Produktivität – und wo sie zu finden ist

Spätestens mit dem Einsatz von KI und den Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben, ist es an der Zeit, einen Blick auf die Produktivität der Deutschen zu legen und zu schauen, welche Faktoren maßgeblich die Produktivität beeinflussen können. Im Rahmen eines Interviews ist Maisberger auf Stimmenfang gegangen – befragt wurden Nina Koch, Andreas Kunz, Ivan Cossu  und Jan Rodig.
Interview von DIGITALE WELT Magazin
18. September 2024
Interviewpartner
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Nina Koch

Director Customer Success Continental Europe bei Slack

Im Januar 2022 kam Nina Koch zu Slack, einem Salesforce-Unternehmen. Ihre Aufgabe bei Slack ist es, ein Team aus verschiedenen Customer Success Managern in ganz Europa aufzubauen, die Kunden durch die Nutzung der Automatisierungs-, Wissens- und Verbindungsfunktionen der Plattform zum Erfolg verhelfen können. Nina hat eine Leidenschaft dafür, Kunden zu unterstützen und die Produktivität durch innovative Lösungen und schließlich der Veränderung eigener Routinen zu steigern. Nina ist eine erfahrene Führungspersönlichkeit, die in verschiedenen Positionen in der Technologiebranche gearbeitet hat. Sie begann ihre Karriere bei Microsoft im Jahr 2004 und arbeitete in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Produktmarketing für Office. Danach unterstützte sie Unternehmenskunden und baute den Cloud-Vertriebskanal in der Schweiz auf. Nina arbeitete auch als Praktikantin im Bereich Device Lead und half Partnern beim Aufbau neuer Geschäftsfelder. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland arbeitete Nina als Customer Program Manager, bevor sie als Partner Development Manager das Partner-Ökosystem weiter ausbaute. Später entschied sie sich dafür, Kunden bei der Wertschöpfung aus ihren erworbenen Business Applications-Lizenzen zu unterstützen. Mit ihrem Team half sie den Kunden, Anwendungsfälle zu identifizieren und mit der Implementierung einen Mehrwert zu erzielen. Nina Koch lebt derzeit mit ihrem Mann und ihrem Hund im 5-Seenland von München.

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Produktivität – und wo sie zu finden ist

 

 

Spätestens mit dem Einsatz von KI und den Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben, ist es an der Zeit, einen Blick auf die Produktivität der Deutschen zu legen und zu schauen, welche Faktoren maßgeblich die Produktivität beeinflussen können. Im Rahmen eines Interviews ist Maisberger auf Stimmenfang gegangen – befragt wurden Nina Koch, Andreas Kunz, Ivan Cossu  und Jan Rodig:

 

Hallo Frau Koch, Ihr Unternehmen hat zum Thema Produktivität eine neue Studie herausgebracht. Welche Ergebnisse finden Sie besonders spannend?

Nina Koch: “Die neuesten Erkenntnisse unserer Studie zeigen, wie die Produktivität im Arbeitsalltag dank KI und Automatisierung gesteigert werden kann. So berichten 31 Prozent der Befragten von einer Produktivitätssteigerung durch den Einsatz von KI-Tools. Auch die Reduzierung von Meetings erhöht die Produktivität deutlich. Mehr als drei Stunden Meetings pro Tag empfindet die Mehrheit der deutschen Beschäftigten als zu viel. Eine eigenverantwortliche Einschätzung der Dringlichkeiten sowie gezielte Guidance der Führungskräfte sind hier essenziell.“

 

Konnten Sie feststellen, wann die Deutschen am produktivsten sind?

Nina Koch: „Wir haben ebenfalls herausgefunden, dass die “Knoppers-Zeit” – also halb zehn Uhr morgens – ein Produktivtätshoch markiert. Auch das Nachmittagstief ist real: Für 20 Prozent der Befragten ist die Zeit zwischen 14 und 16 Uhr die unproduktivste. Trotzdem oder gerade deshalb bin ich ein Fan von flexiblen Arbeitszeitmodellen. Sie ermöglichen es uns, dann zu arbeiten, wenn wir am produktivsten sind. Während „Early Birds“ wie ich mit den ersten Sonnenstrahlen die besten Ideen ausbrüten, steigen die „Night Owls“ erst mit Einbruch der Dunkelheit zu produktiven Höhen auf.“

 

Haben Sie einen persönlichen Produktivitäts-Tipp?

Nina Koch: „Mein persönlicher Produktivitäts-Booster: Regelmäßige Spaziergänge an der frischen Luft mit meinem Hund. „Im Arbeitsalltag finde ich To-do-Listen sehr praktisch, um den Workload besser zu strukturieren und nichts Wichtiges zu vergessen.”

 

Herr Kunz, auch in Ihrem Unternehmen wird das Thema Produktivität großgeschrieben. Wie spiegelt sich das in Ihrem Produkt-Portfolio wider?

Andreas Kunz: „Unser Motto im Unternehmen: Klarer Kopf, produktive Arbeit – was für den Geist gilt, trifft auch auf unseren Workspace zu. Moderne Technologien haben die Arbeitswelt revolutioniert und Flexibilität zur neuen Norm gemacht. Der Wechsel von Desktops zu Laptops war ein großer Schritt, doch wussten Sie, dass die Nutzung einer Maus statt eines Trackpads die Produktivität um 50 Prozent und das Arbeitstempo um 30 Prozent steigern kann? Eine einfache Ergänzung, die den Komfort, die Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden erheblich verbessert. Gerade in der Wissensbranche, wo Tastatur, Maus und Headset täglich zum Einsatz kommen, ist es erschreckend, wie wenig Aufmerksamkeit Unternehmen diesen Werkzeugen schenken.“

 

Was denken Sie, wie gut Mitarbeitende heute für das Büro und Homeoffice ausgestattet sind?

Andreas Kunz: „Wir haben festgestellt, dass vielen Mitarbeitenden das nötige ergonomische Setup fehlt, was im Alltag spürbare negative Folgen hat. Besonders im Homeoffice, wo flexible Arbeit oft auf unzureichende Ausstattung trifft, leiden viele unter Nackenbeschwerden. Unsere Logitech-Umfrage zeigt: 50 Prozent der neu im Homeoffice Arbeitenden klagen über solche Beschwerden, im Vergleich zu nur 16 Prozent im Büro. Ein ergonomischer Arbeitsplatz ist also entscheidend für Produktivität und Wohlbefinden – hier muss angesetzt werden!“

 

Herr Cossu, hybrides Arbeiten rückt immer mehr in den Fokus und ist auch für Ihr Unternehmen ein spannender Punkt. Wie sieht es denn gerade in deutschen Büros aus?

Ivan Cossu: „Egal was viele CEOs sagen, Hybrid Work ist längst zum gängigen Arbeits-Modell in Deutschland geworden und hat sich durchgesetzt. Unser kürzlich veröffentlichter „Desk Sharing Index Germany“ verdeutlicht, dass individuelle Lösungen essenziell sind, damit Teams effizient arbeiten und Unternehmen wirtschaftlich bleiben. Zum Beispiel zeigen die Daten, dass für die Arbeitnehmenden eine Präsenz im Büro von zwei bis drei Tagen pro Woche ideal ist. Am beliebtesten sind bei den Arbeitnehmenden in den acht größten deutschen Städten Mittwoch mit einer durchschnittlichen Büroauslastung von 68 Prozent, dicht gefolgt von Dienstag (67 Prozent) und Donnerstag (66,5 Prozent). Am Montag sind es noch knapp 59 Prozent. Kurz vor dem Wochenende am Freitag zieht es deutlich weniger Personen in die Büros; die durchschnittliche Auslastung liegt hier nur bei 46 Prozent.“

 

Welche Chancen bietet diese Auswertung für Unternehmen?

Ivan Cossu: „Diese Zahlen bieten Unternehmen die Möglichkeit, beispielsweise an weniger frequentierten Tagen das Büro zu schließen, um den Anforderungen der Belegschaft gerecht zu werden und gleichzeitig Kosten für Heizung oder Strom zu sparen. Des Weiteren werden Büros in Zukunft stärker umgestaltet. Über alle Unternehmensgrößen hinweg ist die Auslastung der Schreibtische laut unserem Index mit einem durchschnittlichen Höchstwert von 38 Prozent nämlich eher gering. Es ist also viel Platz da, der in kollaborative und soziale Bereiche umgewandelt werden will. Deshalb ist für uns auch klar: Das Büro wird in Zukunft immer datengetriebener und die KI wird uns eine Menge Analysearbeit abnehmen.“

 

Steigert Hybrid Work wirklich die Produktivität?

Noch immer sind einige Unternehmen nicht ideal dafür gerüstet und lassen noch viele Produktivitätspotenziale liegen. Gleichzeitig muss uns bewusst sein, dass es sich hier um eine Gratwanderung handelt. Denn hybride Arbeitsformen können zu einer fragmentierten Unternehmenskultur führen, wenn klare Richtlinien fehlen. Ein neugestaltetes Büro allein kann den Mangel an Verbindung und Koordination der Teammitglieder nicht ausgleichen. Es gilt nun, das Hybridmodell für Unternehmen völlig neu zu denken! Denn unkoordiniertes hybrides Arbeiten kann die Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen deutlich verringern und erhebliche Kosten für eine Organisation bedeuten. Die richtige Koordination von Hybrid Work – etwa mit Tools für das transparente Arbeitsplatzmanagement – hingegen steigert die Produktivität um bis zu einen Tag pro Woche und Mitarbeiter:in und erhöht so nachhaltig die Zufriedenheit im Team! Zufrieden, produktiv und teilweise zurück im Büro – dieses Zielbild sollte jedes Unternehmen verfolgen.

 

Herr Rodig, welcher Faktor spielt KI für den Arbeitsalltag in Unternehmen?

Jan Rodig: „Generative KI wie ChatGPT beeinflusst bereits heute den Arbeitsalltag in vielen Unternehmen und hat den Umgang mit KI erstmals für eine breite Masse zugänglich und greifbar gemacht. Diese großen Sprachmodelle (LLMs) entstehen durch das Training mit riesigen Datenmengen. Mit Retrieval Augmented Generation (RAG) lässt sich der Mehrwert von LLMs für Unternehmen deutlich steigern. Statt ausschließlich auf öffentlich zugängliche und häufig veraltete Daten zuzugreifen, nutzt ein RAG LLM primär die eigenen Daten des Unternehmens – bei Beratungen beispielsweise Projektunterlagen, Vorgehensmodelle und Studien. Die Antworten des RAG LLM basieren daher im Wesentlichen auf dem Know-how des Unternehmens selbst – somit sind sie präziser, passen inhaltlich deutlich besser und die LLM-typischen Halluzinationen können deutlich reduziert werden. Ergebnis: Manche Aufgabenstellungen bzw. Arbeitsschritte wie zum Beispiel die Datenaufbereitung oder Rechercheaufgaben können um den Faktor 3-8 schneller bearbeitet werden.“

 

KI kann also „alles“ verändern, oder?

Jan Rodig: „Der Einsatz von KI hat nicht nur massive Auswirkungen auf den konkreten Arbeitsalltag von heute und morgen sowie auf die Effizienz der Ressourcennutzung. Langfristig müssen auch Karrierewege und Trainings auf den Prüfstand gestellt werden. So wird etwa die Frage, wie sich unternehmerisches Urteilsvermögen entwickeln lässt, wenn man sich bei seinen Entscheidungen zunehmend auf KI verlässt, die Branche immer stärker beschäftigen. Auch wenn KI die Berater:innen bei ihrer Entscheidungsfindung unterstützen oder bei kreativen Aufgaben inspirieren kann, sind echte Praxiserfahrungen und ein tiefes Verständnis für Kunden und Branchen nach wie vor unerlässlich für eine wirksame Beratung. Verlassen sich Consultants allzu sehr auf die Ergebnisse der KI, ohne diese selbst einer grundlegenden Analyse zu unterziehen, kann die Beratungsqualität sinken – dafür muss das Bewusstsein geschärft werden.“

 

Produktivitätspotenziale in der modernen Arbeitswelt

Moderne Technologien und flexible Arbeitsmodelle sind zentrale Hebel für die Steigerung der Produktivität, da sind sich die Stimmen aus der Wirtschaft einig. Die Etablierung von KI-Tools, die Reduzierung von Meetings, eine ergonomische Arbeitsplatzausstattung und klare Richtlinien für Hybrid Work – alles entscheidende Faktoren für ein produktiveres Miteinander und ein Hebel im Kampf gegen den Fachkräftemangel, der dazu führt, dass Ressourcen vielerorten knapp sind und Effizienz gefragter denn je. Unternehmen müssen diese Entwicklungen aktiv gestalten, um die Potenziale voll auszuschöpfen und gleichzeitig das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden zu fördern.

Interview geführt durch:

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