Die digitale Transformation ist eine der großen Herausforderungen, denen sich Unternehmen stellen müssen, wenn sie auch morgen noch wettbewerbsfähig sein wollen. Die Vision der vollständig digitalisierten internen Geschäftsprozesse klingt verlockend: wäre es nicht toll, wenn alle Geschäftsprozesse wie z.B. die Abwicklung von Kundenaufträgen, Bestellungen oder Liefervorgänge automatisiert von intelligenten Softwareprogrammen abgewickelt würden? Der Mensch müsste keine Zeit mehr mit stumpfsinnigen repetitiven Tätigkeiten verbringen und kann sich interessanter Aufgaben widmen. In der Praxis gestaltet sich diese Transformation allerdings schwierig, nicht zuletzt aufgrund der z.T. erheblichen Komplexität und der mangelnden Transparenz der verschiedenen Prozesse. Process Mining kann hier einen erheblichen Beitrag leisten um Prozesse und Komplexitäten transparent darzustellen und Verbesserungspotentiale zu identifizieren.
Modernes Process Mining ist in der Lage, Millionen von Einzelvorgänge strukturiert darzustellen. Grundlage ist eine entsprechende Datenbasis, aus der alle einzelnen Vorgänge abgegriffen werden können. Diese kann bei Großkonzernen, die ihr Geschäft i.d.R. weltweit auf verschiedene Systeme verteilt haben, z.B. durch einen zentralen Data Lake geschaffen werden. Die Sammlung der Rohdaten aus den Quellsystemen in einen zentralen Datentopf stellt keine große technische Herausforderung dar. Die Herausforderung liegt hingegen in der richtigen Interpretation der Daten, da diese i.d.R. nicht standardisiert sind. Selbst bei strukturierten Daten aus ERP Systemen des gleichen Herstellers kann diese Datennormierung der wesentliche Aufwandstreiber sein, um ein konsistentes Data- bzw. Process Mining aufzubauen.
Denn die Nutzer z.B. aus der Einkaufs-, Logistik- oder Finanzabteilung erwarten, dass auch mehrschichtige Einkaufs- oder Liefervorgänge End2End, d.h. über die gesamte Prozesskette hinweg vollständig und korrekt abgebildet werden. Dies kann bei einzelnen Prozessen, wie z.B. beim Order2Cash Prozess über 70 einzelne Prozessschritte beinhalten, die in vielen verschiedenen Systemen für Millionen von Aufträgen abgewickelt werden. Eine saubere Interpretation und Programmierung der Rohdaten ist die Grundlage, um komplexe Bestellvorgänge vollständig darzustellen – über Landes-, System- und Organisationsgrenzen hinweg.
Aber der Aufwand lohnt: die durch Process Mining geschaffene globale Transparenz ist die quantitative Grundlage für eine nachhaltige digitale Transformation interner Prozesse. Denn nur so lassen sich der aktuelle Ist-Zustand messen, Maßnahmenpakete definieren und die Verbesserungen täglich verfolgen. Und eine alte unternehmerische Weisheit besagt: „nur was sich messen lässt, lässt sich auch managen“. Gemessen werden kann der Durchlauf einer einzelnen Kundenbestellung, aber auch in jeglicher Aggregationsform bis hin zu globalen Transparenz der Prozessabwicklung von Millionen von Vorgängen weltweit. In Sekundenschnelle werden Durchlaufzeiten, Prozessschleifen und Verzögerungen dargestellt. Dies ermöglicht es nicht nur, Prozessineffizienzen zu identifizieren, sondern auch den jeweils Geschäftsverantwortlichen zuzuordnen.
Process Mining ist ein Mittel zum Zweck. Eine Transparenzmaschine, mit der eine Organisation seine digitale Transformation steuern kann. Ähnlich einem Röntgengerät, mit dem die biologische Transparenz geschaffen wird um einen Heilungsprozess zu steuern. Als operatives Steuerungsinstrument der digitalen Transformation bieten sich einfache KPIs wie z.B. eine digitale FIT-Rate an. Diese lässt sich als Quotient aus der Anzahl der manuellen Prozessschritte und den Aufträgen ermitteln. Dargestellt wird also, wie oft jeder einzelne Auftrag durchschnittlich manuell „angefasst“ werden muss. Aktueller und gewünschter Status lassen sich definieren, wodurch dieser KPI eine effiziente Steuerung der verantwortlichen Geschäftseinheiten erlaubt. Zudem werden unternehmensweite benchmarks möglich sowie ein einfaches unternehmensweites knowledge sharing, da die Einheiten mit Verbesserungspotentialen von den besten Einheiten lernen können. In der Praxis haben sich hierbei erstaunliche Fortschritte gezeigt, d.h. erhebliche Verbesserungen in der Digitalisierung der Prozessabläufe mit den entsprechenden Vorteilen hinsichtlich Aufwandsreduktion und einer Beschleunigung der Prozessabwicklung.
Mit Process Mining lässt sich somit jederzeit ein digitaler Zwilling der tatsächlichen Geschäftsabläufe darstellen. Als digitaler Zwilling wird hierbei ein dynamisches Softwaremodell verstanden, welches die tatsächlichen Prozessabläufe in einem Unternehmen visualisiert. Der digitale Zwilling ermöglicht u.a. eine Identifikation von Prozessstörungen, von Abweichungen vom Idealprozess sowie eine Bestimmung des aktuellen Digitalisierungsgrades. Hierdurch wird die Brücke geschlagen zwischen Process Mining – welches die tatsächlichen Prozessabläufe darstellt – und Business Process Management, welches die idealen Prozessabläufe in der Theorie darstellen kann.
Für die digitale Transformation hat sich Process Mining als ein effektives Werkzeug erwiesen, da es die erforderliche Transparenz für eine quantitative und qualitative Steuerung der Transformation schafft.
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