Erst Fachkräftemangel, nun Quiet Quitting? Wie Unternehmen mittels flexibler Benefits ihre Mitarbeiter:innenbindung stärken

Der Fachkräftemangel hält Unternehmen seit geraumer Zeit in Atem, verstärkt wird die Problematik dadurch, dass zahlreiche Arbeitgeber:innen nicht in der Lage sind, ihre Arbeitnehmer:innen zu proaktiven Arbeiten zu motivieren (Gallup, 2022). Primär die jüngsten Generationen kommunizieren ihr Streben nach Ausgewogenheit und nachhaltigem Wandel auf dem Arbeitsmarkt laut und offen: Nahezu die Hälfte der Arbeitnehmer:innen der Generation Z sowie 38 Prozent der berufstätigen Millennials fühlen sich sich den Großteil ihres Arbeitstages über gestresst. Bei 46 Prozent beider Generationen tritt gar das Gefühl ein, sich ausgebrannt zu fühlen (Deloitte, 2022).
Von   Jessie Danyi   |  Belonging & Impact Lead   |  Pleo
20. Oktober 2022

Es ist derzeit deutlicher denn je: Ein Wandel in der Arbeitswelt muss her. Dass dieser bereits in vollem Gange ist, zeigt das sogenannte Quiet Quitting – vor kurzem noch ein Trend auf TikTok, ist es heute schon Teil des Diskurses der Arbeitswelt. Bei dem Phänomen handelt es sich um ein Gegenkonzept zur Hustle-Kultur: Anstatt sich für einen Job aufzuopfern, rufen Nutzer:innen in den sozialen Medien zum Dienst nach Vorschrift auf. Nicht mehr, nicht weniger. Alles zugunsten der gestärkten mentalen Gesundheit und der Unterstützung einer ausgewogenen Work-Life-Balance.

Früher lag die Machtverteilung mehr auf Seiten der Arbeitgeber:innen, zahlreiche Mitarbeiter:innen verspürten unterschwelligen Leistungsdruck. Die Pandemie und der daraus resultierende Fachkräftemangel veränderte dieses Kräfteverhältnis und legte die Entscheidungshoheit verstärkt in die Hände der Arbeitnehmer:innen. Diese setzen gesunde Grenzen, um im Job zwar alles zu geben und ihren Job zu lieben, aber am Ende des Tages die Arbeit am Arbeitsplatz lassen zu können. Damit wird ein positiver Trend ins Rollen gebracht, der gefeiert werden sollte – die Menschen brauchen diese Zeit, die sich ansonsten zu leicht in Überstunden wandeln kann.

Es ist nichts Verwerfliches daran, wenn Mitarbeiter:innen sich an die vereinbarten Arbeitszeiten halten. Viel relevanter ist, dass Mitarbeiter:innen in dieser vereinbarten Zeit dabei ermutigt und unterstützt werden, ihr volles Potential auszuschöpfen. Um sie dazu zu motivieren, gilt es die Bedürfnisse und Wünsche der Angestellten zu erfüllen. Unternehmen müssen proaktiv handeln und einen größeren Fokus auf individuelle Benefits für ihre Mitarbeiter:innen legen.

Tischkicker & Obstkorb ade: Worauf Unternehmen jetzt achten müssen, um Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen zu erfüllen

Auf den ersten Blick ein No-Brainer: Je glücklicher Mitarbeiter:innen am Arbeitsplatz sind, desto motivierter und entsprechend produktiver arbeiten sie (Gallup, 2022). Lange warben Unternehmen mit Vorteilen wie Obstkörben oder Urban Sports-Mitgliedschaften, um sich die Loyalität ihrer Mitarbeiter:innen zu sichern. Doch die tatsächlichen Bedürfnisse der Arbeitnehmer:innen reflektiert das nicht mehr. Auf dem heutigen Arbeitsmarkt treffen mehrere Generationen aufeinander: Babyboomer, Generation Y, Millennials und Generation Z hegen je nach Lebensabschnitt unterschiedliche Bedürfnisse und Vorlieben, die es zu erfüllen gilt. Während die Gen Z Wert auf eine Beschäftigung mit Sinn legt, interessieren sich die Babyboomer mehr für rentenbezogene Zusatzleistungen. Insbesondere international agierende Unternehmen haben zudem die Verantwortung, allen Mitarbeiter:innen rund um den Globus Gleichheit zu bieten, damit jede:r die gleiche Betreuung und Unterstützung erhält.

Um diese individuellen Bedürfnisse zu erfüllen, glauben wir fest an den Vorteil, den Mitarbeiter:innen die Wahl zu lassen, anstatt ihnen eine Standardlösung zu präsentieren – und auf eine persönliche und flexible Anpassung von Benefits zu setzen.

Flex Benefits: Nachhaltig motivieren

Denn ein individuell anpassbares Benefits-System für das Team motiviert die Mitarbeiterschaft nicht nur, sondern fördert zugleich ihre mentale Gesundheit. Ein solches System zeichnet sich dadurch aus, dass jede:r Mitarbeiter:in ein jährliches Budget zur freien Verfügung hat und dieses komplett flexibel investieren kann.

Ob Mitarbeiter:innen ihr Budget in bis zu zehn zusätzliche Ferientage pro Jahr, Kunstkurse, Spenden, ein Haustier oder einen Urlaub investieren – das liegt allein in ihrer Hand. Der Gedanke dahinter: Das mentale und körperliche Wohlbefinden stärkt die Arbeitsmoral. Und was sie antreibt, stärkt sowie ihnen gut tut – das wissen Beschäftigte selbst am besten. Menschen mit guter psychischer Gesundheit sind leistungsfähiger – in einer Zeit, in der Produktivität am Arbeitsplatz so wichtig ist, ist dies ein noch größerer Grund, warum mehr Arbeitgeber:innen diesem Thema ihre Aufmerksamkeit widmen sollten.

Die Höhe des individuellen Budgets muss jedes Unternehmen selbst definieren. Selbstverständlich ist ein gewisses finanzielles Risiko bei der freien Bereitstellung eines solchen Budgets gegeben. Vorteile wie steigende Motivation, Freude bei der Arbeit, Wertschätzung, Eigenständigkeit und die Bereitschaft mehr Verantwortung zu übernehmen, wiegen dieses jedoch auf.

Ein dementsprechendes System befähigt die Arbeitnehmer:innen dazu, mit größtmöglicher Autonomie ihre Arbeit auszuüben sowie Entscheidungen zu treffen. Das Konzept stellt einen Gegenentwurf zu einer toxischen Unternehmenskultur dar und punktet vielmehr mit Transparenz und Entwicklungsmöglichkeiten, mit strukturierten Prozessen sowie tatsächlich gelebter Wertschätzung für Leistung und Lernen.

Mitarbeiter:innen richtig empowern 

Mittels flexibler Benefits schnüren Unternehmen ein Sozialleistungspaket, mit dem sich andere Zusatzleistungen nicht messen können, und sie verbessern zudem die Beziehung zwischen Arbeitnehmer:in und Unternehmen. Dies ist auch für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter:innen von Vorteil. Flexible Zusatzleistungen machen einen relevanten Unterschied aus, ob sich junge Talente für ein spezielles Unternehmen entscheiden – schließlich wird das gesamte Lohn-, Gehalts- und Leistungspaket berücksichtigt.

Das System verschafft Unternehmen einen zukunftsweisenden Vorteil, ohne irgendeine Bevölkerungsgruppe zu verprellen.

Fakt ist: Maßgeschneiderte Benefits zeigen Wertschätzung. Sie vermitteln Mitarbeiter:innen, dass das Unternehmen Wert darauf legt, ihnen Zugang zu einem Leistungspaket zu geben, das genau zu ihnen passt. Ganz gleich, für welche Benefits sich Arbeitnehmer:innen entscheiden – sie wissen, dass ihr Unternehmen Zeit und Ressourcen in ein Leistungspaket investiert, das ihnen zugutekommt und sie im großen Maßstab als Individuum behandelt.

Ein solcher Ansatz zeigt Früchte: Berücksichtigte Bedürfnisse sowie ein respektvoller Umgang stellen für 95 Prozent der Arbeitnehmer:innen wesentliche Aspekte dar, um sich auf der Arbeit wohlzufühlen. Flexible Benefits sind hier nur ein Beispiel, wie dies gelingt, in Folge gilt es darauf aufzubauen. Die weiterführende, nachhaltige Lösung liegt auf der Hand: bessere Führungskräfte am Arbeitsplatz. Manager:innen müssen ihren Mitarbeiter:innen zuhören und zeigen, dass sie sich wirklich um sie kümmern, ihr Wohlbefinden ihnen am Herzen liegt und gute Arbeit anerkennen. Großartige Führungskräfte ermöglichen ihren Mitarbeiter:innen eine gesunde Beziehung zur Arbeit, respektieren ihre Freizeit und behandeln die Arbeit als das, was sie ist – ein Job, der ihre Lebensweise ermöglicht.

Jessie Danyi ist Belonging & Impact Lead bei Pleo. Sie wurde ein Teil des Pleo-Teams, um eine Personalkompetenz aufzubauen, als das gesamte Unternehmen 40 Mitarbeiter zählte. Mittlerweile ist allein das People Team 70 Mitarbeiter stark, arbeitet mit einem Unternehmen mit 830 Mitarbeitern zusammen und jeden Monat kommen über 100 neue Mitarbeiter hinzu. Jessie konzentriert sich auf die Zukunft der Arbeit und versucht zukunftsweisende, kreative und unkonventionelle Lösungen für die Probleme der Menschen auf menschliche, transparente und frische Weise zu finden. Ihren Bachelor machte sie an der University of Cape Town.

Um einen Kommentar zu hinterlassen müssen sie Autor sein, oder mit Ihrem LinkedIn Account eingeloggt sein.

31989

share

Artikel teilen

Top Artikel

Ähnliche Artikel