KI und Robotik haben das Potenzial, das Gesundheitswesen zu verändern

Von   Roshan Shetty   |  VP and Head of Life Sciences, Insurance & Healthcare for EMEA, Infosys   |  Infosys
29. April 2022

Hausärzte und Krankenschwestern testen im Londoner Wahlkreis Merton and Wandsworth den Einsatz einer auf künstlicher Intelligenz (KI) basierenden App, um Krebs in einem frühen Stadium zu erkennen. Die Anwendung analysiert im Rahmen der Patientensprechstunde die Kombination von Anzeichen, Symptomen und Risikofaktoren und unterstützt so dabei, Patienten mit einem erhöhtem Krebsrisiko zu identifizieren. Und auch der Moorfields Eye Hospital NHS Foundation Trust kooperiert seit 2016 mit einem Unternehmen, das sich auf die Programmierung einer künstlichen Intelligenz spezialisiert hat, um Ärzten bei der Diagnose und Behandlung schwerwiegender Augenkrankheiten unter die Arme zu greifen.

Laut einem Bericht von CB Insights zum Thema „Healthcare AI Trends to Watch“ stiegen die Anwendungsfälle für KI-Technologien im Gesundheitswesen, insbesondere aber während der COVID-19-Pandemie, signifikant. Noch ist nicht klar, inwieweit die Arbeitsweise von Pathologielaboren durch günstigere, schnellere und bessere MRT- und CT-Scans oder Telepathologie verändert werden kann – aber bereits jetzt steht fest, dass die KI dabei eine bedeutende Rolle spielen wird, so die Studie.

Aus diesem Grund überrascht es nicht, dass Investitionen von Private-Equity-Unternehmen in KI im Gesundheitswesen stetig zunehmen. Darüber hinaus konzentrieren sich die Organisationen vermehrt auf Trends wie zum Beispiel personalisierte Medizin – die Rolle der Technologie wird deswegen bei der Gestaltung der Zukunft des Gesundheitswesens auch weiterhin vermehrt im Vordergrund stehen.

Künstliche Intelligenz kann im Gesundheitswesen in den folgenden Bereichen eingesetzt werden:

  • Bessere Diagnosen, weniger Fehldiagnosen
    Fehldiagnosen können zu potenziell tödlichen Umständen führen – aus diesem Grund ist das Versprechen der KI, den Diagnoseprozess zu verbessern, besonders spannend und wegweisend. So nutzt der britische National Health Service (NHS) beispielsweise eine KI-Technologie, die die CT-Scans von ihren Patienten zu analysiert, bei denen der Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit besteht. Mithilfe von KI wird aus den Scans dann ein individuelles, personalisiertes 3D-Modell erstellt. Dies wiederum hilft den Ärzten dabei, den Blutfluss genauestens zu untersuchen und wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. In der Radiologie hingegen hilft die Computer Vision zum Beispiel dabei, Anomalien in medizinischen Scans zu erkennen und eine bessere Diagnose zu treffen.
  • Effizientere Entscheidungsfindung
    Die KI stellt dringend benötigte, umsetzbare Erkenntnisse auf Grundlage von automatisierten Datenanalysen bereit – das Gesundheitspersonal ist so in der Lage, fundiertere Entscheidungen zu treffen. Das Problem dabei: Informationen müssen zwar einerseits zugänglich sein, müssen andererseits aber auch geschützt werden, um Missbrauch zu verhindern. Daher muss es ausreichende Maßnahmen und Prüfungen geben. Framework- und Governance-Modelle müssen so gestaltet sein, dass sie Agilität und Schnelligkeit ermöglichen und gleichzeitig personenbezogene Daten schützen.
  • Frühzeitige Erkennung von Erkrankungen
    Bei schweren Krankheiten wie Krebs bedeuten Verzögerungen den Unterschied zwischen Leben und Tod. KI-gestützte Lösungen helfen nicht nur bei der Früherkennung der Krankheit, sondern beschleunigen auch den Beginn der Behandlung, indem sie geeignete und individuelle Behandlungswege vorschlagen.
  • Schnellere und zuverlässigere Diagnose
    Ein von einem MIT-Forschungsteam entwickelter Algorithmus für Machine Learning ist in der Lage, 3D-Scans bis zu 1.000 Mal schneller zu analysieren als bisher. Solche Anwendungen können sich als äußerst wertvoll erweisen, da die Bildanalyse für Ärzte derzeit noch ein mühsamer und zeitaufwändiger Prozess ist. Das Addenbrooke-Krankenhaus in Cambridge nutzt beispielsweise ein spezielles System, um Scans von Patienten mit Prostatakrebs automatisch zu verarbeiten. Die KI-Bildanalyse ermöglicht außerdem eine Fernbehandlung, indem sie mit Hilfe von Tools wie Kameras Informationen an die Ärzte sendet.
  • Die Administration vereinfachen
    Derzeit sind die Prozesse im Gesundheitswesen oftmals repetitiv, mühsam und sehr zeitaufwändig. Technologien wie automatische Sprach-zu-Text-Transkriptionen tragen dazu bei, diese Aufgaben für Ärzte, Krankenschwestern und Hilfspersonal zu vereinfachen, zu beschleunigen oder auch ganz zu eliminieren. Dennoch sollte der Schwerpunkt nicht nur auf der blinden Automatisierung bestehender Prozesse liegen, sondern in erster Linie auf der Beseitigung unnötiger oder redundanter Prozesse mithilfe von Echtzeit-Prozessen.
  • Maximierung der KI-Einführung im Gesundheitswesen
    KI birgt zwar ein enormes Potenzial für das Gesundheitswesen und die Medizin, bringt aber auch gewisse Herausforderungen mit sich – insbesondere wie bereits genannt in Bezug auf Datenschutz und Ethik. Angesichts des sehr persönlichen Charakters des Gesundheitswesens ist es von entscheidender Bedeutung, das Vertrauen der Patienten zu gewinnen, wenn es darum geht, sich bei Diagnose und Behandlung auf Maschinen und künstliche Intelligenz zu verlassen.

Aus technologischer Sicht gibt es einige Möglichkeiten, wie sich Gesundheitsdienstleister darauf vorbereiten können, KI optimal und gewinnbringend in ihrem Betrieb einzusetzen.

  • Data Lake erstellen: Die Konsolidierung von Daten in Form eines Data Lake bietet Unternehmen die Flexibilität, die Daten für eine Vielzahl von Anwendungsfällen zu nutzen. Selbst wenn diese nicht sofort genutzt werden sollen, kann es bereits hilfreich sein, überhaupt über die erforderlichen Analysefunktionen zu verfügen.
  • Erstellung von Datenschutzprotokollen: Mit zunehmender Automatisierung sind detaillierte Datenschutzprotokolle, die eingeführt und verinnerlicht wurden, von entscheidender Bedeutung.
  • Training: Entscheidend ist, dass alle Akteure im Gesundheitswesen entsprechend geschult werden, um die Informationen und Tools richtig nutzen zu können. Andernfalls kann es bei zu wenig Training zu unbeabsichtigten Folgen kommen, die schweren Schaden anrichten können.

Auch auf regulatorischer Seite bilden staatliche Stellen bereits jetzt schon Foren und Ausschüsse, um Kontroll- und Governance-Mechanismen einzurichten, die den Missbrauch der gesammelten Daten verhindern sollen. Es ist jedoch mindestens ebenso wichtig, die Einführung von KI im Gesundheitswesen aus einer strategischen Perspektive zu betrachten und sich darauf zu konzentrieren, ihre positiven Auswirkungen zu maximieren und gleichzeitig die Risiken zu minimieren.

KI und Machine Learning erweisen sich als grundlegend für die Frühdiagnose kritischer Krankheiten und haben die Präzision von Diagnosen radikal verbessert. Die transformative Wirkung der schnelleren Bereitstellung von Dienstleistungen durch KI-gestützte Tools wirkt sich auch positiv auf Patienten aus. Angesichts der Kombination von Faktoren wie neuen Innovationen im Bereich der KI, dem zunehmenden Mangel an ausgebildeten Fachkräften im Gesundheitswesen und einer rasch alternden Weltbevölkerung ist und wird KI im Gesundheitswesen ein Dauerbrenner bleiben.

Roshan Shetty ist VP und Head of Insurance, Life Sciences & HealthCare für EMEA bei Infosys und unterstützt Kunden bei der Entwicklung ihrer Strategie und der Durchführung von Transformationsprogrammen, die Geschäfts- und Technologiedienstleistungen nutzen. Er verfügt über mehr als zwei Jahrzehnte globaler Erfahrung in der IT-Dienstleistungsbranche bei Infosys, wo er Kunden in der ganzen Welt (USA, Großbritannien und Europa) betreut.

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