Machen Open-Source ERP-Systeme Sinn?

Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, ihre betrieblichen Abläufe effizient zu steuern und kontinuierlich zu optimieren. In einer immer komplexer werdenden Geschäftswelt ist der Einsatz einer umfassenden Software zur effizienten Verwaltung von Ressourcen, Arbeitsprozessen und Daten unerlässlich.
Von   Hilmar Brodner   |  Geschäftsführer   |  SYNERPY GmbH
26. Februar 2024

In diesem Zusammenhang spielen Enterprise Resource Planning (ERP)-Systeme eine immer wichtigere Rolle. Sie zielen darauf ab, die betriebliche Effizienz von Unternehmen zu steigern, Kosten zu senken und die Qualität der Entscheidungsfindung zu erhöhen. Dieser Beitrag konzentriert sich auf ERP-Systeme, insbesondere auf Open-Source-Optionen, und wie sie Unternehmen dabei unterstützen können, die aktuellen Herausforderungen erfolgreich zu meistern.

Was ist ein ERP-System?

Ein ERP-System (Enterprise-Resource-Planning-System) ist eine umfassende Softwarelösung zur Integration und Optimierung der verschiedenen Prozesse innerhalb eines Unternehmens. Es ermöglicht Unternehmen, ihre Ressourcen effizient zu verwalten, indem verschiedene Unternehmensfunktionen wie Einkauf, Vertrieb, Produktion, Lagerhaltung, Finanzen und Personal in einem zentralen System zusammengeführt werden.

Das Hauptziel eines ERP-Systems besteht darin, den Informationsfluss zwischen allen Unternehmensbereichen zu verbessern und den Zugang zu genauen und aktuellen Informationen zu erleichtern, um die Entscheidungsfindung zu unterstützen. Durch die Integration der verschiedenen Geschäftsprozesse in einem einzigen System können Unternehmen Redundanzen beseitigen, die Prozesseffizienz steigern, Kosten senken und die Produktivität insgesamt verbessern.

Open-Source ERP-Systeme

In den letzten Jahren haben sich Open-Source-ERP-Lösungen als kostengünstige und anpassungsfähige Alternative zu herkömmlichen, proprietären Softwareangeboten etabliert. Insbesondere im Bereich der ERP-Systeme bieten Open-Source-Versionen vergleichbare Vorteile wie ihre kommerziellen Pendants, zeichnen sich jedoch durch einige einzigartige Vorteile aus:

Kostenersparnis: Die Möglichkeit, Open-Source-ERP-Systeme oft kostenlos zu nutzen, erspart Unternehmen Ausgaben für Lizenzen. Im Allgemeinen sind die Betriebskosten dieser Systeme niedriger.

Anpassbarkeit: Der frei zugängliche Quellcode ermöglicht eine einfache Anpassung der Systeme an die spezifischen Bedürfnisse eines Unternehmens, was eine höhere Flexibilität und die Entwicklung individueller Lösungen begünstigt.

Unterstützung durch die Community: Die aktive und engagierte Community hinter Open-Source-Projekten trägt kontinuierlich zur Weiterentwicklung und Optimierung der Software bei. Unternehmen können so auf das umfangreiche Wissen und die Erfahrung einer breiten Community zurückgreifen.

Transparenz und Autonomie: Der offene Zugang zum Quellcode sorgt für Transparenz. Unternehmen sind nicht von einem einzigen Anbieter abhängig und behalten die Kontrolle über die eingesetzte Software und ihre Daten.

Herausforderungen bei der Einführung von Open-Source-ERP-Systemen

Obwohl Open-Source-ERP-Systeme viele Vorteile bieten, gibt es auch Herausforderungen, die Unternehmen bei der Einführung berücksichtigen sollten:

Technische Expertise: Die Anpassung und Implementierung eines Open-Source-ERP-Systems erfordert technische Expertise. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie entweder über qualifiziertes internes Personal verfügen oder auf externe Experten zurückgreifen können, um eine reibungslose Einführung zu gewährleisten.

Dokumentation und Schulung: Im Vergleich zu kommerziellen Produkten bieten Open-Source-ERP-Systeme möglicherweise nicht die gleiche umfassende Dokumentation und Schulungsunterstützung. Es kann notwendig sein, interne Schulungsprogramme zu entwickeln und eine Wissensdatenbank aufzubauen, um die Mitarbeiter angemessen auf die neue Software vorzubereiten.

Integration in die bestehende Systemlandschaft: Die Integration eines Open-Source-ERP-Systems in bestehende Systeme und Prozesse kann kompliziert sein. Es ist wichtig, dass die Software mit anderen Anwendungen und Datenbanken kompatibel ist.

Upgrades und Wartung: Regelmäßige Updates und Wartungsarbeiten sind wichtig, um die Sicherheit und Funktionalität des ERP-Systems zu gewährleisten. Unternehmen sollten die notwendigen Ressourcen für diese Aufgaben einplanen.

Abhängigkeit von der Community: Die Unterstützung durch die Community ist zwar ein Vorteil, kann aber auch eine Abhängigkeit von Entwicklungen innerhalb des Projekts bedeuten, die außerhalb der Kontrolle des Unternehmens liegen. Dies erfordert Flexibilität und Anpassungsfähigkeit.

Datensicherheit und Datenschutz: Der Schutz sensibler Unternehmensdaten ist von entscheidender Bedeutung. Unternehmen müssen angemessene Sicherheitsvorkehrungen treffen, um Datenverlust oder -diebstahl zu verhindern.

Was ist der Unterschied zu kommerziellen ERP-Systemen? 

Bei der zweiten Art von ERP-Systemen, dem kommerziellen Lizenzmodell, erwirbt man das Recht zur Nutzung der Software durch Zahlung einer Lizenzgebühr. Diese modernen ERP-Systeme können auch in der Cloud betrieben werden, was bedeutet, dass die Kosten auf einem Mietmodell basieren, das von der tatsächlichen Nutzung der Software abhängt. Da bei diesen Systemen der Quellcode nicht zugänglich ist, bieten sie von Anfang an einen größeren Funktionsumfang. Anpassungen an die spezifischen Bedürfnisse eines Unternehmens, das so genannte Customizing, sind oft nur in begrenztem Umfang erforderlich. Dies liegt daran, dass solche Systeme standardmäßig auf Best Practices und Branchenlösungen ausgerichtet sind. Direkte Änderungen am Quellcode der ERP-Software sind in der Regel nicht möglich.

Ähnlich wie bei Open-Source-ERP-Lösungen fallen auch hier Kosten für Wartung, Schulung und Support des Systems an.

Ein wesentlicher Unterschied dieser lizenzierten ERP-Systeme zu den freien Lösungen liegt in den Nutzungsrechten. Die Anzahl der Benutzer, die das System nutzen dürfen, ist begrenzt. Soll das System mehr Nutzern zur Verfügung gestellt werden, fallen in der Regel zusätzliche Kosten an, die über die Freischaltung mittels Lizenzschlüssel geregelt werden.

Fazit

Für Unternehmen, die ihre Effizienz steigern und wettbewerbsfähig bleiben wollen, ist die Einführung eines ERP-Systems unerlässlich.

Open-Source-ERP-Systeme bieten eine kostengünstige und flexible Lösung, um diese Ziele zu erreichen. Sie ermöglichen es Unternehmen, ihre Prozesse zu straffen, die Entscheidungsfindung zu verbessern und Ressourcen effizienter zu nutzen, ohne hohe Lizenzgebühren zahlen zu müssen.

Aber auch kommerzielle ERP-Systeme haben Ihre Daseinsberechtigung. Beide Formen werden in der Praxis eingesetzt. Welches System sich für den praktischen Einsatz in Ihrem Unternehmen eignet, hängt zunächst nicht vom angebotenen Funktionsumfang ab. Entscheidender ist vielmehr die Zukunftsbetrachtung, denn im Durchschnitt ist ein ERP-System mehr als 10 Jahre im Einsatz.

Hilmar Brodner ist Geschäftsführer der Synerpy GmbH, eines mittelständischen Softwarehaus und Anbieters des Open Source-Warenwirtschaftssystems AvERP.

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