Zugehörigkeit am Arbeitsplatz – wie Unternehmen ein inklusives Umfeld für alle schaffen

Diversität am Arbeitsplatz bedeutet, dass jede:r Mitarbeiter:in – unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Altersgruppen, religiöser Überzeugungen, körperlichen Fähigkeiten oder sexueller Orientierung – das Gefühl hat, dazuzugehören und sich nach eigenem Wunsch frei entfalten kann. Das bringt nicht nur Arbeitnehmenden selbst, sondern dem gesamten Unternehmen Vorteile: Vielfältig aufgestellte Teams agieren kreativer, innovativer und erfolgreicher (McKinsey). Kein Wunder, denn je vielfältiger ein Team besetzt ist, desto facettenreicher sind Expertise und Herangehensweise von deren Mitgliedern. 
Von   Jessie Danyi   |  Belonging & Impact Lead   |  Pleo
22. Juni 2023

Unternehmen, die eine stärkere Eingliederung anstreben, müssen herausfinden, welche Menschen sich ausgegrenzt fühlen, und einen Plan entwickeln, um sie einzubeziehen. Damit das gelingt, müssen sie das gesamte Unternehmen befragen, um zu verstehen, welche Identitäten und Gemeinschaften in ihrer Organisation vertreten sind und wie sie sich fühlen.

Wie inklusiv ist das eigene Unternehmen? 

Ein Anhaltspunkt für die Bestimmung des Inklusionslevels im eigenen Betrieb ist die Erhebung von demographischen Daten. Das hilft zu verstehen, wie verschiedene Gemeinschaften das Unternehmen erleben, und eine Inklusions-Strategie zu entwickeln, die für alle funktioniert. Doch wie lassen sich so sensible Daten am besten sammeln und nutzen? Dafür ist es ratsam, eine anonyme Umfrage zu starten, die unter anderem Zugehörigkeit, Akzeptanz, freie Meinungsäußerung und Unterstützung von Seiten der Geschäftsleitung hinterfragt.

Acht Schritte helfen dabei Zugehörigkeits-Daten zu sammeln – und zu nutzen:

  1. Vertrauen aufbauen: Mitarbeitende müssen darauf vertrauen können, dass das Unternehmen nur gute Absichten mit den Daten verfolgt und sie sinnvoll und sensibel verwendet. Betriebe, die keine hohe Vertrauenskultur haben, sollten erwägen, die Erhebung demografischer Daten von Dritten durchführen zu lassen, die über gute Referenzen und einen guten, vertrauenswürdigen Ruf verfügen.
  2. Verpflichtung zum DSGVO-Niveau in Bezug auf Datenschutz und Kontrolle: Die Datenschutz-Grundverordnung schützt die Privatsphäre und bietet Mitarbeiter:innen den Spielraum, um offen und ehrlich zu handeln. Sie gewährleistet, dass die Befragten die Kontrolle über ihre Daten behalten, sich sicher fühlen und dass ihr:e Arbeitgeber:in die Datenerfassung ernst nimmt.
  3. Hintergrundinformation, warum die Daten gesammelt werden: Die Erklärung sollte in verschiedenen Formaten und durch verschiedene Personen innerhalb der Organisation kommuniziert werden, damit die Mitarbeitenden klar verstehen, warum und wie sie verwendet wird.
  4. Aktionsplan kommunizieren – vor Versand der Umfrage: Um die Engagementquote zu erhöhen, hilft es, Pläne zu konkretisieren. Das beinhaltet:
    1. Wer arbeitet konkret an dieser Aufgabe? Klare Verantwortlichkeiten zuweisen.
    2. Was sind die konkret geplanten Ergebnisse und Leistungen?
    3. Wie sieht der Zeitplan aus und wann/wie werden die Ergebnisse mitgeteilt?
  5. Fragen mit Bedacht gestalten: Es gibt zwei Kategorien von Fragen:
    1. Fragen zur Wahrnehmung von Themen wie Vielfalt und Zugehörigkeit innerhalb des Unternehmens durch die Belegschaft.
    2. Demografische Fragen, die sich auf die verschiedenen Identitäten der Menschen beziehen.
  6. Aktivatoren bestimmen: Eine Möglichkeit, um mehr Mitarbeitende zur Teilnahme zu ermutigen, ist im Vorfeld bestimmte Mitarbeiter:innen in die Gestaltung der Umfrage einzubinden und ihre Hilfe bei der Verbreitung der Botschaft zu nutzen. Aktivatoren aus der Firma müssen keine Führungspersonen sein. Vielmehr sollten sie glaubwürdig und authentisch sein und aus verschiedenen Bereichen des gesamten Unternehmens stammen.
  7. Quantitative Daten mit qualitativen Interviews ergänzen: Daten zeigen das Problem auf – Interviews und qualitative Forschung helfen bei der Ermittlung potenzieller Ursachen. Sie können Teilnehmer aus unterrepräsentierten Gruppen zu vertraulichen Gesprächen einladen oder ein komplett anonymes Online-Tool verwenden.
  8. Strategie entwerfen: Nach der Auswertung der qualitativen und quantitativen Daten gilt es eine Strategie festzulegen. Das Gesamtbild hilft, herauszufinden, welche konkreten Ziele und Maßnahmen erforderlich sind.

Roadmap für mehr Diversität und Inklusion im Unternehmen:

Die Bedürfnisse der verschiedenen Gruppen, die unterrepräsentiert sind, unterscheiden sich voneinander. Deshalb sollte ein Unternehmen sich intensiv mit den tatsächlich vertretenen unterrepräsentierten Gruppen und ihren jeweiligen Sorgen und Wünschen beschäftigen.

  1. Unterrepräsentierte Gruppen in der Organisation definieren: Der erste Schritt besteht darin, zu verstehen, welche Gruppen im Unternehmen unterrepräsentiert sind, und dies vor allem mit Neugierde zu tun. Ein Unternehmen, das Ukrainer:innen einsetzt, könnte beispielsweise Menschen, die von Krisen betroffen sind, als unterrepräsentierte Gruppe auswählen, während ein Technologieunternehmen Neurodivergenz als Gruppe haben könnte – die im Technologiebereich überrepräsentiert, aber in der Gesellschaft insgesamt unterrepräsentiert ist. Andere häufig unterrepräsentierte Gruppen sind: Frauen, B(I)PoC, verschiedene Religionen und Nationalitäten, Mitglieder der LGBTQIA+-Gemeinschaft, Pflegekräfte, Menschen mit verschiedenen Gesundheitszuständen (geistig und körperlich), ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen. Zu den weniger häufigen Gruppen gehören Menschen, die ein Visum benötigen oder außerhalb ihres Herkunftslandes leben, die remote arbeiten und Menschen mit unterschiedlichem Bildungsniveau.
  2. Säulen der Inklusion: Um gleiche Möglichkeiten für alle diese Gruppen zu schaffen, müssen Unternehmen folgende fünf Faktoren inklusiv gestalten. Dazu gehört häufig mehr als auf den ersten Blick gedacht.
    1. Arbeitsweise: Ein Arbeitsumfeld, in dem sich alle Menschen gesehen, gehört und zugehörig fühlen.
    2. Kommunikation: Die Verwendung einer integrativen Sprache zieht die gesamte Belegschaft mit ein.
    3. Social-Events: Veranstaltungen, die den Bedürfnissen aller Beteiligten in Bezug auf Zugänglichkeit, Ernährung, soziale Kompetenz, Energielevel und Zeitplan (hier müssen zum Beispiel auch Gebetszeiten diverser Religionen mitbedacht werden) entsprechen.
    4. Arbeitsort: Ein Arbeitsplatz, der über Einrichtungen und Zugangsmöglichkeiten verfügt, die Menschen brauchen, um alleine sowie zusammen zu arbeiten und Kontakte zu knüpfen. Was das speziell bedeutet, hängt von den im Unternehmen vertretenen unterrepräsentierten Gruppen ab: Ein bekanntes Beispiel für inklusive Arbeitsorte ist eine barrierefreie Umgebung für Rollstuhlfahrende. Mitarbeitende mit anderen körperlichen und psychischen Einschränkungen, wie beispielsweise Licht- oder Lärmempfindlichkeiten, haben andere Bedürfnisse, die bei der Gestaltung eines inklusiven Arbeitsortes bedacht werden müssen.
    5. Kultur: Ein Umfeld, in dem sich Arbeitnehmende gerne aufhalten, weil sie sich wohl fühlen, wenn sie sich so zeigen, wie sie wirklich sind.
  3. Problemlösungen erarbeiten: Interne Strukturen genauer zu betrachten, hilft bei der Erarbeitung von Problemlösungen. Dazu gehören:
    1. Einstellung: Welche Verhaltens- und Denkweisen pflegt die Belegschaft?
    2. Lernprozesse: Wo müssen die eigenen Mitarbeitenden weitergebildet werden?
    3. Unternehmenspolitik: Sind die aktuellen Arbeitsweisen und Unternehmensstandards freundlich gegenüber allen Mitarbeitenden? Oder müssen bestimmte Faktoren angepasst werden?
    4. Unternehmenswerte: Unternehmenswerte und -versprechen sollten ebenfalls unter die Lupe genommen werden. Wie passen diese mit Inklusion und Diversität zusammen?
  4. Jede einzelne Community im Spotlight: Im letzten Schritt gilt es mit dem Brainstorming zu starten. Dafür sollte jeweils eine der unterrepräsentierten Gruppen ins Spotlight gestellt und im Kontext der Punkte 2 und 3 betrachtet werden. Ziel ist herauszuarbeiten, wie jede einzelne Säule aus Punkt 2 für die jeweilige unterrepräsentierte Gruppe angepasst werden kann – und wie die Faktoren aus Schritt 3 dabei helfen. Wichtig ist, diese Schritte für jede unterrepräsentierte Gruppe einzeln durchzuführen, da jede Gruppe eigene Bedürfnisse und Wünsche hat.

Zuletzt ist es Unternehmen zu empfehlen, die Ergebnisse ihrer Befragung zu teilen: Einer der Hauptgründe, warum Menschen Umfragen zur Vielfalt nicht ausfüllen, ist, dass sie nicht an eine Wirkung und Veränderung glauben. Um die Teilnahmequoten konstant hoch zu halten, müssen Unternehmen viel kommunizieren und die Belegschaft auf dem Laufenden halten, damit sie das Gefühl haben, dass ihre Teilnahme in Zukunft gefördert wird.

Die interne Veröffentlichung der ersten Ergebnisse sorgt für mehr Transparenz und Vertrauen: Mitarbeitende erhalten einen ersten Einblick in die Verwendung ihrer Daten und sehen, dass die Ergebnisse der Umfrage unmittelbare Auswirkungen auf das Unternehmen haben werden.

 

 

Quellen

https://www.mckinsey.de/news/presse/2020-05-19-diversity-wins

Jessie Danyi ist Belonging & Impact Lead bei Pleo. Sie wurde ein Teil des Pleo-Teams, um eine Personalkompetenz aufzubauen, als das gesamte Unternehmen 40 Mitarbeiter zählte. Mittlerweile ist allein das People Team 70 Mitarbeiter stark, arbeitet mit einem Unternehmen mit 830 Mitarbeitern zusammen und jeden Monat kommen über 100 neue Mitarbeiter hinzu. Jessie konzentriert sich auf die Zukunft der Arbeit und versucht zukunftsweisende, kreative und unkonventionelle Lösungen für die Probleme der Menschen auf menschliche, transparente und frische Weise zu finden. Ihren Bachelor machte sie an der University of Cape Town.

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