Die Bedeutung einer authentischen Employer Brand im Recruiting

Wer heutzutage erfolgreich rekrutieren will, sieht sich nahezu branchenübergreifend mit der sogenannten Arbeiterlosigkeit konfrontiert. Für viele Arbeitgebende wird es zunehmend schwieriger, qualifizierte Fach- und Arbeitskräfte für ihre offenen Stellen zu finden. Um sich erfolgreich von der Konkurrenz abzuheben, führt derzeit der Weg zu den Talenten über eine authentische Employer Brand. Warum das so ist und wie eine starke Arbeitgebermarke aufgebaut werden kann, erklärt Dr. Claudia Bibo, Senior Project Manager Employer Branding bei Monster Deutschland. 
Interview von DIGITALE WELT – Fremd Autorschaft
30. März 2023
Interviewpartner
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Frau Dr. Bibo – die Arbeitswelt ist aktuell von einem starken Wandel geprägt. Was hat das Ihrer Meinung nach mit dem Employer Branding von Unternehmen zu tun?
Talent Acquisition und personalwerbliche Maßnahmen müssen mit dem Wandel der Arbeitswelt Schritt halten. Wir können weder wie vor zwanzig Jahren rekrutieren noch die neuen Erwartungen an Arbeitgebende unberücksichtigt lassen. Diese Veränderungen der Arbeits- und Jobwelten haben Auswirkungen auf das Employer Branding. Wer also Talente unterschiedlicher Generationen und Zielgruppen gewinnen will, muss sich ihren Anforderungen stellen und sein Angebot nach innen und außen glaubhaft zeigen.

Sie sprechen von ‘neuen Erwartungen’. Was genau meinen Sie damit? 
Aktuell haben wir das Generationen-Alphabet komplettiert. Die Gen Z, junge Menschen, die zwischen 1995 und 2010 geboren sind, zieht in die Unternehmen ein. Vergleichen wir sie zum Beispiel mit den Bedürfnissen anderer Generationen wie den Baby-Boomern, so stellen wir fest: Die Gen Z dreht alles auf Null. Mit flexiblen Arbeitszeiten, Home-Office, Gesundheitsmanagement und vor allen Dingen der Sinnhaftigkeit eines Jobs stellt sie komplett andere Anforderungen an einen Arbeitsplatz als zuvor. Statt Leben, um zu arbeiten, zählt nun Leben und Arbeiten als fließender Prozess. Statt Arbeitgebermarkt bewegen wir uns heute im Bewerbermarkt. Auf diesen Wechsel in den Paradigmen gilt es, als Arbeitgebende mit den passenden Strategien zu antworten.

Denken Sie, dass genügend Unternehmen in Deutschland sich den gestiegenen Anforderungen an Arbeitgebende bewusst sind? 
Ja, insgesamt sehen wir hier bei Monster, dass die meisten Unternehmen in Deutschland die Zeichen der Zeit erkannt haben. Viele arbeiten daran, ihre Attraktivität als Arbeitgebende zu verbessern. Das fängt bei den Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen an und reicht bis hin zur Entwicklung und Umsetzung einer Employer Branding-Strategie. Allerdings gibt es auch Unternehmen, die sich der Bedeutung einer starken Arbeitgebermarke für die Gewinnung und Bindung von Talenten noch nicht bewusst sind.

Welche Bedeutung hat denn die Employer Brand? 
Die Bedeutung ist groß. Die Employer Brand – oder Arbeitgebermarke – ist die stärkste nicht finanzielle Motivation, warum sich ein potenzieller Kandidat oder eine Kandidatin bei einem Unternehmen bewirbt, beziehungsweise warum sich ein:e Mitarbeiter:in langfristig bindet. Und je stärker und attraktiver die Marke ist, umso einfacher gelingt das Recruiting – umso besser ist der Ruf und das Image als Arbeitgeber:in.
Doch was zeichnet eine starke Employer Brand aus? Es sind die positiven Assoziationen mit einem Unternehmen als Arbeitgeber:in aus Sicht der Bewerbenden und Mitarbeitenden. Und was meines Erachtens noch viel wichtiger ist:  Die Arbeitgebermarke bringt die unverwechselbare Identität eines Unternehmens als Arbeitgeber:in auf den Punkt. Sie hält nach innen und außen, was sie verspricht. Authentizität ist ein mächtiger Aspekt. Denn der Krieg der Sterne ist auf diversen Bewertungsplattformen längst im Gange.

Wie lässt sich das Spannungsverhältnis von Außenauftritt und Unternehmensalltag denn Ihrer Meinung nach meistern? 
Natürlich kann es eine Herausforderung sein, Versprechen und Botschaften in der Außenkommunikation auch tatsächlich umzusetzen. Von daher kann dieses Spannungsverhältnis nur dann erfolgreich gemeistert werden, wenn eine ehrliche und transparente Kommunikation erfolgt. Heißt: Das Unternehmen als Arbeitgeber:in spricht klar, welche Werte es vertritt, was es von seinen Mitarbeitenden erwartet und welche Vorteile es bietet. Ob es um Botschaften in einer Stellenanzeige oder auf einer Karriereseite geht – sie müssen das Erwartungsmanagement einlösen. Bei falschen Versprechen sind Enttäuschungen vorprogrammiert. Ehrlichkeit und Authentizität zahlen sich daher im Recruiting aus. Die realistische Tätigkeitsvorschau, kurz RJP (Realistic Job Preview), ist das Instrument der ersten Wahl, um sich als Arbeitgeber:in der ersten Wahl zu positionieren.

Wenn Sie einem Unternehmen einen Fahrplan schreiben könnten, wie sähe er aus, um ein gelungenes und vor allen Dingen nachhaltiges Employer Branding zu betreiben? 
Eines vorab: Employer Branding ist ein langfristiger Prozess und wird individuell auf das jeweilige Unternehmen abgestimmt. Maßgeschneiderte Strategien und Inhalte statt „one-fits-all“ lautet der Ansatz. Ein Employer Branding-Fahrplan könnte folgende Schritte umfassen: Am Anfang steht die Analyse und Bestandsaufnahme der aktuellen Employer Brand mit den Fragen nach Stärken und Schwächen und wie die Marke derzeit von potenziellen Kandidat:innen wahrgenommen wird. Nach der Definition der Zielgruppen stellt die Entwicklung der Employer-Value-Proposition (EVP, das Alleinstellungsmerkmal als Arbeitgeber:in) einen wichtigen Meilenstein dar. Hierbei erweist sich der Storytelling-Ansatz als ein perfektes Mittel, um schnell und mit hoher Wirkung auf die Zielgruppen eine strategische Arbeitgebermarke zu entwickeln. Obendrein führt Storytelling durch die Einbindung der eigenen Belegschaft in die Entwicklung der Employer Brand zu einer hohen Identifikation mit dem Projekt „Arbeitgebermarke“. Auf Basis der neu gewonnenen Erkenntnisse folgen dann in den nächsten Schritten die Entwicklung und Umsetzung der Employer-Branding-Strategie in Bezug auf Maßnahmen und Ziele. Dazu gehören zum Beispiel, wie Stellenanzeigen zu gestalten sind, ebenso wie die Einrichtung von attraktiven Arbeitsbedingungen. Last but not least sollte das Unternehmen regelmäßig die Wirksamkeit der Maßnahmen sowie den Erfolg der Employer Brand bei den Zielgruppen überwachen und bei Planabweichungen Korrekturen vornehmen. Denn Employer Branding ist ein kontinuierlicher Führungs- und Managementprozess, der langfristig an den Bedarfen und Zielgruppenerwartungen weiterentwickelt werden muss, um erfolgreich zu bleiben.

Inwiefern kann dieser Prozess für ein Unternehmen profitabel sein? 
Die Erfahrung zeigt: Ein erfolgreicher Employer Branding-Prozess kann dazu beitragen, nicht nur im Wettbewerb um die besten Fach- und Führungskräfte vorne zu liegen, sondern auch die Zufriedenheit und Bindung von Mitarbeitenden an das Unternehmen zu erhöhen. Beides führt schlussendlich dazu, die Kosten für Personalbeschaffung zu senken und insgesamt Image und Produktivität des Unternehmens zu verbessern. Dank einer attraktiven Arbeitgebermarke wird es einfacher, offene Stellen zu besetzen und die richtigen Talente zu finden. Zudem weisen Unternehmen mit einer positiven Employer Brand eine geringere Fluktuation auf. Mitarbeitende, die sich in einem hohen Maße mit ihrem Unternehmen identifizieren und stolz auf ihre Arbeit sind, erzielen in der Regel bessere Arbeitsergebnisse und sind produktiver. Aus all den genannten Gründen trägt Employer Branding dazu bei, die Profitabilität und Rentabilität eines Unternehmens spürbar zu steigern.

Interview geführt durch:

Extern geführte und eignereichte Experten-Interviews rund um unsere Themenschwerpunkte. DW prüft und untersagt werbliche Inhalte, nimmt sonst aber keine redaktionellen Korrekturen oder Eingriffe vor.

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