Die Evolution der Finanzprozesse: Die Rolle einer dezentralen Finanzverwaltung

Finanzprozesse überwachen, Budgets verwalten, Kosten prüfen - wohl keine andere Abteilung im Unternehmen ist enger mit dem Begriff Kontrolle verbunden als die Finanzabteilung. Doch was genau bedeutet Kontrolle und wie wandelt sich ihre Bedeutung angesichts der zunehmenden Forderung nach Agilität?
Von   Jens Leucke   |  General Manager DACH   |  Pleo Technologies GmbH
14. Dezember 2023

Die Evolution der Finanzprozesse: Die Rolle einer dezentralen Finanzverwaltung

 

Die Finanzabteilung ist die Instanz im Unternehmen, in der die harten Fakten zusammenlaufen und immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden. Und wenn es eine Personifizierung der umfassenden Kontrolle in Unternehmen gibt, dann ist es der/die Chief Finance Executive (CFO). Denn von ihm/ihr wird erwartet, dass er/sie die Verantwortung für alle finanziellen Angelegenheiten des gesamten Unternehmens schultert.

Für eine einzelne Person ist das eine Herkulesaufgabe. Gerade angesichts der zunehmenden Komplexität wird diese Rolle überfrachtet. Und das kann Folgen haben: Liegt die gesamte Kontrolle in den Händen eines Einzelnen, kann dies zu langwierigen Prozessen, erschwerter Entscheidungsfindung und schwindendem Vertrauen führen.

Die Lösung liegt darin, die Kontrolle besser zu verteilen. Das bedeutet: Unternehmen sollten ihren Mitarbeiter:innen die Befugnis geben, Zahlungen, Rückerstattungen und die allgemeine Verwaltung ihrer Finanzen selbst zu erledigen. Anstelle der Kontrolle durch eine einzige Instanz sollten Finanzteams daher eine verteilte Kontrolle in Betracht ziehen. Auf diese Weise können Unternehmen nicht nur die Kontrolle über ihre Finanzen verbessern, sondern sich auch mit mehr Bereitschaft, Flexibilität und Gelassenheit auf eine unvorhersehbare Zukunft vorbereiten.

 

Warum diese Veränderung gerade jetzt?

 

Weil das wirtschaftliche Umfeld anspruchsvoller geworden ist. Unternehmen agieren heute in einer Ära des raschen Wandels und unvorhersehbarer Herausforderungen, in der Agilität wichtiger denn je ist. Laut McKinsey & Co kann mehr Agilität zu 30 Prozent mehr Effizienz, Kundenzufriedenheit, Mitarbeiterengagement und Leistung führen. Dies ist besonders wichtig für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Aufgrund begrenzter Personal- und Budgetressourcen stehen sie täglich vor der Herausforderung, mit weniger mehr zu erreichen.

Die verteilte Kontrolle der Finanzen ist ein Mittel, um die Agilität im Unternehmen zu erhöhen. Die Teams werden es dem Unternehmen mit mehr Autonomie, Kreativität, Eigeninitiative und innovativen Ideen danken. Und das Finanzmanagement hat mehr Zeit, sich auf strategische Pläne zu konzentrieren.

Aber es geht um mehr: Die teilweise Übertragung von Finanzprozessen in die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden ist ein enormer Vertrauensbeweis. Und Vertrauen ist heute einer der wichtigsten – wenn nicht der wichtigste – Faktor in der Beziehung zwischen Organisation und Mitarbeitenden: Vertrauen schafft ein Umfeld, in dem sich Mitarbeitende wertgeschätzt fühlen, was Loyalität, Motivation, Leistung und Teamgeist steigert. Untersuchungen der Harvard Business Review zeigen, dass Mitarbeitende in Unternehmen mit hohem Vertrauen 106 Prozent mehr Energie und 50 Prozent mehr Produktivität aufbringen, während sie 74 Prozent weniger Stress erleben als Mitarbeitende in Unternehmen mit geringem Vertrauen.

In diesem Zusammenhang hat „Kontrolle“ eine ganz andere Bedeutung als die überbordende Bürokratie. Im Folgenden wird skizziert, wie Führungskräfte das Thema Kontrolle in einer neuen Ära des Ausgabenmanagements neu interpretieren sollten.

 

Kontrolle kommunizieren

 

Ein wesentlicher Aspekt von Kontrolle ist heute Transparenz. Das heißt: Die Mitarbeitenden aller Abteilungen müssen von Anfang an Klarheit über alle für sie geltenden Abläufe und Richtlinien haben. Das ist leider viel zu wenig der Fall. Oft wird den Mitarbeitenden erst mitten im Genehmigungsprozess erklärt, welche Restriktionen oder welcher bürokratische Aufwand damit verbunden sind. Das ist so, als würde man einem/einer Mitspieler*in die Regeln des Spiels erst in der Halbzeitpause erklären.

Das kostet das Finanzteam nicht nur viel Zeit. Auch Ärger ist vorprogrammiert, etwa weil die Ausgaben zu hoch sind oder weil Mitarbeiter*innen ihre Ausgaben aufgrund unklarer Spesenrichtlinien nicht erstattet bekommen. Mit klaren Erwartungen und Ausgabenrichtlinien sind Ihre Teams immer auf dem Laufenden. Dank dieser Klarheit wissen sie immer genau, welche ihrer Ausgaben vom Unternehmen erstattet werden. Dadurch sinkt das Risiko, dass sie auf ihren Ausgaben sitzen bleiben.

Unternehmen sollten frühzeitig Richtlinien festlegen. Sie sollten sich aber davor hüten, diese für das gesamte Unternehmen einheitlich durchsetzen zu wollen. Schließlich unterscheiden sich die Budgets der einzelnen Abteilungen zum Teil erheblich. Es braucht also jeweils maßgeschneiderte Richtlinien, die klare Erwartungen und Grenzen definieren. Nur so kann die Zufriedenheit aller Prozessbeteiligten sichergestellt werden.

 

Die Zugänglichkeit der Kontrolle

 

Jedes zukunftsorientierte Unternehmen, das sich auf dem Weg der digitalen Transformation befindet, sollte damit begonnen haben, aus seinen Daten Schlüsse zu ziehen. Gerade in den Daten zu den Unternehmensausgaben steckt viel wertvolles Wissen. In moderne Ausgabentools und -software eingespeist, können sie wertvolle Erkenntnisse liefern, die den Finanzverantwortlichen helfen, Gewohnheiten zu erkennen und Budgets neu zu planen. Darüber hinaus ermöglicht die Nutzung von Daten prädiktive Analysen, um Risiken und Chancen aufzudecken, die sonst möglicherweise übersehen würden.

Um dies zu erreichen, müssen Unternehmen im Voraus sicherstellen, dass die Dateninfrastruktur solide und die Daten korrekt sind. Nur dann können sich die Teams auf die Ergebnisse verlassen. Dies wird nicht nur zu Erkenntnissen führen, die den Weg in die Zukunft erhellen, sondern auch den Druck auf die CFOs verringern, die zu wichtigen Partnern der CEOs werden.

 

Wie Unternehmen vom Controlling profitieren können

 

Die Gestaltung und Steuerung zukunftsorientierter Arbeit ist ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess. Zukunftsorientierte CFOs sollten jedoch erkennen, dass Kontrolle nicht zwangsläufig einschränkend sein muss – im Gegenteil, sie kann sich als befähigend erweisen.

In Zukunft eine weitere Entwicklung eine neue Perspektive auf das Thema Kontrolle und Transparenz werfen: Künstliche Intelligenz (KI) wird bald weltweit in nahezu jedem Unternehmen eine bedeutende Rolle spielen, um die Produktivität zu steigern. Das wird sich durch alle Bereiche des Unternehmens ziehen, auch die Finanzabteilung und die Prozesse nochmals beschleunigen. Um so wichtiger ist es, vorbereitet zu sein, um auch unter diesen Bedingungen Kontrolle und Transparenz zu bewahren, aber auch Sicherheit durch geben, da Mithilfe von KI  jeder Mitarbeiter dabei unterstützt werden kann, Fehler zu vermeiden und auf ineffiziente Abläufe aufmerksam gemacht zu werden.

Schon heute gilt jedenfalls: Kontrolle ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Arbeit – und gleichzeitig ein Weg für Unternehmen, Einsatzbereitschaft, Agilität und Sicherheit zu erreichen. Allerdings hilft es den Finanzteams nicht, die Kontrolle auf einige wenige Personen zu beschränken. Zusammen mit einer klaren Ausgabenpolitik, einem Ausgabenreporting in Echtzeit und Prozessen, die für alle funktionieren, sollten die Teams für die Zukunft bestens gerüstet sein. So ungewiss diese auch sein mag.

Jens Leucke ist General Manager und Head of DACH beim dänischen Fintech Pleo. Dort konzentriert er sich darauf, kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit zu geben, Prozesse im Bereich Ausgaben- und Rechnungsmanagement zu vereinfachen und zu automatisieren.

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