Warum SuperApps die digitale Zukunft von Banken sind

SuperApps verändern die Spielregeln im Banking: Sie bündeln Finanzservices, Kommunikation und Drittangebote auf einer zentralen, sicheren Plattform – und bieten Banken neue Wachstumschancen. Im Interview erklärt Ismet Koyun, warum SuperApps die digitale Zukunft von Banken sind, wie sie Kundenerlebnisse verbessern, Cross-Selling-Potenziale heben und dabei höchsten Datenschutz gewährleisten – und was Finanzinstitute jetzt tun müssen, um den Anschluss nicht zu verlieren.
Interview von Ismet Koyun
12. Juni 2025
Interviewpartner
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Warum SuperApps die digitale Zukunft von Banken sind

Herr Koyun, wie wird sich die Digitalisierung 2025 und in Zukunft auf Banken auswirken?

Koyun: „Die digitale Transformation bleibt weiterhin der dominierende Trend bei Finanzunternehmen. Ihre Widerstandsfähigkeit von morgen hängt von den Entscheidungen ab, die sie heute treffen. Digitale Services, künstliche Intelligenz, Virtual Reality, Blockchain – um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, müssen sich Banken mit neuen Technologien beschäftigen und der neuen Realität stellen. Denn es drängen auch immer mehr Finanzdienstleister auf den Markt, die nicht aus dem klassischen Bank-Business kommen. Hinzukommt: Die Verhaltensweisen der Kunden ändern sich. Sie erwarten komfortable, digitale Services und mobile Services. Banken müssen deshalb innovativ sein, um nicht den Anschluss zu verlieren. Vernetzte, personalisierte Plattformen rücken stärker in den Fokus. Besonders SuperApps bieten hier großes Potenzial. Sie vereinen individuelle Dienstleistungen, Cross-Selling-Möglichkeiten und Kundenbetreuung auf einer zentralen, leicht zugänglichen Oberfläche. Dabei ist ein Punkt zentral: eine einzigartige, verifizierte Identität für jeden Nutzer für hohe Sicherheit und Datenschutz.“

 

Was unterscheidet eine SuperApp von einer klassischen Finanz-App?

Koyun: „Eine SuperApp ist keine isolierte Anwendung wie bei traditionellen Finanz-Apps üblich. Sondern sie bündelt unterschiedliche Services auf einer Plattform – über Mini-Apps von Drittanbietern. Einmal eingeloggt, kann der Nutzer verschiedene digitale Aufgaben ganz bequem mobil per Smartphone erledigen: E-Banking, Kommunikation mit dem Bankberater, E-Payments, Dokumente austauschen – zum Beispiel für eine Finanzierung, aber auch Versicherungsangelegenheiten, Online-Shopping oder Behördengänge. Zudem steht über die Plattform Cloud-Datenspeicher bereit – hochsicher und verschlüsselt. Das alles geschieht auf einer zentralen Plattform – sicher und mit verifizierter digitaler Identität. Mit Passwörtern jonglieren oder separate Bezahlapps aufrufen braucht es nicht mehr. Eine SuperApp ist ein geschlossenes digitales Ökosystem, das hohen Komfort mit Sicherheit verbindet.“

 

 

Und was sind die Vorteile eines solchen digitalen Ökosystems?

Koyun: „Der Hauptvorteil ist: Jede Bank, jeder Finanzdienstleister kann ein eigenes digitales Ökosystem aufbauen – flexibel, skalierbar und sicher. Das Finanzinstitut behält die Kontrolle über seine digitale Plattform, kann eigene wie auch Fremd-Services integrieren, neue Geschäftsfelder erschließen und sich schnell an die sich wandelnde digitale Welt anpassen – und so seine Stärken ausspielen und sein Potenzial nutzen. Aus einer sicheren SuperApp wird damit nicht nur ein Serviceangebot für Kunden, sondern ein strategisches Instrument für Wachstum und um sich von der Konkurrenz abzuheben.“

 

Sogenannte „Alles-Apps“ kennt man bislang vor allem aus Asien. Wie sieht es international sowie in Europa und Deutschland aus?

Koyun: „In Asien sind SuperApps bereits fester Bestandteil des Alltags. Sie zählen jeweils Hunderte Millionen Nutzer. Oft haben sie sich aus einem ursprünglich engen Funktionsbereich – wie etwa Bezahlservices – entwickelt und ihr Angebot sukzessive erweitert. Sie kombinieren Messenger-Dienste, Bezahlfunktionen sowie behördliche und kommerzielle Angebote auf einer Plattform. In Europa kommt dieser Trend ebenfalls langsam an, und es gibt bereits erste Vorstöße. So ist in Deutschland und der Türkei eine SuperApp bereits erfolgreich im Einsatz. Die steigende Tendenz verdeutlichen aktuelle Marktzahlen, die dem globalen Markt für SuperApps ein schnelles Wachstum voraussagen: Bis 2027 werden mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung täglich eine SuperApp nutzen.“

 

Was macht den Finanzsektor zu einem besonders geeigneten Anbieter solcher Plattformen?

Koyun: „Vertrauen ist der zentrale Faktor für digitale Angebote. Banken genießen in Europa einen Vertrauensvorschuss. Die Menschen wissen ihre Daten dort in sicheren Händen. Im Vergleich dazu stoßen Tech-Unternehmen immer wieder auf Kritik – etwa wegen unklarer Datenverarbeitung oder fehlender Transparenz. Wenn Finanzdienstleister diesen Vorteil ausspielen und in sichere, datenschutzkonforme SuperApps investieren, können sie sich vom Wettbewerb abheben.“

 

Eine App für alles macht also das Banking einfacher für Kunden sowie sicherer und lukrativer für Banken?

Koyun: „Ganz genau. Banking-Services können einfacher, sicherer und nutzerfreundlicher angeboten werden – gebündelt in einer sicheren, regulatorisch konformen App. Banken sind damit in der Lage, digitale Banking-Angebote hochsicher und zudem deutlich schneller bereitzustellen. Die Zukunft des Bankings liegt in Plattformen, die Sicherheit, Komfort und neue Geschäftsmodelle intelligent verbinden sowie ein einzigartiges Kundenerlebnis anbieten. So werden Finanzinstitute zu digitalen Vorreitern.“

 

Wie können Banken diesen Vorteil strategisch nutzen?

Koyun: „Mit ihrer eigenen SuperApp können sie ein digitales Ökosystem aufbauen, das über die Kernleistungen hinausgeht. Konten und Policen verwalten, Dokumente einreichen, rechtssicher unterschreiben – das alles kann direkt in der App erfolgen. Auch Drittanbieter lassen sich integrieren: Baufinanzierungen zum Beispiel. Damit werden Banken zum umfassenden Dienstleister – und gewinnen verlorene Marktanteile zurück.“

 

Können Sie konkrete Anwendungsbeispiele nennen?

Koyun: „Gerne. Bleiben wir bei der Baufinanzierung: Der Kunde öffnet die SuperApp, gibt die gewünschte Kreditsumme ein und bekommt sofort personalisierte Angebote. Über einen integrierten Chat oder Videocall lässt er sich beraten, lädt benötigte Unterlagen hoch, erhält eine (automatisierte) Prüfung – und kann den Kreditvertrag digital unterschreiben. Im Anschluss kann er weitere Dienstleistungen nutzen: passende Versicherungen, ein Umzugsunternehmen oder Handwerker. Alles in einer App, ohne Medienbruch.“

 

Wie verändert das den Vertrieb und das Marketing?

Koyun: „Durch die SuperApp entsteht ein personalisiertes Kundenerlebnis. Datenschutzkonform gesammelte Nutzungsdaten helfen dabei, Bedarfe frühzeitig zu erkennen. So lassen sich gezielte Angebote in Echtzeit ausspielen – zum Beispiel eine Autoversicherung nach einer Fahrzeugfinanzierung. Auch Geomarketing ist denkbar: Kunden erhalten standortbasierte Push-Nachrichten. Das erhöht die Relevanz der Angebote – und die Abschlussquote.“

 

Welche Rolle spielt Cross-Selling dabei?

Koyun: „Das ist ein wichtiger Punkt. Denn SuperApps eröffnen Banken neue Cross-Selling-Potenziale. Durch die Integration von Drittanbietern lassen sich neue Einnahmequellen erschließen; es werden nicht nur Finanz- sondern auch andere Dienstleistungen angeboten. Gleichzeitig wird die Kundenbindung gestärkt. Loyalty-Programme und Gamification – etwa Punktesysteme für Abschlüsse oder Empfehlungen – sorgen für regelmäßige App-Nutzung. So wird die App zur täglichen Anlaufstelle für verschiedenste Anliegen.“

 

Was ist der nächste Entwicklungsschritt? Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz (KI)?

Koyun: „KI wird SuperApps noch leistungsfähiger machen. Chatbots entwickeln sich zu autonomen KI-Agenten, die nicht nur Fragen beantworten, sondern auch beraten. Risikoeinschätzungen, Produktempfehlungen auf Basis der Nutzergewohnheiten, Betrugserkennung und Kunden-Onboarding – all das kann durch KI optimiert werden. Das Potenzial ist massiv.“

 

Trotzdem bleibt ein zentraler Punkt: Datenschutz. Wie lässt sich das gewährleisten?

Koyun: „Das ist das A und O. Die Akzeptanz von SuperApps steht und fällt mit dem Vertrauen in die Sicherheit und den Schutz der Daten und Nutzer. Deshalb muss die Plattform DSGVO-konform sein und zudem weitere branchenspezifischen Vorschriften erfüllen, etwa das Kreditwesengesetz und PSD2-Richtlinien für Bezahlvorgänge. Ohne das geht es in Deutschland nicht, und das ist richtig und wichtig. Schauen wir in andere Länder wie China oder USA. Dort setzen Tech-Giganten seit Jahren alles daran, möglichst viele persönliche Daten zu sammeln – nicht etwa zum Schutz der Nutzer, sondern um sie zu beeinflussen, ihre Gewohnheiten zu kontrollieren und ihr Verhalten zu kommerzialisieren. Die Folgen? Überwachung, Profilbildung, manipulative Werbung und der Verlust der digitalen Selbstbestimmung. Genau das darf hier in Europa nicht passieren. Wir brauchen eine Alternative: höchsten Datenschutz, umfassende Nutzerrechte – und Datenspeicherung ausschließlich in Europa. Denn wer die Kontrolle über die Identitäts- und Finanzdaten der Bürger hat, hat Macht. Diese Macht gehört nicht in die Hände globaler Konzerne – sondern unter demokratische Kontrolle.“

 

Wie wird höchste Sicherheit gewährleistet? Gerade im Finanzumfeld ist dies ein wesentlicher Faktor.

Koyun: „Die Basis für eine solche SuperApp – und damit eine geschützte, vertrauenswürdige Handelsplattform – ist eine hochsichere Technologieplattform mit mehrfachen Schutzschichten. Der Zugang erfolgt nur über vorher definierte Geräte. Die Anmeldung muss über eine Zwei-Faktor-Authentifizierung laufen. Jeder Nutzer erhält eine eindeutig verifizierte digitale Identität. Damit sind auch hochsensible Daten wie Finanzpläne sicher eingebunden. Während der Nutzung schützen Integritätsprüfungen, Echtzeit-Monitoring und mehrstufige Verschlüsselungen vor Missbrauch. So entsteht Vertrauen bei den Nutzern, und dies ist die Grundlage für eine breite Akzeptanz.“

 

Was sollte eine App für alles sonst noch mitbringen?

Koyun: „Ganz wichtig sind Vielfalt und Zugänglichkeit. Je mehr Services angeboten werden, umso breiter ist die Zielgruppe, die damit angesprochen wird. Und umso mehr Umsatzpotenzial entsteht. Mindestens ebenso wichtig ist die einfache Nutzung. Eine SuperApp sollte sich intuitiv bedienen lassen und barrierefrei sein. Es darf nur ein paar wenige Klicks brauchen, um dorthin zu gelangen, wo der User hinwill. Die Nutzerfreundlichkeit ist auf jeden Fall die Grundvoraussetzung für eine breite Akzeptanz einer solchen Lösung. Ist dies gegeben, wird die SuperApp zum täglichen Begleiter für Bankgeschäfte, aber auch andere Leistungen des digitalen Alltags. Was für Banken darüber hinaus noch wichtig ist: Zugänglichkeit. Mitarbeitende sollten kleinere Änderungen in der Oberfläche, zum Beispiel die Anpassung von Services, ganz einfach selbst übernehmen können. Auch die Implementierung sollte möglichst einfach sein und keine Hürden mit sich bringen, die Programmierung und last but not least auch die Kosten sollten überschaubar bleiben. So hat die Bank ein rundes SuperApp-Paket – für zufriedene Kunden und für die eigene sichere digitale Zukunft.“

 

Herr Koyun, vielen Dank für das Gespräch!

Interview geführt durch:

Ismet Koyun ist Pionier für digitale Sicherheit sowie Gründer und CEO von KOBIL, Weltmarktführer für digitale Identitäts- und Sicherheitslösungen. Als Kopf hinter Europas einziger SuperApp setzt er sich für die digitale Souveränität Deutschlands ein.

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