Die Klimakrise beschäftigt die Menschen rund um den Globus – gleichzeitig steigt auch der Druck auf Regierungen, Unternehmen sowie jeden einzelnen, einen eigenen Beitrag zu leisten und den CO2 -Fußabdruck zu reduzieren. Im Rahmen des Pariser Abkommens haben zahlreiche Länder und Branchen bereits umweltfreundliche Praktiken eingeführt, um Kohlenstoffemissionen zu verringern. Auch Industrien, die bisher eher auf fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas angewiesen waren, stellen vermehrt auf erneuerbare Energien um. Insbesondere in diesen Bereichen muss ein radikaler Wandel geschehen. Um diese regelrechte Mammutaufgabe zu adressieren, setzen sich führende Öl- und Gasriesen ambitionierte Netto-Null- und Kohlenstoffemissionsziele und investieren verstärkt in erneuerbare Energien.
Auch Deutschland hat sich hohe Maßstäbe für die Dekarbonisierung gesetzt und entsprechend passende Strategien entwickelt – etwa zum verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien, zur Elektrifizierung der Wärme- und Transportbranche oder zur Entwicklung einer effizienten Batterietechnologie für die Energiespeicherung. Eine signifikante Rolle kommt dabei intelligenten und flexiblen Netzen (Smart Grids) zu, die durch digitale Technologieplattformen unterstützt werden. Aktuelle Studien belegen nicht nur die positiven Auswirkungen dieser smarten, flexiblen Stromnetzwerke auf die Umwelt, sondern auch langfristige Kosteneinsparungen in Milliarden-Höhe.
Die aktuelle Herausforderung
Hochspannungsstrom wird normalerweise von großen Kraftwerken über Übertragungsnetze in Städte und Industriegebiete geleitet. In lokalen Umspannwerken wird dieser Strom dann auf Niederspannungsebene heruntergestuft und über das Verteilernetz von Distribution Network Operators (DNOs) an die jeweiligen Endverbraucher geliefert. Die DNOs betreiben die Freileitungen und Erdkabel, die zu den Haushalten und Unternehmen führen. Das Netz ist unidirektional und basiert auf einer vorhersehbaren, kontrollierbaren sowie zentralisierten Stromerzeugung.
Allerdings befindet sich dieser Prozess mittlerweile bereits im Wandel: Kleinere Kraftwerke mit dem Potenzial, erneuerbare Energie zu verteilen, ersetzen die großen Kraftwerke. Solarzellen auf Dächern ermöglichen es Haushalten, selber Strom zu erzeugen und den Überschuss zurück ins Netz zu leiten. Proaktive Gemeinden errichten auf ihren Grundstücken kleine Stromerzeugungsanlagen für häusliche, gewerbliche und industrielle Zwecke und nutzen so die gesetzlichen Anreize. Diese dezentralen Energiequellen werden direkt an die lokalen Verteilernetze angeschlossen. DNOs entwickeln sich in Folge darauf verstärkt hin zu Distribution System Operators (DSO) und müssen neue Lösungen für den Echtzeit-Lastausgleich und -Planung im Verteilungsnetz implementieren.
Die Nachfrage und das Angebot an Strom aus erneuerbaren Energien sind aufgrund ihrer unsteten Natur sehr viel komplexer und schwieriger zu prognostizieren. Hinzu kommt die zunehmende Verbreitung von Elektrofahrzeugen, die einen hohen Strombedarf haben, der in etwa dem eines durchschnittlichen Haushalts entspricht. Eine weitere Gruppe von Geräten, die immer häufiger eingesetzt werden, sind zum Beispiel Wärmepumpen und elektrische Heizungen. Um die wachsende Energienachfrage zu adressieren, können Speichersysteme eingesetzt werden, die Lithium-Ionen-, Wasserstoff-, Festkörper- und Vanadium-Redox-Flow-Batterien (VRFB) nutzen – diese sollen die traditionelle Energienutzung, -speicherung und -verteilung ersetzen.
In diesem neuen Szenario müssen DSOs sowohl die erneuerbare als auch traditionellen Energien im Netz verwalten. Um den bidirektionalen Energiefluss steuern zu können, sind erhebliche Investitionen in die Modernisierung der Netzinfrastruktur notwendig. Eine kostengünstige, effiziente und praktikable Option ist die Einführung eines intelligenten Systems, das die Energieflüsse im Netz auf allen Spannungsebenen vorhersagt und aktiv steuert.
Der Blick nach vorne
Distribution System Operators (DSOs) sind die Weiterentwicklung von Distribution Network Operators (DNOs) mit größeren Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die sich an die veränderten und neuen Anforderungen der Verbraucher anpassen. Mit gezielten Infrastrukturverbesserungen sind DSOs in der Lage, das Netz für ein aktives Energiemanagement mit ausreichender Kapazität flexibel zu gestalten. Dies sorgt zudem für eine bessere Transparenz für den Kunden. Die Plattform, auf der Kunden, Lieferanten, Aggregatoren und andere Akteure zusammenarbeiten, ermöglicht es Energieversorgern zudem, Verbrauchern neue und verbesserte Dienstleistungen zu erschwinglichen Preisen anzubieten.
Der Übergang zu DSOs erfordert die Integration neuer, effektiver Funktionen in die bestehenden, traditionellen Möglichkeiten. Dabei sind vor allem Daten der notwendige Schlüssel zu diesem Prozess: Präzise, verlässliche und detaillierte Informationen und Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit sowie den Zustand der Anlagen bis hin zu Auslegungsdaten – und deren tatsächlicher Betrieb mit Echtzeit- und historischen Aufzeichnungen – sind von entscheidender Bedeutung. Die Optimierung der Plattform im Interesse aller Stakeholder erfordert eine umfassende Marktintegration. Die gemeinsame Nutzung von Daten über Netzkapazitäten in verschiedenen Zeitrahmen durch die Übertragungs- und Verteilungsnetze gewährleistet außerdem, dass Kunden Zugang zu einer breiten Palette von Energiedienstleistungen erhalten, die bisher noch nicht verfügbar waren.
Die damit verbundenen Infrastrukturkosten umfassen neue, innovative IT-Systeme mit erweiterten Funktionen und größerer Datenspeicherkapazität. Darüber hinaus erweitert sich auch die Palette der verschiedenen Anschlussarten für Haushalte, Unternehmen und Stromerzeuger – damit eine geeignete Alternative zum konventionellen Netzbau gefunden werden kann, müssen DSOs flexibel agieren.
Das Smart Grid oder intelligente Netz ist daher die Zukunft. Neue Funktionen und Möglichkeiten der DSOs basieren auf dem intelligenten Stromnetz und machen eine grundlegende Transformation erforderlich, um Sensoren, Steuergeräte und Telekommunikation besser zu nutzen. Die Marktintegration und fortschrittliche Kundenangebote werden durch die Unterstützung der DSOs ermöglicht. Außerdem müssen sie eine wichtige Rolle bei der Problemlösung der übermäßigen Erzeugung erneuerbarer Energien sowie der mangelnden Nachfrage zu deren Nutzung spielen. Andererseits sollten die Energieanbieter auch die Verbraucher in Sachen Energieeffizienz beraten und ihnen helfen, ihren CO2-Ausstoß und Energierechnungen zu reduzieren. Obwohl sich die intelligenten Netze noch im Anfangsstadium befinden, ebnen sie den Weg für neuere Technologien, die mit den globalen Klimazielen in Einklang stehen. Verteiltes Energiemanagement, intelligente Zähler und Energiespeichersysteme sind nur die ersten einer langen Liste von neuen Technologien, die noch kommen werden. Die Investitionen in die digitale Transformation, die der deutsche Energiesektor jetzt tätigt, bestimmen seine Zukunft.
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