„Ich weiß, wie du dich fühlst!“ – Wie künstliche Intelligenz die emotionale Bedeutung hinter Textnachrichten mithilfe von Emojis erkennt

Von Smileys über Pflanzen und Lebensmittel bis hin zu technischen Geräten: Wer den Nachrichten, die er online verschickt, einen extra Schliff verpassen möchte, hat hierfür heutzutage mehr als genug Auswahl an bunten kleinen Bildern – den Emojis. Und tatsächlich machen nicht gerade wenig Menschen immer häufiger von dieser Möglichkeit Gebrauch.
Von   Sarah Horeth   |  Psychologie-Studentin, B. Sc.   |  Universität Ulm
  Lara-Tabea Stadler   |  Psychologie-Studentin, B. Sc.   |  Universität Ulm
  Emily Piesch   |  Psychologie-Studentin, B. Sc.   |  Universität Ulm
  Verena Ruck   |  Psychologie-Studentin, M. Sc.   |  Universität Ulm
4. Juli 2023

Eine Umfrage aus dem Jahr 2022 zeigte, dass rund 74% aller Deutschen Emojis nutzen, 50% sogar in jeder oder zumindest den meisten Nachrichten. Das ist Grund genug, diese kleinen Bildchen vor dem Auge der Texterkennung einmal genauer in Augenschein zu nehmen.
Den Emojis gingen zunächst die häufig miteinander verwechselten Emoticons voran, die 1982 erstmals Einzug in den westlichen Ländern hielten. Der Begriff „Emoticon“ setzt sich aus den englischen Begriffen „Emotion“ und „Icon“ zusammen und bezeichnet eine Kombination von Tastatursymbolen, die einen Emotionsausdruck darstellen (z.B. :D). Daraus wurden im Jahr 1997 in Japan die Emojis entwickelt. Dabei handelt es sich um kleine Bilder, die neben emotionalen Gesichtsausdrücken auch Tiere, Pflanzen und mehr darstellen können (z.B. 😊, 🐶, 🌻). Seit 2010 werden Emojis einheitlich im Unicode-Standard codiert, der aber von jedem Unternehmen etwas anders umgesetzt wird. Das ist auch der Grund dafür, warum Emojis auf einem Apple-Gerät etwas anders aussehen als zum Beispiel bei Android. Bis September 2021 wurden auf diese Weise bereits 3633 Emojis codiert, die in die Kategorien Smileys und Leute, Tiere und Natur, Essen und Trinken, Aktivitäten, Reisen und Orte, Objekte, Symbole und Flaggen unterteilt werden können. Besonders beliebt sind dabei der Emoji, der Tränen lacht und das rote Herz, während Flaggen zwar die größte Kategorie darstellen, jedoch am wenigsten genutzt werden.
Doch nun stellt sich die Frage, zu welchem Zweck Emojis überhaupt in Nachrichten verwendet werden. Eine Studie von Cramer und Kollegen aus dem Jahre 2016 fand zunächst heraus, dass es drei verschiedene Arten gibt, Emojis in Textnachrichten zu verwenden: Sie können die Information des bestehenden Textes entweder wiederholen (z.B. zur Betonung), sie können den Text komplett ersetzen oder sie können ihn ergänzen. In letzterem Fall lassen sich dann weitere Funktionen unterscheiden. So werden Emojis unter anderem einem Text hinzugefügt, um die andere Person mehr in das Gespräch zu verwickeln oder die Beziehung zu pflegen. Zudem können Emojis aber auch verwendet werden, um die Bedeutung der versendeten Nachricht zu modifizieren. So kann Nachrichten beispielsweise ein zweideutiger Unterton beigefügt werden, ohne soziale Normen eines Gesprächs zu verletzen. Genauso werden Emojis aber auch häufig verwendet, um einer Nachricht situationale und/oder emotionale Informationen hinzuzufügen.
Damit erfüllen Emojis unter anderem die Funktionen, die sonst von non-verbalen Gesprächsanteilen, wie Mimik oder Gestik erfüllt werden. Erste Studien deuten darauf hin, dass wir Emotionen in Emojis sogar ähnlich gut erkennen können, wie in Gesichtern. Doch wie gehen Programme, die Textnachrichten entschlüsseln sollen, mit Emojis um, wenn diese die Bedeutung des Textes verändern können?
Solche Programme werden unter Natural Language Processing zusammengefasst. Bevor wir uns diese im Zusammenhang mit Emojis anschauen, sollten wir zunächst klären, was sich hinter diesem Begriff eigentlich versteckt.

Natural Language Processing (NLP) ist ein Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) welcher sich mit der Verarbeitung und Analyse von Sprache befasst, die von Menschen geschrieben oder gesprochen wird. Ziel ist es, Wissen darüber zu sammeln, wie Sprache von Menschen verstanden und verwendet wird, um Techniken zu entwickeln, durch welche Sprache von Computersystemen verarbeitet werden kann. Die Anwendung von NLP erstreckt sich über einen breiten Bereich und beinhaltet beispielsweise automatische Übersetzung, Spracherkennung oder Chatbots.
Um zu verstehen, wie NLP-Programme Emojis und ihre Bedeutungen erkennen, ist es wichtig zu wissen, dass Emojis als Teil einer Sprache betrachtet werden können. Sie dienen dazu, zusätzliche Informationen, Bedeutungen oder Emotionen zu vermitteln, die nicht durch die verwendeten Wörter allein ausgedrückt werden können.
NLP-Programme nutzen verschiedene Techniken, um die Bedeutungen von Emojis in Texten zu erkennen. Eine Methode ist die Verwendung von trainierten Modellen, die auf großen Datensätzen von Texten und Emojis basieren. Diese Modelle lernen, wie bestimmte Wörter und Phrasen mit bestimmten Emojis verbunden sind. Ein weiterer Ansatz besteht darin, auf Basis von linguistischen Regeln und Wissen über die Bedeutungen von Emojis Algorithmen zu entwickeln. Zum Beispiel kann ein NLP-Programm die Bedeutung eines bestimmten Emojis anhand seiner Position im Text und des Kontexts, in dem es verwendet wird, ableiten.
Daraus abgeleitet zeigt sich, dass die Verwendung von NLP im Rahmen der Emotionserkennung mit hohen Chancen, aber auch Herausforderungen einhergeht. Einerseits können durch die Kombination aus Textnachrichten und Emojis feinere emotionale Nuancen übermittelt werden, was eine gezieltere Kommunikation untermauert. Zudem können dadurch individuelle Bedürfnisse besser verstanden und spezifischere Antworten oder Empfehlungen bereitgestellt werden. Andererseits ist es jedoch schwierig, die genaue Bedeutung von Emojis zu bestimmen, da ihre Verwendung oft von persönlichen und kulturellen Faktoren abhängt. Hinzu kommt, dass es sich für NLP-Programme bislang als schwierig erweist, ironische oder sarkastische Textnachrichten richtig zu interpretieren. Die Vielfalt an Emojis und ihren Bedeutungen kann sich somit als herausfordernd in der Gewährleistung einer richtigen Übermittlung darstellen.
Und dennoch: Die Anwendung künstlicher Intelligenz gehört inzwischen zum festen Bestandteil unseres alltäglichen Lebens und entwickelt sich stetig weiter. Sie hilft uns dabei, komplexe Probleme zu lösen, neue Erkenntnisse zu gewinnen und unsere nonverbale Kommunikation schrittweise zu verbessern.
Wenn Sie nun neugierig geworden sind und selbst herausfinden wollen, wie es um Ihre Fähigkeit zur Emotionserkennung bestellt ist oder wie psychologische Forschung aussieht, können Sie über den untenstehenden Link an der Emotionreader-Studie der Universität Ulm teilnehmen. Sie erhalten dafür nicht nur ein spannendes persönliches Feedback und die Chance auf einen Amazon- oder Thalia-Gutschein, sondern unterstützen auch die Forschung und vier Psychologiestudentinnen bei ihren Abschlussarbeiten.

www.emotionreader.de

Literatur:

Cramer, H., de Juan, P., & Tetreault, J. (2016). Sender-intended functions of emojis in US messaging. Proceedings of the 18th International Conference on Human-Computer Interaction with Mobile Devices and Services, 504–509. https://doi.org/10.1145/2935334.2935370
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Prada, M., Rodrigues, D. L., Garrido, M. V., Lopes, D., Cavalheiro, B., & Gaspar, R. (2018). Motives, frequency and attitudes toward emoji and emoticon use. Telematics and Informatics, 35(7), 1925–1934. https://doi.org/10.1016/j.tele.2018.06.005
Tang, Y., & Hew, K. F. (2019). Emoticon, Emoji, and Sticker Use in Computer-Mediated Communication: A Review of Theories and Research Findings. International Journal of Communication, 13(0), Article 0.
Tossell, C. C., Kortum, P., Shepard, C., Barg-Walkow, L. H., Rahmati, A., & Zhong, L. (2012). A longitudinal study of emoticon use in text messaging from smartphones. Computers in Human Behavior, 28(2), 659–663. https://doi.org/10.1016/j.chb.2011.11.012
Mahto, P. (2022). How to handle Emoji ‘😄’ & Emoticon ‘ :-) ’ in text preprocessing? Medium. https://medium.com/geekculture/text-preprocessing-how-to-handle-emoji-emoticon-641bbfa6e9e7
Chowdhury, G. G. (o. J.). Natural Language Processing.
Gupta, S., Singh, A., & Kumar, V. (2023). Emoji, Text, and Sentiment Polarity Detection Using Natural Language Processing. Information, 14(4), 222.

Sarah Horeth (*30.07.2002, Kempten) hat ihr Abitur im Allgäu absolviert und steht nun kurz vor dem Abschluss ihres Bachelors in Psychologie an der Universität Ulm. Ihr Interesse gilt dabei vor allem der klinischen Psychologie, weshalb sie im Herbst ein Masterstudium in klinischer Psychologie und Psychotherapie beginnen möchte. Privat sind ihre große Leidenschaft Pferde und der Reitsport.

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