Obwohl die Zahl der Unternehmensgründungen in Deutschland zuletzt immer weiter gesunken ist beziehungsweise auf einem niedrigen Niveau stagniert, steigt die Zahl der Selbstständigen in freien Berufen kontinuierlich an (vgl. Statista [1]). Offenbar ist es doch nicht die vielbeschworene Angst vor dem Scheitern, die die Menschen von Gründungen abhält. Warum sonst sollten Freiberufler sich aus dem vermeintlich sicheren Anstellungsverhältnis lösen und in die unsichere Selbstständigkeit starten? Immerhin besteht das Risiko, es unter Umständen nicht aus eigener Kraft heraus „zu schaffen“. Offenbar ist jedoch ihr Wunsch nach Freiheit und Flexibilität im Privat- und Arbeitsleben so groß, dass sie die Gefahr des Scheiterns nicht scheuen und sich selbstständig machen.
Doch wer geht eigentlich den Weg der Freiberuflichkeit im Designbereich und wie gestaltet sich das Leben dieser Freelancer? Ist wirklich alles Gold was glänzt? Mit welchen Herausforderungen sehen sich Freiberufler konfrontiert? Um Antworten auf diese und viele weitere Fragen zu finden, haben wir über 10.000 freiberufliche Designer aus 42 Ländern befragt. Die Studie „Design ohne Grenzen: Die Zukunft des Freelancings“ gibt Aufschluss über Einstellungen, Herausforderungen und Motivationen innerhalb der Kreativbranche.
Neukundenakquise läuft digital
Fest steht, dass die Digitalisierung eine Schlüsselposition im Leben der Designer einnimmt. Auch wenn es in dieser Berufssparte schon immer viele Freiberufler gab – 25% der über 40-Jährigen Designer arbeiten bereits seit mehr als 20 Jahren freiberuflich –, ist das für die 30- bis 39-Jährigen (34%) und 25- bis 29-Jährigen (27%) inzwischen zum normalen Lebensmodell avanciert. Entscheidend dafür ist der technologische Fortschritt, der kreative Arbeit zugänglicher denn je macht. Designer auf der ganzen Welt sind sich einig, dass Online-Plattformen inzwischen die Anlaufstelle für die Generierung von Neukunden sind (57%). Für Designer aus Europa ist die Bedeutung der Online-Plattformen noch größer; 84% von ihnen akquirieren dort neue Kunden. Und auch die sozialen Medien spielen hierbei eine immer wichtigere Rolle und werden von 11 Prozent der Designer genutzt, um potenzielle Auftraggeber anzusprechen – in Europa sogar von 51%.
Arbeiten von wo aus und für wen man will
Die starke Fokussierung auf den Onlinebereich führt dazu, dass Designer nicht nur für Kunden aus ihrem nahen Umkreis aktiv werden. Ganz im Gegenteil: 85% der Freelancer arbeiten für Auftraggeber außerhalb der eigenen Zeitzone. Der große Vorteil ist, kommen die Kunden aus sämtlichen Teilen der Welt, bedeutet das auch für die Designer, nicht an einen bestimmten Standort gebunden zu sein, sondern arbeiten zu können, von wo aus sie wollen. Während viele andere noch rätseln, wie sich ein solcher Lifestyle mit ihren beruflichen Rahmenbedingungen verknüpfen lässt, scheint digitales Nomadentum für freiberufliche Designer seit langem gelebte Realität zu sein. Dass Designer sich dessen bewusst sind, zeigt sich daran, dass 43% der Befragten schon im Ausland gelebt und gearbeitet haben und etwas mehr als ein Viertel sogar in mehr als drei Ländern lebte. Waren es früher insbesondere Metropolen wie London, New York und San Francisco, die eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Kreative ausübten, so bevorzugen es heutzutage 76% der Befragten in kleineren Städten, Dörfern und ländlichen Regionen zu leben. Offenbar wird die städtische Reizüberflutung nicht mehr als entscheidender Treiber für die individuelle Kreativität wahrgenommen und die entsprechenden Tools erlauben es, sich auch vom Land aus ein Netzwerk aufbauen zu können.
Rasanter Fortschritt fordert individuelle Weiterentwicklung
Während die Digitalisierung einerseits ein großes Maß an Freiheit und Flexibilität ermöglicht, setzt sie die Freelancer andererseits auch unter Druck. Schließlich entwickeln sich Trends, Webseiten und Stile heute schneller denn je. Damit geht einher, dass auch die Dienstleister stets auf dem neuesten Stand sein müssen, um ihren Auftraggebern zeitgemäße Kreationen bieten zu können und sich mit diesem „Vorsprung“ von ihren Mitbewerbern abzuheben. 60% der Kreativen eignen sich aus diesem Grund selbst ständig neue Fähigkeiten an. Und auch dies geschieht nicht über offline Bildungsangebote: 74% holen sich ihr aktuelles Know-how aus Tutorials auf YouTube. Trotz der großen Beliebtheit dieses Kanals verzichtet doch der Großteil nicht auf eine formale Designausbildung. 40% verfügen über einen Bachelor-, 9% über einen Masterabschluss, 20% haben eine technische Ausbildung absolviert. Dennoch glauben nur 15% der Befragten, dass die Ausbildung selbst über den Erfolg der kreativen Karriere entscheidet.
Individuelle Anpassungsfähigkeit wird zum Erfolgsfaktor
Dies erscheint nur folgerichtig, wirft man einen Blick auf die Herausforderungen, denen die Designer sich – aus europäischer Sicht – in Zukunft stellen müssen. Sie sehen die größten Probleme der Designbranche in der Ethik des Designs, Automatisierung am Arbeitsplatz, in der Homogenität der Belegschaft sowie in den Umweltauswirkungen des Designs. Um sich dem stellen zu können, seien die Anpassungsfähigkeit an den sozialen und technologischen Wandel, aber auch an kommunikations- und funktionsübergreifende Fähigkeiten wichtige Voraussetzungen – also nichts, was man an einer Hochschule lernen kann. Zudem betrachten vor allem europäische Designer die Datenanalyse als entscheidende Fähigkeit, um sich zukünftig in der Branche behaupten zu können. Dementsprechend lernen bereits 19% zu programmieren und 24% setzen auf Know-how im UI- und UX-Design-Bereich.
Die Designer sind sich also nicht nur ihrer zukünftigen Herausforderungen bewusst, sondern passen sich bereits heute den neuen Anforderungen an, um morgen erfolgreich weiter als Freiberufler leben und arbeiten zu können.
Quellen und Referenzen:
[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/158665/umfrage/freie-berufe—selbststaendige-seit-1992/
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