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Machine Learning und Cobots revolutionieren die Arbeitswelt

Von   Zhaopeng Chen   |  CEO und Gründer   |  Agile Robots
24. Februar 2022

Roboter sind in der Industrie von heute nicht mehr wegzudenken – sei es in der Produktion von Unterhaltungselektronik oder in der Automobilindustrie. Bei der Mehrzahl dieser Roboterlösungen handelt es sich aber noch um solche der „alten Schule“. Heißt, dass diese nicht intelligent agieren und nicht direkt mit Menschen zusammenarbeiten können. Die nächste Stufe in der Evolution von Robotern sind Cobots – „collaborative robots“. Diese kollaborative Roboter können direkt und ohne Schutzeinrichtungen mit menschlichen Mitarbeitern zusammenarbeiten. Bei Cobots handelt es sich noch um eine recht junge Entwicklung. Diese nimmt aber seit ein paar Jahren eine rasante Fahrt an – mit revolutionären Schritten für die Arbeitswelt und gar Gesellschaft. Cobots in Verbindung mit Machine Learning sind die Lösung.

Mithilfe von Machine Learning lernen Cobots

Erst einmal vorweg die Definition, weil Machine Learning und KI manchmal gleichgesetzt werden. Machine Learning ist ein Teilgebiet der Künstlichen Intelligenz. Innerhalb von Machine Learning gibt es noch Deep Learning. Diese Methode nutzt neuronale Netze, um große Datensätze zu analysieren. Der Fokus liegt aber hier auf Machine Learning und dessen Vorteile für Cobots. Diese nutzen Machine-Learning-Algorithmen für die eigenständige Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten.

Dafür sind natürlich eine Vielzahl von Trainings- und Anwendungsphasen nötig. Man könnte sagen: Learning by doing in verschiedenen Situationen, mit denen Cobots konfrontiert sind. So erhalten die kollaborativen Roboterlösungen eine Flut an verschiedenen Daten zur Verfügung – sei es von der Umgebung, den Arbeitsutensilien oder den menschlichen Kolleginnen und Kollegen. Machine Learning hilft den Cobots beim Lernprozess: Eintreffenden Daten werden strukturiert und sortiert. Danach werden diese in wiederkehrenden Mustern erkannt. Cobots sind so in der Lage, wichtige Informationen abzuleiten und entsprechend in einer individuellen Situation zu agieren sowie reagieren. Daten in ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen bilden also die Handlungsgrundlage für jede Aktion, die kollaborative Roboter mithilfe von Machine Learning ausführen – sicher, intelligent und in Kollaboration mit Menschen. Dafür wurden übrigens neue Normen eingeführt, damit sich Cobots Cobots nennen dürfen.

Ohne modernste Sensorik funktioniert es nicht

Machine Learning allein reicht natürlich nicht. Cobots benötigen ebenso modernste Sensorik. Sie erhalten nämlich unter anderem so ihre Datenflut. Zu den wichtigsten „Sinnen“ gehören dabei das „Fühlen“ sowie „Sehen“.

Ersteres wird durch sogenannte Kraft-Momenten-Sensoren ermöglicht. Diese messen mit höchstmöglicher Präzision innerhalb von Millisekunden unterschiedliche Kräfte, die auf Cobots einwirken. So „fühlen“ kollaborative Roboter und sind in der Lage, nach einem Bauteil zu greifen oder einen bestimmten Druck auf eine Fläche auszuüben. Ein Beispiel, das zeigt, wie „sensibel“ Cobots agieren sowie reagieren können: Diese können problemlos ein Ei greifen, ohne es zu beschädigen. Oder gar aufschlagen, ohne Schalenreste in seinem Rührei oder Spiegelei zu haben. Ohne Kraft-Momenten-Sensoren ist eine sichere Mensch-Roboter-Kollaboration nicht möglich.

Mithilfe von visuellen Sensoren – in Form von unterschiedlichen Kameras – erblicken Cobots die Welt. Sie erfassen dadurch ihr statisches und dynamisches Umfeld.  So werden Kollisionen mit Menschen oder spontan auftretenden Hindernissen obsolet. Externe Sensoren können das „Sehen“ sogar erweitern. Cobots greifen dadurch auf die visuellen Daten interner und externer Quellen zurück. Daraus kann zum Beispiel ein noch effizienterer Arbeitsweg der Cobots errechnet werden. Ein Beispiel: Die Tür eines Hangars ist auf dem eigentlich bekannten Weg von A nach B gesperrt. Das sieht der Cobot bereits bei A, bevor er die Hangartür eigentlich hätte sehen können, und erarbeitet selbstständig eine neue Route, um nach B zu gelangen.

Bald werden Cobots übrigens auch „hören“. Sprachsteuerungen befinden sich bereits in erweiterten Testphasen. Die Hör-Funktionalität wird aber erst in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen. Die Einsatzmöglichkeiten von Cobots werden dadurch massiv erweitert – vor allem in Verbindung mit Machine Learning.

Kollaborative Roboter in Verbindung mit Machine Learning werden fast in alle Sektoren einziehen

Einige Automobilkonzerne und größere Hersteller von Unterhaltungselektronik, wie zum Beispiel Smartphones, schätzen die Fähigkeiten von den intelligenten Cobots. Diese Industrien nutzen solche Roboterlösungen bereits – sei es als Prototypen oder als vollwertige mechanische Arbeitskräfte. Das Aufgabenfeld variiert dabei: von monotonen und beschwerlichen Arbeiten, wie das Transportieren von schweren Gegenständen von A nach B, bis hin zu „feinfühligen“ Tätigkeiten, wie das Anbringen von Sicherheitsfolien auf Smartphone-Displays. Was bei den vielen möglichen Anwendungsbereichen dieser Cobots nicht zu vergessen ist: Dies ersetzen die menschliche Arbeitskraft nicht. Der Mensch wird bei den Aufgaben unterstützt, aber nicht ersetzt. Der beste Cobot funktioniert nämlich ohne einen menschlichen Kollegen nicht.

Mit der steten Weiterentwicklung von Machine Learning werden die Aufgabengebiete der kollaborative Robotern vielschichtiger. Sie erlernen ihre Tätigkeiten aktuell, wie bereits erwähnt, in einer Vielzahl von Trainings- und Anwendungsphasen. In naher Zukunft werden Cobots fähig sein, eigenständig sich überall frei zu bewegen, Aufgaben selbstständig zu erkennen und zu bearbeiten. Der Fachbegriff dazu ist autonomes Lernen.

Best Cases von intelligenten Cobots findet man in der Medizin

Insbesondere dank der modernen Luft- und Raumfahrtechnik entwickeln sich die Technologien hinter Cobots rasant weiter. Und dank der verschiedenen und hochkomplexen Vorgänge in der Medizin kann auch die Bevölkerung sehen, wie fortschrittlich und bedeutend Robotik mithilfe von Machine Learning ist.

Vor allem im OP kommen die smarten Cobots bereits zum Einsatz. Sie unterstützen Ärzte, Krankenpfleger und Patienten gleichermaßen. Kollaborative Roboter sind zu 100 Prozent präzise. Das kommt insbesondere der minimalinvasiven Chirurgie zugute. Gewebeverletzungen, die generell bei solchen Eingriffen nicht vermieden werden können, werden auf ein Minimum reduziert. Das bedeutet wiederum, dass Patienten eine schnellere Genesungszeit erfahren.
Ärzten und Pflegern erfahren durch den Einsatz von Cobots außerdem mehr Ruhe- und Pausezeiten, da die Eingriffe schneller vonstattengehen. Zudem kann sich das medizinische Personal zeitlich mehr um die Patienten kümmern.

Machine Learning in der richtigen Kombination mit technologischen Errungenschaften zeigt, wie sehr es verschiedene Industrien und gar die Gesellschaft ins Positive verändern kann. Wichtig wird es in diesem Bereich aber bleiben, zu betonen, dass menschliche Arbeitskräfte nicht wegfallen werden. Cobots unterstützen den Menschen, ersetzen diese nicht.

Übrigens: Diese fortschrittlichen intelligenten Roboterlösungen sind zudem meist günstiger als die Standard-Roboter, die mehrheitlich noch in vielen Industriesparten im Einsatz sind. Der Stückpreis eines smarten Cobots beträgt nämlich etwa 20.000 Euro. Im Durchschnitt hat sich die Anschaffung dann nach zwei Jahren ausgezahlt.
Die älteren Robotermodelle müssen übrigens nicht ersetzt werden. Viele davon können aufgewertet werden – mithilfe eines Software-Upgrades, welches ihnen Machine Learning beibringt. Machine Learning ist also nicht an einem bestimmten Roboter gebunden. Die Algorithmen funktionieren universell.

2005 B.S. in Mechanical Engineering und Automation, 2007 M.Sc. in Mechatronic Engineering, 2012 PhD in Mechatronic Engineering, seit 2010 stellvertretender Leiter des Modex-Labors beim DLR/RMC, seit 2013 CTO und Co-Gründer von Wessling Robotics GmbH, seit 2018 CEO und Gründer von Agile Robots AG

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