Lasst den New-Work-Moment nicht ungenutzt verstreichen

Den Begriff New Work verbinden viele zunächst nur mit dem Homeoffice. Doch dieser Gedanke ist viel zu eng gefasst, schließlich beschreibt das Konzept ein neues Lebensgefühl, bei dem der Sinn der eigenen Arbeit im Vordergrund steht und jeder einzelne mehr Verantwortung übernimmt. Richtig umgesetzt ist die neue Gestaltungsfreiheit am Arbeitsplatz eine große Chance, um alte Strukturen aufzubrechen und endlich nachhaltiger zu agieren.
Von   Kai Grunwitz   |  CEO Germany und Regional Leader DACH NTT Ltd.   |  NTT Ltd.
11. Januar 2024

Kaum ist die Betriebsvereinbarung für mobiles Arbeiten der Beschäftigten unterschrieben, war es das auch schon mit dem New-Work-Engagement vieler Unternehmen. Das ist schade, wäre es doch viel sinnvoller, die Aufbruchsstimmung zu nutzen, um tiefgreifende Veränderungen anzupacken. Schließlich ging es dem Philosophen Frithjof Bergmann, der den Begriff in den 80er Jahren prägte, nicht darum, dass jeder arbeiten kann, wo er will, sondern, dass jede Tätigkeit einen Sinn hat und gleichzeitig ökologisch und sozial nachhaltig ist.

Zugegeben, die Idee klingt etwas utopisch, den Grundstein für die Selbstverwirklichung legt ohnehin jeder im Moment der Berufswahl selbst. Doch Unternehmen können einiges tun, damit sich die Arbeit nicht nur nach Geldverdienen anfühlt. Ein Element ist, dass Arbeitgeber ihren Angestellten im Sinne der Selbstorganisation freistellen, wo diese ihre Aufgaben erledigen möchten. Manchen kommen die besten Ideen in den eigenen vier Wänden, andere hingegen brauchen den persönlichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, um effizient und konzentriert zu sein. Moderne Firmen sollten daher jegliche Arbeitsumgebung optimal gestalten und unterstützen.

Das Büro hat noch lange nicht ausgedient

Natürlich sind Homeoffice und mobiles Arbeiten mittlerweile eine Selbstverständlichkeit; dies wird auch so bleiben. Mitarbeitende brauchen daher eine geeignete technische Ausstattung, einen stabilen Zugriff auf das Firmennetzwerk, aber auch Kollaborations-Tools fürs Teamwork. Das Argument, dass beim Arbeiten in den eigenen vier Wänden keine CO2-Emissionen entstehen, weil das Auto stehen bleibt, stimmt übrigens so nicht. Denn auch digitale Kollaboration und Kommunikation verursachen Treibhausgase. Sowohl die Arbeitsgeräte der Mitarbeitenden als auch die Rechenzentren, in denen die Business-Anwendungen und Cloud-Services laufen, benötigen Strom und stoßen CO2 aus. Durch eine E-Mail entstehen etwa zwischen 0,03 und 26 Gramm CO2, bei einer Stunde Videokonferenz 55 Gramm.

Im Übrigen ist auch das Büro kein Klimasünder mehr und kann als Smart Office ein mächtiges Werkzeug sein, um Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen. Shared Desks tragen etwa dazu bei, denn dadurch benötigen Unternehmen weniger Bürofläche und dadurch auch weniger Fläche beheizen und beleuchten müssen. Erfassen sie zudem die Belegung der Arbeitsplätze und Räume, können sie ungenutzte Bereiche und Tische gezielt stromlos schalten, sodass Geräte, die sonst im Stand-by-Modus wären, keinen Strom verbrauchen und das Licht nicht dauerhaft brennt. Im Idealfall koppeln Unternehmen auch die Heizungssteuerung an die Belegung. Darüber hinaus gilt es, den Stromverbrauch einzelner Geräte und Bürobereiche möglichst granular zu messen, sei es mittels smarter Steckdosen, Kabelklemmen am Stromkreis oder Fingerprinting am Smart Meter, denn nur so lassen sich große Verbraucher identifizieren und Optimierungspotenziale erkennen. Viele Netzwerkgeräte ermitteln ihren Stromverbrauch praktischerweise gleich selbst – moderne Access Points können sogar die Sendeleistung reduzieren, wenn nur wenig Datenverkehr anfällt.

Sensoren sorgen für gesunde Arbeitsumgebung

Der optimierte Energieverbrauch ist aber nur eine neue Facette des intelligenten New-Work-Büros. Zudem sorgen Sensoren für eine gesunde Arbeitsumgebung und fördern so produktives Arbeiten. Ist es zu warm, zu dunkel oder zu laut, führt dies – manchmal auch unbewusst – zu Stress, und die Leistungsfähigkeit sinkt. In einem Smart Office wachen daher Sensoren über Temperatur, Helligkeit, Lautstärke und Luftqualität (CO2-Gehalt, Luftfeuchtigkeit, Schadstoffgehalt). Durch eine Vernetzung mit der Gebäudetechnik, wird dann als Reaktion auf die Messwerte die Heizung automatisch reduziert oder das Licht ein- oder ausgeschaltet, wenn es notwendig ist.

Neben diesen Aspekten repräsentieren Büroräume im Sinne des New-Work-Gedanken auch eine stärkere Vernetzung innerhalb von Organisationen. An Stelle der klassischen Gestaltung, bei dem die Bürogröße der Hierarchieebene entspricht, treten verschiedene Arbeitsbereiche, die für alle zugängig sind. Bürobereiche und ruhige Einzelplätze für konzentriertes Arbeiten existieren natürlich weiterhin, werden aber ergänzt durch Co-Working Spaces, Lounges, Projekt- und Meeting-Räume, die den Austausch mit anderen erleichtern, Teams zusammenwachsen lassen und eine kreative Zusammenarbeit fördern. Mitarbeitende entscheiden selbst, in welchem Bereich sie sich am wohlsten fühlen und buchen ihn vorab über ein entsprechendes System. Anhand dieser Daten bekommen Unternehmen auch einen guten Überblick über die Auslastung des Büros und der einzelnen Arbeitsplätze. Erkennen sie eine Tendenz zu mehr Co-Working-Flächen, können sie weniger genutzte Räume umgestalten.

Neuer Führungsstil setzt auf Vertrauen

Die Beschäftigten sollten nicht nur aus einer Vielfalt an Arbeitsumgebungen wählen können, sondern auch leicht zwischen ihnen wechseln können. Deshalb sind Smart Offices unbedingt auch Wireless-only Offices, in denen die Mitarbeitenden überall sofort loslegen können, ohne erst Kabel anzustecken oder Adapter zu suchen. Das erleichtert den reibungslosen Wechsel zwischen verschiedenen Arbeitsbereichen. Ein modernes Wi-Fi 6 oder 6E garantiert zudem schnelle und zuverlässige Verbindungen bis in den letzten Winkel. Videosysteme in den Projekt- und Meeting-Räumen sorgen dafür, dass auch die remote arbeitenden Kolleginnen und Kollegen gleichberechtigte Teilnehmer sind und nicht nur kaum wahrnehmbares Beiwerk auf einem kleinen Notebook-Display.

Mindestens genauso wichtig wie optimierte Schaffensräume ist übrigens eine Unternehmens- und Führungskultur, die die Prinzipien von New Work unterstützt. Nur Vorgesetzte, die Vertrauen in die Belegschaft haben, werden ihr auch die Freiheit geben, selbstverantwortlich zu handeln, sich in Experimentierräumen auszuprobieren und gemeinsam zu entscheiden. Die Vertreterinnen und Vertreter der New Leadership begegnen den Mitarbeitenden auf Augenhöhe und verstehen sich als Coach oder Moderator, nicht mehr als Kontroll- und Weisungsinstanz.

Durch die kluge Kombination aus attraktiven Arbeitsumgebungen und neuem Führungsstil schaffen es Unternehmen, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen, so dass sich jeder einzelne in seinem Beruf frei entfalten und verwirklichen kann. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist dieser Umstand ein großer Wettbewerbsvorteil, um Mitarbeitende an sich zu binden. Dabei gibt es kein Patentrezept für die richtige Mischung aus Arbeitsmodellen, sondern alle Beteiligten müssen selbst eine Balance aus virtueller und physisch präsenter Bürokultur finden, um ihr Business bestmöglich zu unterstützen.

Kai Grunwitz ist seit 2014 bei NTT und leitete NTT Security in Zentraleuropa und später als Senior Vice President das gesamte Cybersecurity-Geschäft in EMEA. Im Jahr 2019 übernahm er die Rolle des Managing Director Germany für NTT Ltd. Germany und ist jetzt CEO Germany und Regional Leader DACH NTT Ltd.

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