Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, welche Reise die Einzelteile des Laptops, der Kaffeemaschine oder des e-Bikes bereits hinter sich haben, bevor sie irgendwo auf der Welt zusammengefügt werden und als Ganzes ihren Weg zum Endverbraucher antreten? Die wenigsten Produkte bestehen ausschließlich aus regionalen Rohstoffen, die vor Ort verarbeitet und regional gehandelt werden. Das Geschäftsmodell der globalen Wirtschaft basiert auf einer eng getakteten und miteinander verwobenen Logistik rund um den Erdball. Dieses weltumspannende Netz aus Lieferketten ist sehr fragil und wird seit 2020 auf einige harte Proben gestellt. Kaum schienen sich die Lieferkettenprobleme durch die Pandemie Anfang 2022 allmählich aufzulösen, löste der Krieg in der Ukraine erneut einen Krisenmodus aus, dessen Auswirkungen bis weit in die Zukunft spürbar sein werden. Inflation, Energiekrise und Fachkräftemangel: Die Multi-Krisen und ihre Folgen zeigen, dass die Supply-Chains agiler und resilienter werden müssen. Gefragt sind Effizienz, Flexibilität und Nachhaltigkeit – auch in den IT-Abteilungen der Logistiker.
Fachkräftemangel, Klimawandel und Innovationsfreude als Antrieb
1,1 Millionen Fachkräfte werden laut Future of Jobs Report von BCG bis 2030 in der IT fehlen. 2022 erreichte der Fachkräftemangel in IT-Berufen in Deutschland laut Institut der deutschen Wirtschaft ein Rekordhoch: Bundesweit gab es durchschnittlich über 67.000 offene Stellen für IT-Experten – so viel wie nie zuvor. Davon betroffen ist auch die Logistikbranche. Dabei bietet Logistik für IT-Experten vielfältige und spannende Aufgaben: Schon vor den Multi-Krisen war Logistik ein Bereich mit zahlreichen Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten. Spätestens seit Februar 2022 wachen wir täglich in einer neuen Welt auf und müssen das Unvorhersehbare managen. Die Geschwindigkeit technologischer Innovationen in der Branche ist mittlerweile enorm, gerade weil Krisen sich in unserer Branche als Beschleuniger vieler Entwicklungen auswirken. Energiewende, Digitalisierung, Automatisierung, und Anforderungen in puncto Nachhaltigkeit und nicht zuletzt Datensicherheit: Den anfänglich eher zaghaft vorangetriebenen Veränderungsbestrebungen werden in der Logistik jetzt mit hoher Geschwindigkeit die Weichen für die Zukunft gestellt. Besonders in den Bereichen Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Automatisierung macht die Branche große Fortschritte. Ein weites Feld für IT-Begeisterte.
Der Einsatz innovativer Technologien wie künstlicher Intelligenz sichert in vielen Bereichen ein hohes Maß an Flexibilität, Effizienz und bietet gleichzeitig Entlastungen für die Mitarbeiter:innen. Diese (Informations-)Technologiekonzepte sind zukunftsweisende Lösungen, mit denen die Branche auf das perspektivisch zu erwartenden Mengenwachstum bei zeitgleichem Fachkräftemangel reagieren. Beispielsweise haben wir im vergangenen Jahr in Geiselwind ein Logistikzentrum für einen großen deutschen Sportartikelhersteller eröffnet, das sich durch einen hohen Automatisierungsgrad auszeichnet, etwa durch selbstfahrende Shuttles. Robotergestützte, dynamische Lagertechnologien wie diese ermöglichen es, beispielsweise auf Mengenveränderungen schnell zu reagieren.
Zusätzlich können Logistikdienstleister durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz kombiniert mit Robotik eine Vielzahl ihrer Prozesse effizienter gestalten. So wird die weltweite Nachfrage nach Industrierobotern bis 2025 jährlich um zehn Prozent steigen, prophezeit die Arbeitsgruppe für Supply Chain Services des Fraunhofer IIS. Auch zum Beitrag der Logistik für die Lösung der Klimakrise haben die Wissenschaftler:innen eine klare Meinung: „Aufgabe der Logistik wird es sein, einen stärkeren Beitrag zur Reduktion von Klimagasen zu leisten, beispielsweise durch die klimaverträgliche Optimierung von Transportwegen.“
In Bremen ist mit dem C3 Bremen gerade eine der nachhaltigsten und modernsten Logistikimmobilien Europas entstanden. Auch hier übernimmt die IT eine zentrale, gestaltende Rolle. Intelligente Lagersysteme und Lagerverwaltungssoftware tragen dazu bei, Prozesse effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Beispielsweise sorgt die Put-to-Light Kommissionierung für eine niedrigere Fehlerquote. Der wegeoptimierte Kommissionierablauf und eine bedarfsgerechte Nachschubsteuerung tragen zu einer beleglosen, nachhaltigeren Kommissionierung bei.
Tiefe Einblicke dank Big Data
Dank digitaler Transformation und gezielter Datenanalyse können Logistikdienstleister ihr Leistungsportfolio durch neue Produkte, Services und ggf. Geschäftsmodelle optimieren und erweitern. Das können z.B. Lösungen im Umfeld einer transparenten Supply Chain oder im Bereich Digitaler Zwilling sein.
Um mehr Sicherheit und Verlässlichkeit zu schaffen, ist die Simulation von Szenarien ein effektives Mittel. Für diese Simulationen sind Informationen von allen Partnern innerhalb der Supply Chain nötig. Wer weiß, wie viele Teile, Waren oder Produkte wann geliefert und wo gebraucht werden, kann die Kapazitäten – Fläche, Personal, Maschinen – optimal planen, um kostenintensive Stau– und Wartezeiten reduzieren. Durch die Analyse einer Vielzahl von Daten – Stichwort Big Data -schaffen Logistiker:innen einen Mehrwert für sich selbst, um neue Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln, aber auch für die Kunden. Eine hohe Verfügbarkeit von Daten gepaart mit intelligenten Algorithmen erlaubt es, Prognosen über Auftragsbearbeitungen oder mögliche Engpasssituationen für die Kunden zu erstellen. Standardisierte Prozessplattformen und Schnittstellen gewährleisten beispielsweise große Prozess- und Systemsicherheit. Die IT-Abteilungen der Logistiker schaffen transparente und energieeffiziente Prozesse und Warenströme durch die Vernetzung logistischer Objekte z.B. im Rahmen des Internet of Things. Durch die Automatisierung monotoner Prozesse reduzieren sich Aufwände, gleichzeitig werden Personalressourcen geschont.
Von Stand-alone-Lösungen zum ganzheitlichen Einsatz
Die Krisenjahre haben gezeigt, dass es zusammen besser geht. Das gilt sowohl intern als auch extern. So müssen sich Abteilungen innerhalb eines Unternehmens enger als bisher austauschen und vom Silodenken verabschieden. Auch wird es stärker auf die Vernetzung mit Geschäftspartnern, Lieferanten und Kunden ankommen, um Lieferketten abzusichern. In Zukunft wird es in der IT-Logistik darum gehen, Stand-alone-Lösungen durch neue, ganzheitliche Technologiekonzepte zu ersetzen. Von der intelligenten Vernetzung von Verkehrsträgern bis zum Einsatz robotergestützter Technologien vor Ort gibt es zahlreiche spannende Entwicklungen und Aufgaben für technologieaffine Menschen. Ein spannendes Feld für IT-Abteilungen und Ihre Mitarbeitenden, die immer mehr zum Berater, Gestalter und Ermöglicher gemeinsam mit den Logistik-Fachbereiche werden.
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