Versorgungsunternehmen werden durch Digitalisierung zum Live Enterprise

Von   Ashiss Kumar Dash   |  Global Head of Services, Utilities, Resources, and Energy industries   |  Infosys
11. November 2020

Die Energiebranche befindet sich weltweit inmitten einer Disruption. Auch in Deutschland verändert sich die Lage. Bis zum Jahr 2025 sollen 40 bis 45 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, im Jahr 2019 waren es bereits rund 42 Prozent, mit steigender Tendenz für 2020. Laut einer Umfrage der Agentur für Erneuerbare Energien unterstützen 89 Prozent der Deutschen den Ausbau der Erneuerbaren Energien – sie sind für eine Energiewende.
Diese Anforderungen sowie neue Technologie- und Verbrauchertrends wie etwa Elektrofahrzeuge verändern Nachfrage und Angebot signifikant. Um dies zu adressieren, müssen Energieversorger die verfügbaren Energiequellen ihres Angebots – etwa um Sonnen- und Windenergie – erweitern sowie schnellstmöglich Lösungen für die Speicherung und Bereitstellung des neu gewonnen Stroms implementieren.

Digitalisierung von Versorgungsunternehmen

Damit Versorgungsunternehmen mit dem Wechsel in der Energieerzeugung, -verteilung und -speicherung Schritt halten können, müssen sie reaktionsfähiger und agiler werden. Mit anderen Worten: Sie müssen sich zu einem sogenannten „Live Enterprise“ wandeln. Dies bedeutet, dass Organisationen mithilfe digitaler Technologien in Echtzeit Daten und Informationen sammeln, verarbeiten und darauf reagieren. Sie haben stets den Markt und Trends im Blick und finden Möglichkeiten, zu lernen und zu innovieren – dies kann entscheidende Wettbewerbsvorteile bringen. Im Folgenden finden sich einige Aspekte, die Versorgungsunternehmen berücksichtigen sollten:

  • Daten aus Energiequellen integrieren: Versorgungsunternehmen nutzen heute unterschiedliche Energieressourcen. Um den Überblick sowie alle Informationen zur verfügbaren Stromkapazität oder zum Energiebedarf auf einen Blick zu erhalten, sollte Firmen alle Quellen auf einer einzigen Plattform konsolidieren.

Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Versorgungsunternehmen hatte es sich zum Ziel gesetzt, präzise und relevante Echtzeit-Daten über alle Energiequellen hinweg zu generieren, um verschiedenen Interessengruppen eine effiziente Entscheidungsfindung zu erleichtern. Die Herausforderung bestand darin, dass die involvierten Teams auf verschiedene Abteilungen verteilt waren, ohne dass es eine klare Datenverwaltung gab. Die Lösung war ein integriertes, zentrales Service-Team speziell für Front-to-End-Datendienste. Auf diese Weise konnte das Unternehmen eine hohe Datenqualität sicherstellen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse direkt in betriebliche und geschäftliche Mehrwerte umwandeln. Darüber hinaus führte die Organisation verschiedene Self-Services ein. Anstatt auf Unterstützung aus der Fachabteilung warten zu müssen, können Mitarbeiter nun selbst nach der Lösung suchen – dies verbessert die Anwendererfahrung, reduziert die Abhängigkeit von der IT-Abteilung, spart Zeit und steigert die Produktivität.

  • Optimierung von Angebot und Nachfrage: Optimieren Versorgungsunternehmen Angebot und Nachfrage, können sie effizienter arbeiten und gleichzeitig ihre Betriebskosten senken.

Ein weiteres Praxis-Beispiel: Um das Stromnetzwerk mit so wenig Betriebsunterbrechungen wie möglich zu modernisieren, implementierte ein Versorgungsunternehmen ein Analyse-Tool für das Stromnetz und verfolgte einen integrierten Ansatz. Ein Konnektivitätsmodell für das Stromnetz fungierte dabei als zentrale Plattform, die Daten aus acht verschiedenen Quellen konsolidierte – auf diese Weise konnte die End-to-End-Konnektivität innerhalb des Netzes sichergestellt werden. Darüber hinaus führte die Firma eine Plattform für Unternehmensanwendungen und ein Planungs-Tool für die Vernetzung verschiedener Stromnetze ein. Ein externes Portal für die Planung dezentraler Ressourcen sowie Anwendungen für die Datenverwaltung und -qualität rundeten die neu eingesetzten Technologien ab. Das Unternehmen stützt seine Prognosen nun auf Daten aus etwa 5.000 Einspeisungen, DER-Generierungskurven und SCADA-Profilen und konnte somit eine deutliche Verbesserung erzielen.

  • Präzise Prognosen: Angebot und Nachfrage ändern sich stetig und dynamisch. Predictive Analytics-Technologien können hier unterstützen. Diese Technologien nutzen neue und historische Daten, um zukünftige Ereignisse oder Trends vorherzusagen. Firmen können auf diese Weise die künftige Nachfrage nach Produkten besser bestimmen und entsprechende Kapazitäten zur Verfügung zu stellen – Engpässe werden damit vermieden. Ist das Stromnetz darüber hinaus KI-fähig (künstliche Intelligenz), können Unternehmen Nachfrageschwankungen während eines Tages oder der Saison genau vorhersagen. Basierend auf diesen Prognosen können Versorgungsunternehmen ihre Kapazitäten entsprechend an tatsächlichen den Bedarf anpassen.

Ein weiteres Beispiel aus dem Alltag: Ein Versorgungsunternehmen rationalisierte ihre Tools, Prozesse und Daten sowie das Nachfragemanagement und Prognose-Prozesse. Alle Ideen, Service-basierte Nachfragen und Projekte laufen nun in einem einzigen System zusammen und ermöglichen eine höhere Transparenz. Zudem wurde eine IT-gestützte Echtzeit-Verwaltung von Ressourcen und Budgets eingeführt. Ressourcen können nun besser genutzt werden, um Innovationen voranzutreiben.

  • Cyber-Sicherheit: Versorgungsunternehmen nutzen dezentrale Energieressourcen und -speicher – dies verkompliziert die Sicherheit und Zuverlässigkeit sowie den Schutz der Anlagen vor möglichen Cyber-Bedrohungen. Cyber-Sicherheit sollte für jedes Unternehmen oberste Priorität haben – aber noch mehr für ein „Live Enterprise“.
  • Den Kunden in den Fokus rücken: Der Übergang von der fossilen Brennstoffwirtschaft zu erneuerbaren Energien erfolgt schrittweise. Solange die Kunden keine saubere Energie nachfragen, ist der Wechsel in der Branche unwahrscheinlich. Daher ist ein Sensibilisierungsprogramm wichtig, das soziale Medien, Bildungseinrichtungen und andere relevante Plattformen umfasst und den Kunden in den Fokus rückt.
  • Einsatz von Edge Computing: Durch den Einsatz von Edge Computing (also, die dezentrale Datenverarbeitung am Rand des Netzwerks) sehen Anwender direkt die Auswirkungen, die mit ihren Aktionen und Entscheidungen einhergehen – dies gilt, unabhängig davon, ob Rechenleistung am Ort der Erzeugung oder am Ort des Verbrauchs benötigt wird.
  • Mitarbeiterweiterbildung: Mit den neuen Technologie-Upgrades werden vorhandene Kompetenzen überflüssig. Daher sind umfassende plattformbasierte Umschulungsprogramme der Schlüssel, um die Belegschaft gut für neue Szenarien zu rüsten, damit sie Leistung und Ergebnisse erbringen.

Live Enterprises mit entscheidenden Wettbewerbsvorteilen

Im Zuge der Entwicklung des Versorgungssektors überleben nur die Organisationen, die bereit sind, sich diesen Wandel zu eigen zu machen und zu Live Enterprises zu werden. Ein Live Enterprise ist ein Unternehmen, das sich kontinuierlich weiterentwickelt, lernt und innovativ ist. Durch das Überdenken von Prozessen, die Verbesserung der Anwendererfahrung und die Neugestaltung des Ökosystems, um einen Mehrwert zu erzielen, sind Unternehmen gut darauf ausgelegt, in diesem Zeitalter des Wandels erfolgreich zu sein.

Ashiss Kumar Dash leitet ein hochqualifiziertes Team von Kundenservice-Experten und Technologen, darauf konzentriert Spitzenkompetenzen für Kunden zu schaffen, um sie bei ihrer digitalen Reise zu unterstützen.

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