Laut der aktuellen Gallup-Studie haben 85% aller Mitarbeiter in deutschen Unternehmen innerlich gekündigt. Nur noch 15% sind mit Herz, Hirn und Verstand bei der Arbeit – also etwa jeder sechste Mitarbeiter. Seine fünf Kollegen vegetieren emotional vom Unternehmen abgekoppelt vor sich hin. Jeder in seiner Wabe, aber ohne Flügel. Wissend, dass die Königin schon geschlüpft und das eigene Schicksal besiegelt ist.
In meinem Berufsalltag erlebe ich das immer wieder. Sehe CEOs, die nicht das Potenzial ihrer Mitarbeiter aufbauen, sondern sie pygmäisieren. „Ich habe so viele gute Ideen“ erzählen mir die Mitarbeiter dann. „Aber wir kriegen immer nur Kritik vom CEO. Eigentlich können wir erst in Ruhe arbeiten, wenn der nicht da ist.“
Woher kommt diese Missstimmung? Klar, viele Unternehmen sind zu spät dran mit der Digitalisierung. Das erzeugt Druck, der sich auf dem Rücken des CEOs bündelt. Er muss alle – auch sich selbst – aus dem Dornröschenschlaf aufwecken. Ein ungeheurer Kraftakt, denn das Unternehmen kämpft um einen neuen Platz innerhalb der eigenen Branche. Und da geht es ganz oft ums Überleben.
Je mehr man sich als Unternehmen den Chancen der Digitalisierung öffnet, desto mehr merkt man aber auch, dass andere schon viel weiter sind. Der Frust wächst und es wird nach Verantwortlichen gesucht. Plötzlich steht jeden Tag jemand Neues auf der Abschussliste und es regiert die Angst. Die Mitarbeiter können sich kaum noch auf das Leistungsziel konzentrieren, sondern versuchen nur, der Bestrafung zu entgehen. Das verlangsamt ihre Leistungsfähigkeit und führt zu einem tödlichen Kreislauf.
Aber es gibt auch andere Beispiele, die Hoffnung machen. Erst letzte Woche war ich im Rahmen eines Storytelling-Workshops in einem internationalen DAX-Konzern. Die Mitarbeiter dort sind selbstbewusst und leistungsstark. Sie arbeiten ohne Ängste.
Das Unternehmen ist digital solide aufgestellt. Die digitale Transformation, digitale Produkte und Workflows sind im Alltag integriert. Der CEO ist souverän und entspannt. „Future Work“ ist hier kein Slogan ohne Sinn, sondern eine konstruktive, optimistische Marschrichtung, die völlig unaufgeregt gelebt wird. So haben die Mitarbeiter auch keinen festen Arbeitsplatz mehr, sondern buchen sich bei Bedarf einen Schreibtisch.
Doch wo liegt das Geheimnis? Warum schaffen es die einen und die anderen wissen kaum, wo sie anfangen sollen? Wo doch alle abends mit dem Gefühl nach Hause fahren wollen, ihren Tag sinnvoll verbracht zu haben.
Wie so oft muss die Treppe von oben gekehrt werden. Dass Führungskräfte im Rahmen der Digitalisierung manchmal zurecht unzufrieden mit der Leistung ihrer Mitarbeiter sind, ist das eine. Wir alle müssen umdenken, neue Wege einschlagen und innovieren. Mal gelingt das, mal nicht. Es gibt viel Trial und Error. Fehler, die wir machen müssen, um zu lernen.
Sind wir dann erst einmal in einer Sackgasse, trennt sich die Führungsspreu vom Weizen. Manche Führungskräfte lassen ihre Mitarbeiter vor der Backsteinwand stehen, bauen Druck auf und schimpfen. Andere führen sie genau dann wieder auf die Hauptstraße zurück und motivieren sie neu. Anstatt mit Sätzen wie „Das war wohl nichts“ die „brick wall“ als Endstation zu manifestieren, finden sie die richtige Haltung und die passenden Worte, um ihre Mitarbeiter wieder in die Performance zu bringen. Sie verstehen sich als konstruktive Coaches mit der Maxime: Gutes Management ist Service am Erfolg der Mitarbeiter.
Nur wenn sich alle gemeinsam organisch und offen weiterentwickeln, können wir gedeihen. Wir müssen die Fenster und Türen zur Digitalisierung sperrangelweit öffnen. Aus Liebe zum Unternehmen handeln und nicht aus Angst vor dem Abgehängt werden. Uns unseren digital modernsten Wettbewerber anschauen und ihn mit unserer Leistung übertreffen.
Es gibt keinen Grund sich zu ängstigen, weil sich das Business von physischen Käufen und Dienstleistungen zu digitalen Äquivalenten hin wandelt. Die Digitalisierung hat sich 50 Jahre lang sachte angeschlichen. Aber jetzt ist sie da. Und nur, wer sich die Mühe macht, seine Mitarbeiter beim Übergang und Umgang mit diesen neuen Möglichkeiten zu führen und zu stützen, hat einen Platz in der Wirtschaft verdient.
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