Schöne neue (Arbeits-) Welt – Wie wir in Zukunft arbeiten werden

Von   Rupert Schäfer   |  Managing Partner   |  The Nunatak Group
15. Januar 2019

New Work, Arbeit 4.0, Work-Life-Balance, Mobile Desk, Homeoffice, Co-Working – die Begriffe, die mit der Arbeit der Zukunft in Zusammenhang gebracht werden, sind vielfältig. Es besteht kein Zweifel, dass sich unser Arbeitsumfeld gerade rapide verändert. Treiber dieser Veränderung sind Globalisierung und Digitalisierung und sie dringen unaufhaltsam in unseren Alltag vor, privat wie beruflich. Vor allem für Unternehmen bringt dieser Wandel Handlungsbedarf mit sich.
Traditionelle Organisationsmodelle, die sich in den letzten 40-50 Jahren erfolgreich etabliert haben, sind heutzutage nicht mehr zeitgemäß. Die Welt wird immer schnelllebiger und unberechenbarer. Ausgelöst durch Globalisierung und Digitalisierung – aber auch Themen wie Terrorismus, Klimawandel, Finanzkrisen und Verschiebungen der globalen Machtverhältnisse (Stichwort: Handelskrieg) erleben wir ein zunehmendes Gefühl von Unsicherheit, Veränderungen und Turbulenzen. Für diese Unruhe in der Welt gibt es mittlerweile auch einen Fachbegriff: VUCA – volatility (Volatilität), uncertainty (Unsicherheit), complexity (Komplexität) und ambiguity (Mehrdeutigkeit).

Diese VUCA-Welt macht es auch für Unternehmen immer schwerer, Prozesse zu planen und nachhaltig zu gestalten. Um dem ständigen Wandel der Umwelt erfolgreich entgegenzutreten, müssen neue, agile Organisationsstrukturen und gleichzeitig flexible Arbeitsmodelle her. Da es (bislang) keine regulatorischen Vorgaben gibt, wie Modelle für zeitgemäßes Arbeiten in dieser neuen globalisierten und vor allem digitalen Welt auszusehen haben, müssen Unternehmen als Arbeitgeber hier selbst aktiv werden. Es gilt, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie wir in Zukunft arbeiten werden und wollen.

DIE GROSSE HERAUSFORDERUNG: Alte Strukturen Durchbrechen und neue Arbeitsmodelle finden

Eines ist klar: Der Wandel von traditionellen Unternehmensstrukturen findet nicht von heute auf morgen statt. Es ist ein Prozess, der vom Management initiiert und dann nach und nach in das gesamte Unternehmen integriert werden muss. Die gute Nachricht: Der Wandel der Arbeitswelt – der häufig unter dem Begriff New Work zusammenfasst wird – hat begonnen, sich in der Unternehmenswelt zu etablieren. Der Grundgedanke dahinter ist, die Eigenverantwortung der Mitarbeiter zu stärken und Arbeit für sie zu einem positiven Bestandteil des Lebens zu machen.

Traditionelle Organisationsstrukturen bedingen unter anderem, dass Informationen in sogenannten Silos verarbeitet werden. Ein Austausch zwischen diesen Silos findet, wenn überhaupt, nur selten statt. Diese Silo-Kultur sorgt für Machtverhältnisse, in denen nur einigen wenigen, vornehmlich dem Management, ein Großteil der Informationen zur Verfügung steht. Und nicht wenige Manager nutzen genau diese Struktur zu ihrem persönlichen Vorteil. Digitale Technologien ermöglichen nun, dass diese Wissenssilos immer stärker aufgebrochen werden können, und fördern somit Transparenz und Wissensaustausch. Dieser Austausch ist heutzutage zwingend notwendig, um agil auf den radikalen Wandel reagieren zu können. Wenn Informationen heute nicht mehr nur exklusiv dem Management zur Verfügung stehen, sondern einem Team oder gar dem ganzen Unternehmen, kann die notwendige Flexibilität sichergestellt werden.

Für diese neue Art der Informationsverarbeitung und der damit zusammenhängenden Flexibilität müssen Räume und neue Arbeitsstrukturen geschaffen werden. Das traditionelle Top-Down-Management ist in der schnelllebigen VUCA-Welt oftmals viel zu starr und zu langsam. Agile Teams, die interdisziplinär und vor allem flexibel arbeiten, sind in der neuen digitalen Unternehmenswelt essentiell. Dabei sind sie oftmals auch innovativer: Bricht man Abteilungsstrukturen auf und fördert den interdisziplinären Austausch, sitzen plötzlich Menschen mit unterschiedlichen fachlichen, aber auch persönlichen Hintergründen am selben Tisch. Diese Diversität begünstigt innovative Ideen, die wir brauchen, um auch in Zukunft im internationalen Wettbewerb erfolgreich zu sein.

Weltweit werden bereits seit einer Weile neue Konzepte rund um New Work ausprobiert und implementiert. Es werden Arbeitsumfelder geschaffen, in denen flexibel und kreativ gearbeitet werden kann. Ein Vorzeigeunternehmen eines solchen Arbeitsumfeldes ist Trivago, das Vergleichsportal für Hotelpreise. Seine Firmenzentrale in Düsseldorf nennt das Unternehmen „Trivago-Campus“ und das Gebäude steht denen der Silicon Valley-Größen wie Google oder Facebook in nichts nach. Ein ovaler Bau ohne Ecken und Kanten soll den „Fluss der Gedanken“ fördern. Auf dem Dach gibt es eine große Terrasse zum Entspannen. Eine Joggingstrecke sowie Fitnessräume bieten Gelegenheit für eine gesundheitsfördernde Auszeit zwischendurch. Auch das Essen ist gesund und abwechslungsreich, denn Köche aus aller Welt kochen frische Spezialitäten aus ihrer Heimat – bei einem Unternehmen, dessen Arbeitsschwerpunkt das Reisen ist, passt das wunderbar und fördert die Kreativität.

Nicht nur die Arbeitsumgebung verändert sich, sondern auch die individuelle Wahl des Arbeitsplatzes. Viele Unternehmen haben begonnen, eine Kultur des mobilen Arbeitens zu fördern: Mitarbeitern wird freigestellt, wo sie arbeiten möchten. Ob von Zuhause aus, im Café oder an dafür vorgesehen Arbeitsplätzen in Co-Working Spaces. Hier treffen Mitarbeitern auf Kreative und Gründer, die in der Regel in Co-Working Spaces arbeiten, bevor sie sich eigene Büros leisten können. Der Austausch kann sich positiv auf die Kreativität der Mitarbeiter auswirken. Unter den DAX-Konzernen gibt es hierfür bereits prominente Beispiele: SAP beispielsweise überlässt es seinen Mitarbeitern selbst, ob sie im Büro oder von zu Hause arbeiten wollen. Und auch Daimler ermöglicht für ausgewählte Arbeitsbereiche mobiles Arbeiten.

Der Kampf um Talente zwingt zum Umdenken

Eine weitere Herausforderung, der sich Unternehmen stellen müssen, sind die veränderten Ansprüche der Arbeitnehmer. Insbesondere junge Bewerber können sich immer weniger für traditionelle, hierarchische Arbeitsstrukturen begeistern. Sie haben einen anderen Anspruch an die Arbeitswelt und Arbeitsgestaltung: Work-Life-Balance ist ihnen wichtig, sie suchen einen gesunden Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit, wünschen sich mehr Verantwortung und Selbstbestimmung und suchen vor allem nach dem Sinn in ihrer Arbeit.

Im Konkurrenzkampf um Fachkräfte, der in Deutschland einen Großteil der Unternehmen über alle Industrien hinweg betrifft, ändert sich das Kräfteverhältnis: Heute müssen sich Unternehmen auch bei Arbeitnehmern bewerben.  Dafür müssen sie umdenken und den Bewerbern genau das bieten, was sie suchen. Die Anpassung der Arbeitsumgebung und -bedingungen wird, wie bereits erwähnt, von vielen Unternehmen schon angegangen. Sogar die Politik arbeitet mittlerweile daran, Homeoffice rechtlich zu ermöglichen. Aber das kann nur der Anfang sein: Vor allem, wenn es um den Sinn der Arbeit geht, müssen Unternehmen noch einiges tun. Geschäftsmodelle müssen von rein profit-driven auf purpose-driven umgestellt werden. Hierzu gehört, dass eine neue Unternehmenskultur etabliert wird, in der Mitarbeiter nicht nur vorgegebene Aufgaben abarbeiten, sondern in der sie die eigenen Tätigkeiten selbstbestimmt und aktiv mitgestalten können. Zu diesem Zweck müssen insbesondere Manager ihre Rolle als Leader stärker wahrnehmen. Sie müssen lernen, Entscheidungsbefugnisse und somit auch Kontrolle an ihre Mitarbeiter abzugeben. Außerdem gilt es, Mitarbeiter zu befähigen („empower“) und zu coachen, damit sie Entscheidungen künftig mit wenig Unterstützung und eigenverantwortlich treffen können. Darüber hinaus sollen Mitarbeiter die Möglichkeit bekommen, sich entsprechend ihrer eigenen Vorstellungen und Wünsche weiterzuentwickeln.

Arbeitnehmer setzen dies mehr und mehr voraus. Wer ihnen einen unflexiblen 9-to-5-Job anbietet ohne Chancen auf (persönliche) Weiterentwicklung, wird es zukünftig schwer haben, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu binden. Und da Unternehmen heute schon Probleme haben, Stellen zu besetzen, sollten sie sich dieser Thematik schnellstmöglich annehmen.

Nichts zu tun ist keine Lösung

Die Zukunft der Arbeit ist bereits heute da. Unternehmen können es sich nicht leisten, diese zu ignorieren. Sie müssen mit klassischen Regeln brechen, die sich seit Jahrzehnten bewährt haben, und ein neues und zeitgemäßes Arbeitsumfeld schaffen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Wille seitens der Unternehmen zu Veränderung ihrer Unternehmens- und Arbeitsstrukturen gegeben ist und dass Mitarbeiter aktiv in die Veränderungen miteingebunden werden. Mit dem Wandel zu New Work hat nämlich nicht nur jedes Unternehmen, sondern auch jeder Mitarbeiter die Chance und auch die Pflicht, zu handeln.

Ein Praxisbeispiel

Für uns bei The Nunatak Group, einer Strategieberatung mit Fokus auf Digitalisierung, scheint es einfach zu sein, über diese Themen zu sprechen. Jedoch können auch wir diese Veränderungen nicht ignorieren und haben bei uns eine neue Arbeitsstruktur und -kultur etabliert, um ein Maximum an Flexibilität sicherzustellen. Wer Unternehmen sinnvoll zu Change-Management beraten möchte, muss selbst mit gutem Beispiel vorangehen und Change aktiv im eigenen Unternehmen vorantreiben. Gesagt, getan. Anfang 2018 haben wir gemeinsam mit unserem Team eine neue Vision und ein passendes Wertesystem entwickelt. Die Betonung liegt hier ganz klar auf „gemeinsam“. Auf Basis dieser neuen Vision haben wir ein neues Organisationsmodell nach dem Vorbild einer Netzwerkorganisation etabliert, in dessen Rahmen sowohl die Entscheidungsfindung als auch die -befugnis auf selbst organisierte Teams verteilt sind. Wir haben die alten Hierarchiestufen abgeschafft und neue Projektrollen entwickelt. Es gibt heute Arbeitsgruppen, die gezielt Wissen zu unseren inhaltlichen Themen und Branchenschwerpunkten aufbauen, z.B. Digitale Kommunikation, Mobility oder Insurance. Zudem haben wir Teams für interne Themen wie Finance, Business Development oder Marketing. Die Teams setzen ihre eigenen Ziele, entscheiden selbst, welche Tools sie nutzen, und organisieren auch Arbeitsumfeld und Urlaubstage in eigener Verantwortung. Unter diesen Voraussetzungen arbeiten unsere Teams maximal agil und mobil. Alles, was wir als Arbeitgeber dazu bieten müssen, ist das organisatorische Setup und die notwendige technische Arbeitsumgebung. Und das tun wir.

Auch das Gehaltssystem ist heute transparent und Boni sind nicht an persönliche Performance, sondern an Unternehmensziele gekoppelt. Da unser neues Wertesystem neben partnerschaftlich und leidenschaftlich auch den Wert unternehmerisch beinhaltet, zahlt das neue Bonussystem genau darauf ein. Das ganze Unternehmen arbeitet auf ein gemeinsames Ziel hin und wir bringen gemeinsam das Unternehmen voran – und davon profitieren wir alle.

Rupert Schäfer Managing Partner, The Nunatak Group Rupert Schäfer hat sich mit Beginn seiner Karriere auf das Thema Digitalisierung von Geschäftsmodellen spezialisiert und besitzt über zehn Jahre Erfahrung im Bereich Consumer Internet und in der Medienlandschaft. 2011 gründete er mit seinem Geschäftspartner Robert Jacobi die digitale Strategieberatung The Nunatak Group in München und ist seitdem dort Managing Partner. Zuvor war Schäfer als Managing Partner bei Result tätig, einer Unternehmensberatung, dessen Schwerpunkt auf der Internationalisierung digitaler Geschäftsmodelle liegt. Hier verhalf Schäfer nationalen, sowie internationalen Kunden dazu, die digitale Transformation im Unternehmen erfolgreich umzusetzen. Zuvor arbeitete Rupert Schäfer bei Hubert Burda Media, wo er an einigen erfolgreichen Investments, darunter Glam und Mydeco, beteiligt war als auch Teil des Gründungsteams der international renommierten DLD Konferenz. Schäfer ist Diplom Betriebswirt der Munich Business School.

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