Bei vielen Unternehmen setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass sie ihre Digitalisierung forcieren müssen, um relevant zu bleiben. Die Notwendigkeit, mehr Effizienz und eine höhere Rentabilität zu erzielen sowie die sich verändernden Kauf- und Konsumgewohnheiten von Kunden zu berücksichtigen, führt dazu, dass sie neue Geschäftsmodelle benötigen. Allerdings wäre es weder aus finanzieller noch aus strategischer Sichtweise sinnvoll, diese neuen Modelle mit manuellen Prozessen umzusetzen.
Doch damit die Digitalisierung gelingen kann, müssen die Verantwortlichen zunächst einige Risiken beseitigen, die diesen Fortschritt gefährden:
- Die Mitarbeiter – Ob neue Systeme und Prozesse funktionieren, hängt maßgeblich davon ab, wie gut sie von den Mitarbeitern angenommen werden. Eine „das haben wir schon immer so gemacht“-Mentalität kann das Vorhaben von Anfang an zum Scheitern verurteilen.
- Die Datenflut – Unternehmen müssen Datensilos aufbrechen, um nützliche Insights zu generieren und fundiertere Entscheidungen zu treffen. Dafür müssen sie zunächst aber in der Lage sein, Daten effizient bereitzustellen, sonst überwältigt sie die Datenflut.
- Die Komplexität von Produkten – Unternehmen müssen sich zunächst fragen, welche Produkte oder Services in digitalisierter Form geeignet sind, um alte und neue Kunden anzusprechen. Gerade bei komplexen Angeboten kann sich die Umsetzung allerdings als schwierig und zeitaufwendig erweisen.
- Mangel an Dateninnovationen und ‑experimenten – Versicherer arbeiten beispielsweise mit unterschiedlichen Datenquellen, die über ihre Produkte verteilt sind. Daher ist die Erfassung von Datenpunkten eine langwierige Aufgabe. Jedoch investieren bislang nur wenige Unternehmen in eine Infrastruktur, die notwendig ist, um neue Datenmodelle entwickeln zu können.
Die Herausforderung annehmen
Um diese Herausforderungen zu meistern und den Digitalisierungsvorgang so reibungslos wie möglich zu gestalten, müssen Unternehmen sich als erstes bewusst werden, welches konkrete Ziel sie erreichen wollen. Dabei stehen sie oft vor einem Strategieproblem: Konzentrieren sie sich darauf, den Vertrieb zu stärken und so das Umsatzvolumen zu erhöhen? Die betriebliche Effizienz zu verbessern, um Ausgaben zu senken? Oder Produkte und Services zu optimieren, wodurch die Rentabilität steigt? Von dem strategischen Sweet Spot eines Unternehmens hängt ab, wie sich der weitere Digitalisierungsprozess gestaltet.
Hierfür ist eine umfassende Analyse nötig, um beispielsweise Schwachstellen und Engpässe in Prozessen und Systemen aufzudecken und Verbesserungsbedarf aufzuzeigen. Gleichzeitig sollten Unternehmen diese Gelegenheit nutzen, um ihr Produkt- oder Serviceportfolio auf ihr Digitalisierungspotenzial hin zu überprüfen. Eine schonungslose Analyse kann auch zur Erkenntnis führen, dass manche Angebote in einer zunehmend digitalen Welt möglicherweise nicht länger benötigt werden oder von Grund auf neu konzipiert werden müssen. Versicherer haben beispielsweise in der Regel 80 Produkte und mehr im Angebot, allesamt mit individuellen Abstufungen. Sollen diese digitalisiert werden, lohnt sich die Überlegung, ob sich einige dieser Produkte vereinen lassen oder wie sich diese sich überhaupt digital darstellen lassen, ohne die Kunden durch zu hohe Komplexität zu überfordern.
Eine Frage, die in dieser Analyse auch gestellt werden sollte, ist die nach der Automatisierung von Prozessen. Gerade für monotone Routineaufgaben existieren heute Technologien, die diese (nahezu) ohne menschliches Zutun erledigen können. Dazu zählt Robotic Process Automation (RPA), das beispielsweise im Kundenservice zum Einsatz kommt, um Anfragen oder Bestellungen zu bearbeiten. Da es sich dabei um standardisierte, strukturierte Vorgänge handelt – Versand einer Bestellbestätigung, einer Rechnung, Drucken eines Lieferscheins – oder um sich häufig wiederholende Fragen, können diese mithilfe von Technologie automatisiert werden.
Des Weiteren müssen Unternehmen ihre Datensilos aufbrechen und dafür neue Datenmodelle entwickeln, die digitale Geschäftsmodelle und Angebote unterstützen. Wichtig hierbei: Es reicht nicht, wenn Unternehmen nur in der Lage sind, teils sehr unterschiedliche Datenquellen zu sammeln. Sie müssen sie auch so miteinander verbinden und bereitstellen, dass sie leicht von den Mitarbeitern genutzt werden können, um aus ihnen relevante Erkenntnisse zu ziehen. Gerade auf Produktebene können unterschiedliche Datenmodelle außerdem riesige Ineffizienzen und neue Silos schaffen – das gilt es zu vermeiden.
Und: Geduld ist auch hier eine Tugend. Unternehmen sollten ihre Digitalisierung zwar mit der notwendigen Geschwindigkeit vorantreiben, aber beispielsweise nicht unausgereifte Produkte auf den Markt werfen, nur um sich Erstanbietervorteile zu sichern. Zu groß ist das Risiko, Kunden mit einem schlechten User Interface oder fehlenden Funktionen nachhaltig zu verärgern.
Aufbruchstimmung schaffen
Zu guter Letzt müssen Unternehmen ihre Mitarbeiter auf die Digitalisierungsreise mitnehmen. Oft werden Behörden als Negativbeispiel für fehlenden Veränderungswillen herangezogen, doch dies kann in Unternehmen aller Branchen und Größen der Fall sein. Um Begeisterung – oder zumindest Wohlwollen – zu schaffen, sollten Mitarbeiter möglichst früh in den Prozess einbezogen werden. Das heißt, ihnen transparent die Vorteile für ihre tägliche Arbeit aufzeigen und Sorgen nehmen, dass sie in Zukunft überflüssig sein könnten. Helfen kann dabei, wenn sie selbst Vorschläge machen können. Unternehmen sollten zudem Trainings anbieten, damit die Mitarbeiter einerseits den Umgang mit den neuen Technologien erlernen, andererseits Fähigkeiten erlernen, die in Zukunft an Bedeutung gewinnen.
Fazit
Die digitale Transformation ist für Unternehmen inzwischen überlebenswichtig und sie können sich ein Scheitern nicht erlauben. Sonst laufen sie in Gefahr, die Konkurrenz an sich vorbeiziehen zu sehen. Deshalb müssen sie etwaige Risiken frühzeitig erkennen und von Anfang an bei ihrer Digitalisierungsstrategie mitdenken. Der Prozess sollte aber nicht überhastet eingeführt werden, sondern von Anfang an einen klaren Plan verfolgen, der sowohl Hürden einberechnet als auch Lösungsmodelle zu deren Überwindung. Nur so können sie die Chancen optimierter Systeme, automatisierter Prozesse und neuer Geschäftsmodelle ergreifen und langfristigen Erfolg erzielen – und ihre Mitarbeiter entlasten.
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