Autonomous Innovation. Zukunftsmusik oder bereits vernehmbare Sinfonie?

Von   Prof. Dr. Johann Füller   |  Stiftungsprofessor Universität Innsbruck/ Vorstand   |  HYVE
26. April 2018

Wenn wir über die Zukunft der Innovation sprechen, beschäftigen wir uns vermehrt mit autonomer Innovation. Gerade im Bereich der Mobilität beobachten wir rasante Entwicklungen, deren Rückschläge wie Erfolge.
Autonome Innovation beschreibt die von Maschinen, Robotern und künstlicher Intelligenz unterstütze bzw. übernommene Innovation. Sie ist ein weiterer Schritt die Art des Innovierens neu zu denken! Nach Open Innovation – der Öffnung des Innovationsprozesses und dem Aufbau von Inkubatoren und Acceleratoren für die Zusammenarbeit mit innovativen Startups geht es in Zukunft verstärkt um die Nutzung und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). 

Künstliche Intelligenz als Revolution der Innovation

Schon in meiner Kindheit war ich vom Gedanken fasziniert, dass Mensch und Roboter gemeinsam an kniffligen Herausforderungen arbeiten. Als Star Wars-Fan faszinierte mich, dass R2-D2, Luke Skywalker, C-3PO, Obi-Wan/Ben Kenobi beste Freunde sind. Diese damals rein fiktive und dennoch so „natürlich“ erscheinende Kollaboration von Mensch und Maschine scheint mithilfe von Künstlicher Intelligenz zumindest in Teilen bald wahr zu werden. Aus Utopie wird (be)greifbare Realität. Schon jetzt kann man Alexa, Siri oder Cortana nach dem Wetter fragen, bei ihnen Pizza bestellen oder banale Fragen beantwortet bekommen. In den Werbevideos von Boston Dynamics gibt es Roboter, die aus dem Stand einen Salto schlagen können. Das mache der ungeübte Sportler einmal nach. Besser nicht, wenn sie nicht gerade Hochleistungsturner sind!

In einer Zeit zunehmender Digitalisierung stellt sich die Frage, wie sich Künstliche Intelligenz und Roboter für das Innovieren einsetzen lassen. – Natürlich ist nicht davon auszugehen, dass die gemeinsame Innovation auf Anhieb so gut und reibungslos wie bei Star Wars klappt, und trotzdem gibt es bereits jetzt viele einzelne Aufgaben, die durch die Nutzung von KI verbessert, beschleunigt oder sogar teilautonom von Robotern erledigt werden können. Wer hat schon Lust, tagelang in Archiven oder auf Datenbanken nach beispielweise Patenten zu suchen oder in Social Media Foren und im Internet nach bestimmten Trends und Kundenbedürfnissen Ausschau zu halten? Wäre es nicht schön, Alexa zu bitten, mir alle relevanten Patente zu zeigen, die das Thema E-Mobilität mit Fahrrädern umfasst oder die Frage zu stellen, welche Anforderungen Hippster beim Kauf oder Leihen von Elektrofahrrädern haben? Was deren Lieblingsausrüstung ist und welche Probleme am häufigsten bei der derzeitigen Nutzung auftreten?

Dass es sich hierbei um eine echte Vision, und nicht um eine utopische Fata Morgana, handelt, wird beim Herunterbrechen der autonomen Innovation auf die notwendigen spezifischen Aufgaben sofort klar. Stellen wir uns einen einfachen Innovationsprozess vor, so sind die Themen Bedürfnisidentifikation,  Trendscouting, Technologie-Scouting und -Management, Ideengenerierung und -evaluation, Konzeptgenerierung, Protoypenbau und -verprobung sofort präsent. Im Wesentlichen geht es beim Innovieren meist darum, genügend Verständnis aufzubauen, Information zu suchen, Lösungen zu generieren, diese zu testen und dann abhängig vom Ergebnis anzupassen und zu modifizieren. Obwohl es dabei zweifellos eine große Kreativität braucht, ist „Kleinteiliges“ im Innovationsprozess klar strukturierbar und oftmals sind dies sogar geradezu stupide Aufgaben, welche bald von intelligenten Maschinen unterstützt werden könnten. Wie man diese Potentiale ausloten kann, was nun möglich und (nicht nur für höherschlagende Forscherherzen) sinnvoll ist, ist natürlich wie bei allen KI Projekten im Moment davon abhängig, welche Daten denn in welcher Güte vorhanden sind, wie gut beziehungsweise schlecht die derzeitigen Prozesse und best practice Vorgehensweisen sind und welches Nutzenpotential sich in der Anwendung ergibt. Um dies zuverlässig herauszufinden, reicht es auch beim autonomen bzw. teilautonomen Innovieren nicht aus, rein konzeptionell zu forschen, vielmehr braucht es Protoytypen und kleinere Experimente ähnlich wie beim autonomen Fahren, um sich der Thematik zu nähern. Aufgrund der hohen Flopraten, dem Risiko, den mit der Innovation verbundenen Kosten und Aufwänden sowie der rasanten Geschwindigkeit von Innovation, ist es jedoch allemal spannend und erfolgsversprechend, diese Experimente zu wagen. Nur wenn man beginnt, sich auf die Nutzung von KI im Innovationsprozess einzulassen, wird einem plötzlich bewusst, dass Maschinen künftig nicht nur in der Lage sein werden, stupide Dinge zu erledigen, sondern sogar die Fähigkeiten aufbauen könnten, kreative, bisher so dachte man dem Menschen vorbehaltene Innovationsaufgaben zu bewältigen; bis hin zur Generierung von neuen Lösungen.

Dies ist zumindest dann ganz einfach möglich, wenn es sich beim Innovieren um die neue Anordnung oder die Rekombination wie von Schumpeter beschriebener bestehender Elemente handelt. Wenn die Lösungsmöglichkeiten dann noch automatisch mit den noch nicht befriedigten Bedürfnissen und Wünschen der Konsumenten verknüpft werden können, lassen sich nicht nur automatisch Ideen generieren, sondern diese auch mit den Bedürfnissen abgleichen und somit auch auf deren gestifteten Nutzen und Bedarf überprüfen. In der Wissenschaft spricht man auch von der Überprüfung von need solution pairs.

Natürlich ist dies nur ein kurzer Einblick in eine neue, jedoch faszinierende Welt des künftigen Innovierens. Wie eine kurze Umfrage im Rahmen der Handelsblatt KI Konferenz in München zeigte, kann sich ein Großteil vorstellen, KI zu nutzen, wobei es ein enormes Gap gibt, denn die wenigsten setzen Artificial Intelligence für das Innovieren bereits ein. Schlussendlich scheitert es derzeit  an den aktuell hohen Kosten und den noch oft mangelnden Ressourcen und Fähigkeiten innerhalb eines Unternehmens. Jedoch lassen sich Experimente, wie bereits angesprochen, mit relativ begrenzten Mitteln im 5-stelligen Bereich antesten. Die Handelsblatt-Studie zeigt, dass Manager und Experten sich in den nächsten 10-15 Jahren einen riesigen Schub innerhalb des autonomen Innovierens versprechen und das Thema hiermit auch auf der Landkarte von Innovationsmanagern, AI Experten und Management Berücksichtigung finden und verortet sein muss.

Prof. Dr. Johann Füller ist seit dem Wintersemester 2012 Stiftungsprofessor der Wirtschaftskammer Tirol am Lehrstuhl für Innovation und Entrepreneurship am Department of Strategic Management, Marketing and Tourism der Universität Innsbruck. Der Vorstand der Münchner Innovationsagentur HYVE ist Fellow am NASA Tournament Lab-Research an der Harvard University und promovierte im Fach Marketing zum Thema „Community Based Innovations“. Johann Füller erforscht das innovative Kundenverhalten in Online Communities sowie die Nutzung von Online Communities und Crowdsourcing für die Entwicklung. Begleitend zur Forschungstätigkeit hält er regelmäßig Vorträge und veröffentlicht Artikel und Beiträge in verschiedenen Zeitschriften, u.a. im Harvard Business Manager, im Journal of Product Innovation Management, Marketing Science, MIS Quarterly, Journal of Business Research und anderen.

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