Künstliche Intelligenz im Einsatz für die Gesundheit

Von   Daniela Jansen   |  Director Product Marketing   |  Dassault Systèmes
24. Juni 2020

Künstliche Intelligenz (KI) hilft dabei, Informationen aus großen Datenmengen zu extrahieren, zu analysieren und bestmöglich zu nutzen. Im Bereich Life Sciences ergeben sich dadurch neue Möglichkeiten, Prozesse zu optimieren, Produktentwicklungen zu beschleunigen und Innovationen zu fördern. Unternehmen können dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig stärken und neue Potenziale erschließen.
Die Möglichkeiten, die KI-Lösungen im Bereich Life Sciences bieten, sind vielfältig: Pharmaunternehmen erhoffen sich, die Entwicklungszeiten neuer Medikamente deutlich zu verkürzen. Zudem können sie ihre Produktionsprozesse optimieren und damit Kosten einsparen. Ärzte können KI in der Diagnostik einsetzen, um Diagnosen zu verbessern und entsprechend passende Therapieangebote für den Patienten früher einzuleiten. Um außerdem neue Marktfelder zu identifizieren und Forschungsgebiete zu entwickeln, kann KI eine Schlüsselrolle einnehmen.

Die richtige Vorbereitung

Bisher stehen viele Unternehmen noch vor der Herausforderung, KI richtig einzusetzen. Die Erwartungshaltung ist dabei oftmals groß. Doch KI-Lösungen gibt es nicht von der Stange und sie können keine Wunder vollbringen. Vielmehr ist der professionelle Einsatz von KI ein Prozess, der richtig geplant und umgesetzt werden will. Das erfordert eine sorgfältige Vorarbeit und das richtige Verständnis für die vorhandenen Daten und deren potenziellen Nutzen.

Datenaufbereitung

Zunächst geht es darum, eine gute Datenqualität sicherzustellen. Bereits das Sammeln der Daten birgt dabei einige Herausforderungen, da das Entscheidende nicht alleine die Menge der erhobenen Daten ist. Wichtig ist vor allem, die Daten zu verstehen und aufzubereiten, damit die KI-Lösung sie richtig nutzen kann.

Daten integrieren und Qualität sicherstellen

Unternehmen sollten zuerst Grenzen zwischen bestehenden Datensilos auflösen. Oftmals werden Daten aus verschiedensten Quellen und in unterschiedlichen Formaten gesammelt. Diese müssen vereinheitlicht und an einem Ort konsolidiert werden. Eine weitere wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz von KI: Die Qualität sowie Integrität der Daten müssen gewährleistet werden. Nur so können die Modelle und Algorithmen auf verlässliche Daten zugreifen, um die großen Datenmengen auszuwerten. Ist die Datenqualität schlecht, wird auch das Ergebnis nicht wie erwartet ausfallen. Die Auswahl der zur Fragestellung passenden Daten ist genauso relevant wie die Bereinigung der Daten.

Kontext verstehen und extrahieren

Anschließend spielt die Dateninterpretation eine wichtige Rolle, um die Daten in den richtigen Kontext zu setzen. Nur wenn zu der Vielzahl an einzelnen Datensätzen Metadaten wie etwa Einheiten und Relationen hinzugefügt werden, können diese echte Mehrwerte bieten. Dadurch wird aus einer Zahl mehr als nur ein Datenpunkt – er erhält eine Bedeutung. Hierzu müssen die Metadaten verstanden und extrahiert werden. Life-Sciences-Unternehmen müssen folglich auf Technologien zurückgreifen, die Metadaten vor allem aus dem wissenschaftlichen Bereich verarbeiten können.

Die richtigen Fragen stellen und die passende KI-Lösung auswählen

Bevor eine KI-Anwendung in einem Unternehmen zum Einsatz kommt, muss geklärt werden, welche Fragen beantwortet werden sollen. Denn nur wenn Unternehmen vorab wissen was sie erreichen möchten, können sie die richtigen Daten und Algorithmen auswählen. Dies bedeutet, dass genau überlegt werden sollte, ob eine Datenanalyse mit KI notwendig ist, oder ob bereits eine statistische Auswertung der Informationen ausreicht. Nur so können Unternehmen unnötigen Aufwand oder falsche Erwartungen vermeiden und KI nutzenbringend einsetzen.

Um das volle Potenzial von KI auszuschöpfen, ist es darüber hinaus wichtig, die KI-Lösung mit Bedacht auszuwählen. Dafür sollte sie auf Basis der vorher definierten Fragestellungen sowie der zu verwendenden Daten selektiert und an die Anforderungen des Unternehmens oder der Forschungseinrichtung angepasst werden. Die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Partner im KI-Bereich hilft dabei, die Technologie und Lösung zu wählen, die genau auf die Bedürfnisse und den jeweiligen Fachbereich ausgerichtet ist und die gewünschten Antworten liefert.

Potenziale erschließen

Im Bereich Life Sciences zählt KI zu den Schlüsseltechnologien der Zukunft. Sie kann wertvolle Beiträge leisten in Diagnostik, Produktentwicklung, Forschungsinnovation, bei klinischen Tests und in der Produktion.

In der Diagnostik ist es beispielsweise durch KI möglich, Brustkrebs präziser erkennen zu können und stellt dadurch ein hilfreiches Werkzeug für Ärzte dar. Die Software kann erkennen, ob auf der Mammografie eine Struktur zu erkennen ist, die eine weiterführende Diagnostik sinnvoll erscheinen lässt. Mediziner können damit die Spezifität und die Sensitivität des Screenings verbessern und reduzieren falsche Diagnosen. In einer Testreihe konnten falsch positive Ergebnisse dadurch um fast 6 Prozent [1] verringert werden. Brustkrebs wird somit sicherer erkannt, unnötige Therapien werden vermieden.

Eine PwC-Studie [2] belegt zudem, dass KI dazu beitragen kann, Krankheiten genauer und signifikant früher zu erkennen und damit Kosten zu reduzieren. Durch KI können demnach in den kommenden zehn Jahren die Gesundheitsausgaben allein in Europa um einen dreistelligen Milliardenbetrag gesenkt werden. PwC hat dazu drei weit verbreitete Krankheitsbilder in den Blick genommen, die hohe Kosten verursachen und das Einsparungspotenzial durch KI untersucht.

Danach zeigen klinische Studien, dass sich aus den Gesundheitsdaten von Zweijährigen ablesen lässt, wie hoch ihr Risiko für Fettleibigkeit im Kindesalter ist. Bei der Früherkennung ließen sich hier durch gezielte Präventionsmaßnahmen etwa 90 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren einsparen. In der Früherkennung von Demenz ermöglicht KI eine Genauigkeit von 82 bis 90 Prozent. Wird die Krankheit in Vorsorgeuntersuchungen frühzeitig erkannt, lassen sich laut der Studie in den kommenden zehn Jahren rund acht Milliarden Euro einsparen. Bei Brustkrebs ermöglicht KI nicht nur die Früherkennung, sondern auch eine passgenaue Therapie. So kann KI voraussagen, wie ein Patient voraussichtlich auf eine Chemotherapie reagiert. Dies geschieht durch die Verknüpfung von Patientendaten und den erwartbaren Nebenwirkungen der Therapie. Mediziner können damit den Einsatz der benötigten Medikamente entsprechend anpassen und so ungewünschte Folgeerscheinungen eindämmen. Das Einsparpotenzial wird hier laut PwC für die kommenden zehn Jahre auf 74 Milliarden Euro geschätzt.

KI unterstützt außerdem die natürliche Intelligenz dahingehend, dass sich Wissenschaftler mehr auf die eigentliche wissenschaftliche Arbeit fokussieren können. So können zum Beispiel Daten zeitaufwendiger Analyseverfahren für Modelle verwendet werden, was auch für den Laborbereich ein hohes Einsparpotenzial birgt. Viele Tests müssen nicht mehr physisch durchgeführt werden, sondern können – basierend auf bereits vorliegenden experimentellen Daten – virtuell vorgenommen werden. Damit kann KI die Effektivität auch in diesem Bereich maßgeblich steigern und damit helfen Innovation zu beschleunigen und Kosten für die Forschung zu reduzieren.

Unbekannte Zusammenhänge aufdecken

KI hat zudem ein spannendes Anwendungsgebiet, wenn es darum geht Legacy-Daten neu zu betrachten. So können heute unter Umständen Zusammenhänge erschlossen werden, die vor wenigen Jahren noch nicht möglich waren. Beispielsweise sind Machine Learning-Algorithmen in der Lage, kleinste Abweichungen und Auffälligkeiten in der Produktionsstraße zu erkennen. Damit kann Machine Learning dabei helfen, den Produktionsprozess anzupassen und damit den Materialverbrauch und die Qualität der Produkte zu optimieren.

KI kann darüber hinaus auch Handlungsempfehlungen geben, die so vielleicht noch gar nicht in den Blick geraten sind. Sie hilft Wissenschaftlern dabei, übergreifende Zusammenhänge zu verstehen und Wissen zu verknüpfen. Werden weitere Informationen, wie etwa aus öffentlichen Publikationen, mit firmeninternen Daten integriert, ergibt sich ein umfassendes Bild das neue Möglichkeiten aufzeigen kann. KI-basierte Anwendungen helfen Forschern damit nicht nur einzelne Datensätze zu verstehen, sondern auch die Brücke zu anderen Forschungsgebieten zu schlagen. Dieser interdisziplinäre Ansatz ermöglicht es, neue Felder zu erschließen und innovative medizinische Produkte zu entwickeln.

Fazit

Der Gesundheitsbereich kann schon heute durch KI-Anwendungen revolutioniert werden. Diagnostik und Behandlung können dadurch genauer und zielgerichteter sein – was sich sowohl auf eine optimale Versorgung von Patienten als auch die Gesundheitsausgaben auswirkt. Zudem kann Machine Learning neue Ansätze in der Forschung ermöglichen und so schneller als jemals zuvor Wirkstoffe und Therapien verfügbar machen, Entwicklungs- und Produktionskosten sparen oder völlig neue medizinische Produkte entwickeln.

 

Quellen und Referenzen:

[1] https://www.handelsblatt.com/technik/medizin/studie-google-ki-koennte-brustkrebserkennung-verbessern/25381238.html?ticket=ST-541352-qFpZbJGfozZTOeosfsvW-ap1

[2] https://www.pwc.de/de/gesundheitswesen-und-pharma/wie-kuenstliche-intelligenz-das-gesundheitssystem-revolutioniert.html

 

Dr. Daniela Jansen verantwortet als Director Product Marketing die Entwicklung von Kommunikationsinhalten, strategische Lösungspositionierung u. Formulierung des Kundennutzens der BIOVIA-Lösungen von Dassault Systèmes. Sie hat lange Erfahrung u.a. in den Bereichen Biowissenschaften u. Laborprozesse.

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