Eines hat sich in den letzten Jahren immer wieder gezeigt: Wenn in der Lieferkette einmal Ruhe eingekehrt ist, lauert die nächste unvorhergesehene Störung schon um die Ecke. Künstliche Intelligenz (KI) ist zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor geworden, um Waren zur richtigen Zeit an den richtigen Ort zu bringen. In den kommenden Jahren wird KI eine immer größere Rolle dabei spielen, wie sich Unternehmen am Markt behaupten können. Gerade deshalb sehen sich Führungskräfte gezwungen, auf den KI-Zug aufzuspringen. Dabei ist KI in der Supply Chain nichts Neues, sondern wird bereits seit Jahrzehnten eingesetzt, um Lieferketten widerstandsfähiger und reaktionsfähiger zu machen. Wie funktioniert KI in der Supply Chain? Was gibt es zu beachten und wo lässt sie sich einsetzen?
Ohne Daten keine künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz lebt von Daten – sei es als Input für Berechnungen oder als kontinuierliches Training für die verschiedenen Modelle. Qualität, Genauigkeit und Häufigkeit der Daten sind entscheidend für den tatsächlichen Mehrwert der Ergebnisse. Je mehr verlässliche Daten aus verschiedenen Bereichen vorliegen, desto bessere Aussagen kann die KI treffen. Es reicht daher heute nicht mehr aus, sich auf die eigenen Daten im ERP-System und in gepflegten Data Lakes zu verlassen oder auf öffentlich verfügbare oder zugekaufte Datensätze zurückzugreifen. Aktuelle, verlässliche und regelmäßig aktualisierte Daten von Partnern auf verschiedenen Ebenen der Lieferkette sind zwingend erforderlich, um präzise Vorhersagen treffen zu können. Das manuelle Sammeln von Daten ist dafür zu aufwändig, langsam und unzuverlässig. Zwar ist es theoretisch möglich, diese Daten manuell zu verknüpfen, um die benötigten Informationen zu erhalten, doch ist dies mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand verbunden. KI kann diesen Prozess vereinfachen und beschleunigen, so dass Unternehmen in Echtzeit über die richtigen Entscheidungsgrundlagen auf der aktuellsten Datenbasis verfügen. KI kann auch dabei helfen, den Überblick über die verschiedenen Partner im gesamten Lieferkettennetzwerk zu behalten, deren Daten zu analysieren und auf dieser Basis Geschäftsentscheidungen zu treffen.
Datenhygiene
Der Gesetzgeber verlangt von Unternehmen zunehmend mehr Informationen über die gesamte Lieferkette. Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), der Uyghur Forced Labor Prevention Act (UFLPA, ein US-Gesetz gegen Zwangsarbeit), der California Transparency in Supply Chains Act und auch das geplante EU-Lieferkettengesetz verpflichten Unternehmen, Informationen aus viel tieferen Ebenen der Lieferkette zu erheben – nicht nur vom eigenen Zulieferer, sondern auch von dessen Lieferanten usw. Je weiter man sich vom Kern des eigenen Unternehmens entfernt, desto kleiner und weiter entfernt sind die Partner und desto schlechter und unvollständiger ist die Datenbasis. KI kann die Experten bei der Bereinigung und Prüfung der Daten unterstützen – zum Beispiel mit Techniken wie Natural Language Processing (NLP) für Adressen und Produktbezeichnungen, Fuzzy Logic Matching sowie Plausibilitätsprüfungen mittels General Adversarial Networks (GAN).
Insights generieren
Für Unternehmen ist es wichtig zu wissen, was, wann, wo und in welcher Menge benötigt wird. Eine zuverlässige und genaue Bedarfsprognose ist daher unerlässlich. Historische Daten aus vergangenen Bestellungen und Lieferungen dienen als Grundlage für zukünftige Prognosen. Diese großen Datenmengen müssen jedoch strukturiert und analysiert werden, um fundierte Aussagen treffen zu können. KI, insbesondere maschinelles Lernen, ermöglicht es, diesen Prozess zu beschleunigen und zu präzisieren. Vor dem Einsatz von KI war es nahezu unmöglich, die Menge an gesammelten Daten zu strukturieren, zu analysieren und daraus einen präzisen Trend abzuleiten. KI scannt die Datensätze, erkennt Muster und leitet daraus präzise Nachfrageprognosen für verschiedene Produkte ab. Historische Verkaufsdaten, Markttrends, saisonale Schwankungen und sogar externe Faktoren wie Wettermuster und Wirtschaftsindikatoren fließen in die Analyse ein und können Nachfrageschwankungen mit bisher unerreichter Genauigkeit vorhersagen. Gerade in diesem Bereich ist KI klassischen statistischen Prognosen deutlich überlegen, da die Datensätze je nach Situation und Kontext völlig unterschiedliche zukünftige Entwicklungen vorhersagen können.
Bestandsoptimierung
Herkömmliche Lagerverwaltungssysteme stoßen häufig an ihre Grenzen, da sie auf statischen Modellen basieren, die nur schwer auf dynamische Nachfragemuster reagieren können. Durch den Einsatz von KI kann das Bestandsmanagement jedoch zu einem agilen und reaktionsfähigen Prozess modernisiert werden. Dank intelligenter und selbstoptimierender Algorithmen zur Erkennung von Mustern (Pattern Recognition) können Unternehmen ihre Lagerbestände dynamisch und schnell an Nachfrageprognosen anpassen. Im Gegensatz zu starren Modellen ermöglicht dieser Ansatz eine flexible Anpassung der Bestände auf Basis von Echtzeitdaten. Dadurch können Über- und Unterbestände vermieden, Lagerkosten gesenkt und die Effizienz der Lieferkette insgesamt gesteigert werden. Unternehmen können ihr Bestandsmanagement neugestalten, Bestände anders verwalten und sich an die ständig ändernden Marktbedingungen anpassen. Die aktuell viel gehypte generative KI ist für solche Problemstellungen nicht unbedingt geeignet und muss hier Pattern Recognition oder ähnlichen KI-Algorithmen die Bühne überlassen.
Die Integration von KI in das Lieferkettenmanagement ermöglicht es Unternehmen, effizienter, kostengünstiger und widerstandsfähiger zu werden. KI-gestützte Erkenntnisse bilden die Grundlage für eine nachhaltige, belastbare und orchestrierte Lieferkette und ebnen den Weg zu einem intelligenteren globalen Markt.
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