„Ich brauche keine Mitarbeiter, die sich tiefenentspannt wohlfühlen, ich brauche welche, die was wegschaffen!“, so die Aussage eines Geschäftsführers. „Dieses ganze Gerede über Corporate Happiness, Feelgood-Manager, Mindfulness-Circles oder Balance mit Wohlbefinden geht mir auf die Nerven. Arbeit ist anstrengend und notwendig für das Überleben. Unter Druck entstehen Diamanten!“ Dieser Geschäftsführer steht mit dieser Meinung nicht alleine da! Es ist Zeit für eine Klärung.
Die Neurobiologie beschreibt Wohlbefinden als einen Stoffwechselzustand im Mittelhirn wie folgt: Stellen Sie sich vor, Sie wachen morgens fröhlich auf und freuen sich auf den Tag, der vor Ihnen liegt. In Gedanken gehen Sie die anstehenden Themen des Tages durch und fühlen sich beschwingt. Sie fühlen sich geborgen in einem Netz von Menschen, die Sie lieben und mögen. Sorgen und Nöte sind nicht greifbar. Sie nehmen diese Stimmung mit in den Tag, lösen knifflige Themen, haben positive Kontakte und kommen abends mit der Gewissheit nach Hause, etwas geschafft zu haben. Das ist Wohlbefinden bzw. psychische Gesundheit nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation. Die Erfahrung, leistungsstark und kreativ zu sein, erhöht das Wohlbefinden, ist also ein sich selbst verstärkender Kreis in die richtige Richtung.
Auch wenn es in der Vergangenheit anders funktioniert hat: Das erhöhte Tempo und die stetig steigende Komplexität schaffen ein Arbeitsumfeld, in dem „Zähne zusammenbeißen und weiterarbeiten“ langfristig nicht mehr tragfähig ist.
Denn was erleben wir aktuell bereits? Die Anzahl der überlasteten oder kranken Mitarbeiter nimmt dramatisch zu. Ergebnis einer fundierten Studie ist: 25 % der Erwerbstätigen leiden einmal pro Jahr unter einer psychischen Überlastung oder Störung, davon suchen und erhalten nur 30 % professionelle Hilfe“. [1]
Was also können Unternehmen tun? Tabus rund um die Psyche auflösen und mögliche Einflussfaktoren auf das Wohlbefinden nutzen. Was genau zeigt ein Modell mit drei Säulen:
In der ersten Säule ist jede Person aufgefordert, ihre Gesundheitskompetenz aufzubauen und damit die Verantwortung für ihre persönliche Stabilität zu tragen. Viele Menschen sind in diesem Themenbereich sehr effektiv aktiv, bei anderen gibt es Verbesserungspotenziale. Die betriebliche Gesundheitsförderung vonseiten der Unternehmen kann viel Sinnvolles beisteuern. Eine der einfachsten Maßnahmen ist die „aktive Pause“: Der mögliche Stresspegel wird gesenkt, neue Energien werden freigesetzt, und alles das budgetneutral.
In der zweiten Säule geht es um die soziale Interaktion zwischen der Führung und dem Team. Dass Führungskräfte großen Einfluss auf das Wohlbefinden und damit auf die best-mögliche Leistung jedes Einzelnen haben, ist nicht wirklich neu. Im Trubel des Alltags verschwinden manche guten Absichten aus dem Fokus. Ein kleines, einfaches Ritual ist aus neurobiologischer Sicht hochwirksam: Teambesprechungen mit der Frage zu beginnen: „Was haben wir seit unserem letzten Treffen erledigt“, anstelle gleich auf die offenen Punkte einzugehen. Denn Kopfarbeiter brauchen für sich selbst ein Häkchen-Ritual. Anders als Handwerker sehen sie nicht, was sie geschafft haben, und das wiederum führt auf Dauer zu Schlafstörungen.
In der dritten Säule finden sich die wichtigsten Maßnahmen und Systeme, die eine Organisation braucht, um bestmöglich gerüstet zu sein. Das reicht von einer effektiven Bewertung möglicher Gefährdungen psychischer Belastung bis hin zu einem barrierefreien Zugang zu Expertenberatung.
Quellen und Referenzen
[1] Wittchen, H-U. et.al. (2011). The size and burden of mental disorders and other disorders of the brain in Europe 2010. European Neuropsychopharmacology 21, 655–679.
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