeit zueinander. Die Geschäftsführung muss einem grundsätzlichen Veränderungswillen zugänglich sein und diesen auch an die Mitarbeiter kommunizieren. Nur so erhalten die Unternehmerpersönlichkeiten die nötige Rückendeckung und Legitimation, ihre Ideen und Vorschläge zu veröffentlichen und durchzusetzen. Der Innovationsprozess wird nicht funktionieren ohne einen Austausch in einem heterogenen Team, in dem ein substanzieller Evaluationsprozess stattfinden kann. Bin ich auf dem richtigen Weg? Habe ich den Bedarf richtig eingeschätzt? Bin ich überhaupt der Richtige dafür? Grundsätzliche Fragen zu stellen und ein ehrliches Feedback zu bekommen, ist Grundvoraussetzung für ein solches Vorhaben. Die meisten Gründungen in Deutschland scheitern, da sie nicht in der passenden Gründungskultur bzw. im -milieu gestartet wurden. Zusätzlich übernimmt die Geschäftsführung eine Steuerungsfunktion, bei der Gestaltung der Vorgaben. Grundsätzlich sollte die Erwartungshaltung sein, mit digitalen Innovationen einen gesellschaftlichen Nutzen durch das Unternehmen bzw. das jeweilige Produkt zu erzielen. Dann ist die Innovation tragfähig und langfristig nutzbar für das Unternehmen.
Ebenso muss die Geschäftsführung die passende Infrastruktur zu Verfügung stellen, die hier unter dem Begriff Wissensmanagement zusammengefasst ist. Das in Unternehmen vorhandene Wissenskapital wird immer mehr zum entscheidenden nachhaltigen Erfolgsfaktor. Ein zentrales Element bilden meist Informationssysteme, indem sich die Mitarbeiter kommunikativ vernetzen und Informationen bereitstellen und bewahren, damit ein geeigneter Evaluationsprozess stattfindet. Das Bereitstellen von Mentoren oder die Übernahme dieser Tätigkeit durch die Geschäftsleitung selbst, ist ein probates Mittel, die Innovationskraft bzw. das Unternehmertum der Mitarbeiter zu stärken. Sowohl der Zugang zu firmeninternen Wissen als auch der Zugang zu fachspezifischem Wissen, muss für die Mitarbeiter gesichert werden. Externe Weiterbildung, Berater oder Keynote-Speaker sind nur einige der Maßnahmen, die impulsgebend sein können. Ziel ist es, aus dem Korsett der Betriebsblindheit auszubrechen und neue Denkweisen zu etablieren. Das von Mitarbeitern ohne Input zu verlangen, kann nicht funktionieren.
Wann ist die Sustainable Corporate Entrepreneurship Methode erfolgreich?
Die Sustainable Corporate Entrepreneurship-Methode schafft ein internes Unternehmerklima und somit ein Klima für Innovationen. Querdenker, „Out-of-the-box“-Thinker, egal wie man sie nennen möchte, erhalten Rahmenbedingen in denen sie sich entwickeln und ausprobieren können. In der Innenwirkung wirkt die Methode somit impulsgebend und inspirativ, da sie das bestehende Personal sowohl menschlich als auch fachlich weiterentwickelt. Nach außen wirkt die Methode attraktiv für Fachkräfte – insbesondere die Generation Y wird damit adressiert. Denn etablierte Unternehmen brauchen neue Ideen, neues Denken und frisches Blut, um sich dem digitalen Transformationsprozess stellen zu können. Mit der Entwicklung eines innovativen, gesellschaftlich verantwortungsvollen neuen Geschäftsmodells, kann sich das Unternehmen für die Zukunft gut aufstellen und in den Wettbewerb mit jungen Startups treten.
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