Skalierte Nachhaltigkeit – Wie wird man allen Anforderungen in der Lieferkette gerecht?

Unternehmen müssen mehr leisten als je zuvor, um den permanent wachsenden Herausforderungen gerecht zu werden – knapper werdende Budgets, immer komplexere Lieferketten und die zunehmende Wichtigkeit von indirekten Treibhausgas-Emissionen (sogenannten Scope-3-Emissionen). Daher kann es für Führungskräfte schwierig sein, in jedem Bereich die angeforderten Resultate zu liefern.
Von   David Strauss   |  Vice President, Strategic Partner & Enterprise Solutions   |  e2open
17. August 2023

So haben beispielsweise laut einer Gartner-Umfrage 51 Prozent der Führungskräfte in der Supply Chain in den letzten Jahren die Anzahl der Standorte in ihrem Netzwerk erhöht und damit die Komplexität gesteigert. Dennoch verfügen laut McKinsey lediglich 53 Prozent ausreichende oder gute Stammdatenqualität, und Zahlen von EY belegen, dass 33 Prozent der Unternehmen noch keinen Business Case für nachhaltige Lieferketten haben.

Die Zukunft gehört dabei ganz klar den nachhaltigen Unternehmen. Unternehmen ohne entsprechende Ansätze und Initiativen werden ein geringeres Wachstumspotenzial haben. Das Gleichgewicht zwischen Wachstum des laufenden Betriebs und Umstellung auf nachhaltigere Geschäftspraktiken ist eine der großen Herausforderungen der nächsten Jahre. Die Lieferketten müssen gemeinsam auf eine „Net Zero“ Zukunft hinarbeiten – von integrierten Daten über erhöhte Transparenz der Prozesse bis hin zu kollaborativen Abläufen über die Firmengrenzen hinweg.

Der Weg zu einer nachhaltigen Lieferkette

Der erste Schritt besteht darin, sich einen Überblick über die Scope-3-Emissionen zu verschaffen. Für die meisten Unternehmen stellt diese Kategorie den Löwenanteil der Emissionen dar. Ausgerechnet ist das Durchleuchten der eigenen Umweltausbilanz in den Lieferketten am schwierigsten.

Egal wie ausgereift die Unternehmensstrukturen und Prozesse sind, ist der erste Schritt immer, sich ein detailliertes Bild der Lieferkette zu verschaffen: Wie viele Ebenen sind in der Kette? Wer sind die verschiedenen Zulieferer und was liefern sie? Und wie hoch sind die verursachten Emissionen für die benötigten Rohstoffe? Zurzeit vertrauen noch viele Unternehmen auf Durchschnittswerten basierende Scope-3 Berechnung Berechnungen jedoch werden detailliertere und realitätsnähere Ansätze vermutlich bald unerlässlich sein, sei es aufgrund von Vorgaben der Geschäftsleitung oder der Investoren, oder aufgrund neuer gesetzlicher Anforderungen. Eine solche Modellierung ist jedoch kaum umsetzbar, ohne die Emissionen mit bestimmten Rohstoffen, Geschäftsprozessen und Lieferanten verknüpfen. Um hierbei erfolgreich zu sein, sind Investitionen in die Transparenz, den Datenaustausch, die Technologie und die Zusammenarbeit zwischen allen Gliedern der Lieferkette unerlässlich.

Die Balance zwischen Wachstum und Nachhaltigkeit

Aus Sicht eines Unternehmens ist das Wachstum von aussagekräftigen und belastbaren Messungen der Scope-3-Emissionen von entscheidender Bedeutung. Grundsätzlich sind Wachstum und Nachhaltigkeit bei der Entwicklung einer Lieferkettenstrategie miteinander verbunden. Wenn ein Vorgehen nicht nachhaltig ist, ist es auch nicht skalierbar. Daher muss jedes Unternehmen auf diesen Aspekt achten, wenn es langfristig wachsen möchte.

Ein gutes Beispiel wäre ein Unternehmen, das Investitionsgüter – wie etwa Produktionsanlagen – herstellt, die seine Kunden für ihren täglichen Betrieb benötigen. Die dort betriebenen Anlagen sind üblicherweise anspruchsvoll, komplex und ihr Mehrwert hängt weitgehend von ihrer Betriebszeit ab, da bei einem Produktionsstopp enorme finanzielle Einbußen entstehen. Ein natürlicher Reflex in diesem Fall ist es, einen großen Vorrat an Ersatzteilen bereit zu halten, um die Anlage im Bedarfsfall schnell reparieren zu können und die Ausfallzeiten so gering wie möglich zu halten. Aus finanzieller und ökologischer Sicht ist es jedoch besser, Vorräte dezentral zu lagern (z. B. beim Lieferanten oder in einem von Logistikpartner betriebenen Lager) und diese bei Bedarf zum Einsatzort zu transportieren. Mit anderen Worten: Es ist klug für Unternehmen, nur das vorrätig zu haben, was es auch wirklich braucht – und zwar am richtigen Ort und zum Zeitpunkt des Ausfalls.

Dadurch reduziert sich nicht nur die Belastung durch überhöhte Lagerbestände, sondern auch die Emissionen, die durch Transport aufgrund suboptimaler Planung entstehen. Diese Effizienz lässt sich jedoch nur durch verbesserte Transparenz und Zusammenarbeit erreichen – sowohl innerhalb des Unternehmens als auch mit Kunden, Lieferanten und anderen Partnern. Ein reibungsloser Datenfluss und ein holistischer Überblick ermöglichen es Führungskräften, Nachhaltigkeit und Wachstum effektiv miteinander zu vereinbaren und proaktiv zu entscheiden.

Integrierte Daten und Arbeitsweisen

Die Idealvorstellung eines nachhaltigen oder skalierbaren Unternehmens steht und fällt mit dem detaillierten und korrekten Verständnis der Ressourcen und Einschränkungen – und ob es in der Lage ist, ein ausreichendes Angebot und adäquate Lösungen für die Fortführung und Weiterentwicklung des Betriebs sicherzustellen. Es hängt also von der Transparenz, dem Treffen datengestützter Entscheidungen und der Messung der Wirksamkeit dieser Entscheidungen ab. Jeder dieser Schritte kann nur mithilfe von Daten durchgeführt werden.

Das Zusammenführen aller Daten – unternehmensintern und von externen Partnern – ist die Grundlage für den Geschäftserfolg. Partner aus den Bereichen Beschaffung und Fertigung, Material- und Komponentenfluss, Transport und Logistik, Zoll, sowie Partner für die Lagerung und den Vertrieb von Produkten bilden ein komplexes, vielschichtiges und weit verzweigtes Netzwerk. Im Idealfall arbeiten all diese Partner, Prozesse und Daten auf einem gemeinsamen kollaborativen Datenraum ohne Silos. Dies ermöglicht einem Unternehmen, Änderungen in Echtzeit zu modellieren und Prozesse zu optimieren. Durch diese Zusammenarbeit können Unternehmen das erweiterte Liefernetzwerk so orchestrieren, dass es mit optimaler Material- und Kosten-effizienz arbeitet. Entscheidend ist, dass das Fehlen einer dieser Komponenten – Kosten, Kundenservice oder Nachhaltigkeit – die Geschäftsergebnisse verschlechtert. Da es sich um voneinander abhängige Geschäftsziele handelt, muss jedes einzelne gleichzeitig und unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die anderen berücksichtigt werden.

Die Einbindung der beteiligten Interessengruppen und die Zusammenarbeit mit ihnen sind von entscheidender Bedeutung, um diese Vision zu verwirklichen. Das Sicherstellen von Nachhaltigkeit und Belastbarkeit erfordert die Bereitschaft sämtlicher Partner, Daten auszutauschen und zusammenzuarbeiten. Dies kommt auch ihnen selbst zugute und schafft ein nachhaltigeres ökologisches und wirtschaftliches Umfeld. Die Möglichkeiten in den Bereichen der Kreislaufwirtschaft, der Elektrifizierung und des CO2-neutralen Wirtschaftens werden sich nur dann erschließen, wenn alle Akteure mitziehen, und nicht nur die Verantwortung in ein benachbartes Silo verschieben. Es handelt sich um systemweite Veränderungen. Eine gute Grundlage hierfür bietet eine durchgängige Daten- und Prozess-Visibilität sowie eine Kultur der Zusammenarbeit über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Jede Effizienzsteigerung im Betrieb zahlt sich aus, wenn das Unternehmen wächst – und umgekehrt. Ein Unternehmen, welches in der Lage ist, das vernetzten Ganze zu orchestrieren – anstatt nur unzusammenhängende Komponenten zu optimieren, wird auch simultan von Wachstum und Nachhaltigkeit profitieren.

David Strauss ist seit 2014 Teil des Teams von e2open und blickt auf 20 Jahre Erfahrung in globalen Supply Chain Cloud Software-Unternehmen zurück. David leitet das Enterprise Solutions Principals Team von e2open, das sich auf große, durchgängige Transformationsprojekte mit den wichtigsten Kunden von e2open konzentriert. Er und sein Team unterstützen zudem die strategischen Partnerbeziehungen von e2open und arbeiten gemeinsam daran, den Nutzen für die gemeinsamen globalen Geschäftskunden von e2open zu steigern.

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