Heute hier, morgen dort?
Klimawandel, Ressourcenknappheit, geopolitische Krisen, Digitalisierung und der Strukturwandel fordern die etablierten Geschäftsmodelle vieler Unternehmen heraus. Unternehmen müssen wachsamer denn je sein, um konsequent in einer volatilen Wirtschaftswelt agieren zu können. John P. Kotter, Unternehmensberater und Dozent an der Harvard Business School, schreibt, dass Verantwortliche die Herausforderungen unserer Zeit mit zwei organisationalen Betriebssystemen meistern können: Einerseits gilt es, aus dem Tagesgeschäft der Gegenwart weiterhin alles herauszuholen. Andererseits müssen die Verantwortlichen auch schon den Blick auf Trends und Wachstumsmärkte der Zukunft werfen, innovative Geschäftsmodelle in der digitalen Welt suchen, ausprobieren – und, wenn es darauf ankommt, skalieren.
Um die Balance zwischen Tagesgeschäft und Future Business zu halten, reichen klassische Organisationsstrukturen allein nicht aus. Hilfreich ist die Etablierung eines zweiten Betriebssystems, das als offenes Organisationsnetzwerk ausgelegt – und für die mutige, kreative Zukunftsthemen empfänglicher ist. Daraus entsteht die duale Organisation, die in der Lage ist, im neuen Kontext zu interagieren, zu lernen, sich anzupassen und wettbewerbsfähig zu bleiben – trotz der Instabilität und Unsicherheit des Marktumfelds.
Die Grenzen im Tagesgeschäft
Für das Tagesgeschäft sind klassische, hierarchische Organisationsstrukturen nützlich. Sie helfen, bekannte Abläufe mit Effizienz, Vorhersehbarkeit und Effektivität zu erledigen. Allerdings können diese eher starren Strukturen nicht mit dem rasanten Wandel der heutigen Zeit mithalten. Hierarchien und standardisierte Managementprozesse sind von Natur aus risikoscheu und widerstandsfähig gegenüber schnellen Veränderungen.
Das Problem ist zum Teil politisch bedingt: Manager gehen nur ungern Risiken ein, wenn sie nicht die Erlaubnis ihrer Vorgesetzten haben. Zum Teil ist das Problem auch kulturell bedingt: Die Menschen halten an ihren Gewohnheiten fest. Anstatt also umfangreiche Veränderungen im primären Organisationssystem zu forcieren, sollten Verantwortliche dieses entlasten – und ein zweites Betriebssystem im Unternehmen installieren, dass sich losgelöst von den hierarchischen Strukturen organisiert.
Effizient und innovativ
Die duale Organisation weist eine doppelte Fähigkeit auf, indem sie eine zweite operative Ebene in ihre Struktur integriert: Neben der hierarchisch-stabilen kommt eine innovativ-dynamische Ebene hinzu. Das ermöglicht einerseits, bewährte Produkte, Prozesse und Strukturen effizienter zu gestalten und die kommerzielle Verwertung sicherzustellen. Andererseits lässt die duale Organisation auch zu, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln, zu testen und neue Wachstumsmärkte zu betreten. So hat das Unternehmen in operatives Standbein im Heute – und eins im Morgen.
Das Beste aus zwei Welten
Mit den dynamischen Netzwerkstrukturen kann die Organisation neue Trends identifizieren, neue Perspektiven und Visionen schaffen sowie neue Möglichkeiten unternehmerisch nutzbar machen. Dazu gehören Experimentierräume für neue Verhaltensweisen, Ansätze und Innovationen. Diese co-kreative Strukturebene ermöglicht es, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und zu skalieren, Märkte zu erschließen – sowie neue Herangehensweisen und Gewohnheiten auszuprobieren und zu etablieren. Das zweite Betriebssystem ist also für systematisches Hinterfragen, konsequentes Testen und für das Geschäft von morgen zuständig. Das Netzwerk besteht aus hierarchie- und fachübergreifenden Initiativen von intrinsisch motivierten Freiwilligen.
Die duale Organisation hat aber auch ihren Preis. Veränderungsbereitschaft im Management und in großen Teilen der Belegschaft, die Akzeptanz einer Kultur der Widersprüche, ein hohes Maß an Selbstorganisation der Mitarbeitenden – oder auch ein zielgerichtetes, vertrauensvolles Leadership gehören zu den notwendigen Kompetenzen. Neben diesem hohen Reifegrad im Unternehmen hat das Management die Aufgabe, eine Balance beider Betriebssysteme zu finden – und zu halten. Organisationen gehen oftmals den Weg des geringeren Widerstands – dieses Verhalten und die Rückkehr zum klassischen Betriebssystem gilt es, aktiv zu vermeiden.
Fazit: Mehr Markt- und Zukunftsfähigkeit
Unsere Wirtschaftswelt dreht sich zunehmend schneller. Der Veränderungsdruck steigt – doch niemand möchte seine Organisation „kaputtverändern“. Ein Lösungsansatz ist ein zweites Betriebssystem zu etablieren: Ein Netzwerk intrinsisch motivierter Mitarbeiter, die adaptiv und kreativ zusammenarbeiten. Dieses Netzwerk und die klassische Hierarchie sind über moderierte Kommunikations- und Aktivitätsflüsse verbunden. Dadurch kann sich die klassische Organisation auf das operative Tagesgeschäft konzentrieren, während das dynamische Netzwerk die digitalen Trends und Veränderungen von morgen antizipiert. Das Konzept der dualen Organisation zeigt Unternehmen einen Weg, markt- und zukunftsfähiger zu werden.
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