Die wachsende Kündigungsbereitschaft macht das Onboarding wichtiger denn je

Von   Stojan B. Zrnic   |  Vice President DACH   |  WalkMe
17. Juni 2022

Laut der aktuellen Studie von Personio aus dem März 2022 wollen sich mehr als 46 % der Beschäftigten in kleinen und mittelständischen Unternehmen in Europa in den nächsten 12 Monaten nach einem neuen Job umsehen. Doch warum ist das so und was können Unternehmen tun, um dieser Welle entgegenzuwirken?

Eine hohe Mitarbeiterfluktuation ist für Unternehmen kostspielig und beeinträchtigt die Geschäftsentwicklung erheblich. Doch was genau veranlasst immer mehr Menschen dazu, sich beruflich zu verändern? Die Personio Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Pandemie dazu geführt hat, dass die Arbeitnehmer:innen ihre beruflichen und persönlichen Werte neu ausgerichtet haben. So wollen 71% der Befragten mehr Zeit mit der Familie bzw. eine ausgewogene Work-Life-Balance und nur 68% mehr Gehalt. Doch was auch immer die Beweggründe für diese Karriereschritte sein mögen, der Trend dürfte sich fortsetzen und die Welle wohl kaum aufzuhalten sein.

Ein gutes Onboarding ist gefragt!

Bei all dem dürfen Unternehmen allerdings nicht aus dem Blick verlieren, dass die Drehtür nicht nur in eine Richtung geht: Für die Mitarbeiter, die aussteigen, kommen andere, die an ihre Stelle treten. Das Unternehmen hat höchstwahrscheinlich Zeit und Geld investiert, um diese neuen Mitarbeiter zu finden, ihre Qualifikationen zu beurteilen und sie zu gewinnen. Doch darf nicht vergessen werden, dass die Sache mit der Vertragsunterzeichnung nicht erledigt ist: Gefragt ist vielmehr ein ausgezeichnetes Onboarding, das die neuen Mitarbeiter befähigt, ihre Aufgaben optimal zu erfüllen. Dieser Prozess darf nicht vernachlässigt werden, denn er trägt entscheidend dazu bei, den Mitarbeitern die sozialen und leistungsbezogenen Aspekte ihrer neuen Stelle zu vermitteln, damit sie schnell produktive und engagierte Mitglieder im Team werden.

Wer sich auf das Onboarding neuer Mitarbeiter nicht vorbereitet, wird die neuen Kollegen schnell wieder verlieren. Eine unzureichende Einarbeitung bewirkt Frust und Stress, kann darüber hinaus aber auch dazu führen, dass sich die Neueinsteiger nicht engagieren, Fehler machen und womöglich schnell wieder kündigen. Im letzteren Fall muss noch mehr Zeit und Geld aufgewendet werden, um erneut Ersatz zu finden, ganz zu schweigen davon, dass der Aufwand für die Einstellung und Einarbeitung dann umsonst war. Nach Angaben der Society for Human Resource Management (SHRM) können sich die dadurch anfallenden Kosten auf 50-60 % des Jahresgehalts des betreffenden Mitarbeiters summieren. Das ist eine erhebliche Belastung für ein Unternehmen in einer Zeit, in der es möglicherweise unter Personalmangel leidet.

Mit einem bewussten, formalisierten Onboarding-Prozess können Unternehmen die Leistung neuer Mitarbeiter steigern und sie motivieren. Die Vorteile sind enorm: Der SHRM zufolge stellen Unternehmen fest, dass eine effektive Einarbeitung die Mitarbeiterbindung erhöht, die Beschäftigten schneller zu produktivem Arbeiten befähigt und die Kundenzufriedenheit verbessert. Wenn ein Unternehmen jedoch nie über einen strukturierten Onboarding-Prozess verfügt hat, wird es möglicherweise befürchten, damit nur Zeit zu verschwenden, oder wird entscheidende Aspekte übersehen.

Ein wichtiger Punkt ist, die neuen Mitarbeiter von Anfang an gründlich in die Softwareprogramme und Anwendungen einzuweisen, mit denen sie arbeiten werden. Andernfalls muss sich das Unternehmen die Frage stellen, warum die Technik nicht erwartungsgemäß funktioniert – oder, schlimmer noch, unzureichende Leistung hinnehmen, weil die Mitarbeiter die vorhandenen technischen Ressourcen nicht richtig nutzen. Die Grundlagen müssen hier schon vorab geschaffen werden, damit die neuen Mitarbeiter keinen negativen ersten Eindruck gewinnen. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Einführung neuer Tools: Wenn sie nicht ausreichend demonstriert werden, besteht die Gefahr, dass sie nicht richtig – oder überhaupt nicht – verwendet werden.

Unternehmen müssen ihren neuen Mitarbeitern auch klar vermitteln, was von ihnen erwartet wird. Dem Unternehmen selbst mag das offensichtlich erscheinen, doch die Mitarbeiter sind in ihrer vorherigen Stelle möglicherweise anders an die Dinge herangegangen. Wichtige Details – zum Beispiel, welche Aufgaben genau erfüllt werden müssen und welche Ziele in welchem Zeitrahmen erreicht werden sollen – sollten klar benannt werden.

Fehlender digitaler Fokus?

In manchen Unternehmen läuft das Onboarding seit Jahren – oder gar Jahrzehnten – immer gleich ab. Die herkömmliche Einarbeitung in die Abläufe und Gepflogenheiten im Unternehmen bleibt auch weiterhin wichtig, doch da digitale Tools im Arbeitsalltag eine immer zentralere Rolle spielen, müssen sie heute auch beim Onboarding im Mittelpunkt stehen. Das gilt umso mehr, als Mitarbeiter immer öfter komplett aus der Ferne eingearbeitet werden. Das digitale Onboarding ist ein entscheidender Faktor: Laut Untersuchungen bekommen mehr als drei Viertel der Arbeitnehmer Technologien, Tools oder Anwendungen an die Hand, ohne zu wissen, welchen Vorteil diese bringen sollen oder wie man sie verwendet – und viele Beschäftigte sind sogar bereit, wegen mangelnder Technologienutzung zu kündigen.

Neue Anwendungen wird es immer geben, und es scheinen immer noch mehr zu werden. So kann sich ein neuer Mitarbeiter durch die Vielzahl der Systeme, die alle erlernt werden müssen und unterschiedliche Hilfsmittel bieten, schnell überfordert fühlen. Die Mitarbeiter müssen deshalb von Beginn an eine gute Software-Schulung erhalten – andernfalls werden sie bald die Flinte ins Korn werfen und die Chance verpassen, die technischen Tools zu ihrem Vorteil zu nutzen. Digital-Adoption-Plattformen können sowohl neue Mitarbeiter für ein breites Spektrum von Unternehmenssoftware rüsten als auch die Einführung neuer Anwendungen bei den bestehenden Mitarbeitern erleichtern. Dies hilft nicht nur den Mitarbeitern, ihre Ziele zu erreichen und mehr Freude an der Arbeit zu haben. Es sorgt auch dafür, dass die Unternehmen den optimalen ROI mit ihren Technologieinvestitionen erzielen, weil die Akzeptanz gefördert und sichergestellt wird, dass Software und Anwendungen wie vorgesehen genutzt werden.

Lebenslang lernen

Die Technologie entwickelt sich ständig weiter: Jedes neue Software-Update kann eine Veränderung mit sich bringen, die die Mitarbeiter verstehen müssen, weshalb das Onboarding ein kontinuierlicher Prozess werden muss, statt nach ein paar Wochen abgehakt werden zu können.

Dass auf neue Mitarbeiter eine Menge zukommt, wird immer so sein, doch ist es auch wichtig, eine Kultur der ständigen Weiterentwicklung und des kontinuierlichen Lernens zu fördern. Fast alle Mitarbeiter (94 %) würden einem Unternehmen länger treu bleiben, wenn es in ihr berufliches Fortkommen investieren würde. In diesem Zusammenhang könnte sich die Kenntnis der neuesten Tools für einen Mitarbeiter als ebenso nützlich erweisen wie ein Führungskräftetraining oder die Möglichkeit, einem erfahrenen Kollegen über die Schulter zu schauen.

Die Entwicklung eines Onboarding-Programms für Mitarbeiter erfordert sorgfältige Planung, Budgetierung, Koordination und Aufmerksamkeit, ist aber die Mühe wert. Unternehmen können neuen Mitarbeitern mit einem solchen Programm einen guten Einstieg sichern. Das verringert das Risiko, dass die Mitarbeiter schnell wieder gehen, und gibt ihnen stattdessen Anreiz, als erfolgreiche Teammitglieder viele Jahre zu bleiben.

Stojan B. Zrnić ist seit über einem Jahr bei WalkMe. Davor war er unter anderem bei Workday, Gartner und HP tätig.

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