Die Situation von Karl K. spiegelt den Alltag vieler Menschen: Wieder einmal ist er morgens um 4:00 Uhr aufgewacht. Und das Gedankenkarussell hat sofort angefangen sich zu drehen. Um viele kleine und große Sorgen. Als ihn der Wecker dann zwei Stunden später aus dem Halbschlaf aufschreckt, ist er wie gerädert.
Seine 15 jährige Tochter, der er vor dem Badezimmer begegnet, sagt mit dunklen Ringen unter den Augen: „ich hab sooooo lange gelernt“. Karl K. denkt sich: wahrscheinlich hat sie wieder die ganze Nacht mit »facebook« verbracht. Das ist eine seiner großen Sorgen.
Zwei Stunden später sitzt er in der ersten Besprechung des Tages. Er ist in Gedanken jedoch bei der Email des Projektleiters eines wichtigen Kunden. Sicher, er hätte sich schon längst in die besondere Problematik dieses Change Request bei der Einführung der neuen Software einarbeiten müssen. Andererseits sind die Emails dieses Projektleiters immer so formuliert, dass er sich schon ärgert, wenn er nur den Namen des Absenders im Postfach findet. Und irgendwie werden seine Aufgaben immer mehr, und gleichzeitig erledigt er immer weniger. Und die Steuererklärung müsste auch längst abgegeben sein….
Wie soll er das alles eigentlich noch weitere 20 Jahre schaffen? Die Hypotheken für das Haus müssen abbezahlt werden. Seine Frau, die ihm nicht glauben will, dass die Tochter exzessiv chattet. Seine eigenen Schlafstörungen…. Und sein Arzt liegt ihm schon in den Ohren, sein Blutdruck sei zu hoch, die Zuckerwerte ebenfalls und er soll doch den Stress einfach etwas reduzieren … Leicht gesagt, aber wie sollte das funktionieren?
»Heute habe ich wieder nichts geschafft!« Wie oft hören wir das im Selbstgespräch oder von anderen. Dieser Satz verhindert Entspannung und die Aktivierung des Belohnungszentrums im Gehirn. Die Folge kann sein, dass sich das Hamsterrad noch schneller dreht, Schlafstörungen auftreten, und man morgens gegen 4 Uhr die vielen offenen Punkte wälzt. Über die Zeit des wahrgenommenen »Nicht-Schaffens« schwindet das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten. Das Gefühl der Selbstwirksamkeit sinkt. Mit dem stärker werdenden Gefühl, dass man die wichtigen Dinge eh nicht umsetzt, erhöht sich das Gefühl der Hilflosigkeit. Das Depressionsrisiko steigt.
Was passiert in unserem Gehirn? Von jedem bewussten Vorhaben wird in einem Zentrum unseres Gehirns eine »Blaupause«, also eine Kopie abgelegt. Wenn wir etwas fertig haben oder es ist erledigt, wird die Blaupause gelöscht. [1]
Menschen, die mit den Händen etwas Sichtbares schaffen, geben diesem Zentrum automatische positive Impulse. So kann sich beispielsweise ein Dachdenker nach getaner Arbeit ein Bild seiner Leistung machen. Das Stoffwechselsystem schüttet Hormone aus, die das Belohnungszentrum im Gehirn und mit ihm die Glücks-botenstoffe aktivieren.
Menschen, die nichts Sichtbares schaffen, deren Stapel immer höher werden, deren E-Mail-Posteingangskorb abends genauso voll ist wie morgens, brauchen persönliche Rituale, um ihre offenen Blaupausen im Gehirn abzuhaken. Daher kommt der Ausdruck »Häkchenzentrum«.
Was hilft zu mehr Gelassenheit und dem positiven Gefühl, »etwas geschafft zu haben«?
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- Ein passendes persönliches Ritual: z. B. handschriftliches Notieren von Aufgaben und dem »Erledigt-Häkchen«.
- Bewusste Reflektion der »Häkchen« vor oder beim abendlichen Heimweg.
- Selbst wenn man nichts von dem erledigt hat, was man sich vorgenommen hatte, ist es wichtig, die anderen Dinge zu würdigen, die man gemacht hat, ohne sie geplant zu haben.
- Im Team ein passendes Ritual, z.B. zum Start in den Tag oder zum Abschluss der Woche: »Was haben wir erledigt? Wo stehen wir jetzt?…«
Wichtig ist, das Ritual sollte so in den Ablauf eingefügt werden, dass es auch machbar ist. Sonst könnte es dazu führen »Ritual nicht geschafft«, was wiederum zu einer weiteren Verstärkung des Hamsterrades führen würde.
Und deshalb – welche Rituale nützen Sie?
Quellen und Referenzen
[1] Pöppel: Reafferenzprinzip oder „Zeigarnik-Effekt G. Hüther: Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn, 2010
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