Die Blockchain und die Kryptowährungen – das smarte Geld für eine einfache Welt

Von   Henning Neu   |  Datenschutz- undIT-Sicherheitsberater   |  praemandatum GmBH
9. August 2017

Als die Blockchain das Licht der Welt erblickte, brachte sie eine nicht minder beeindruckende Anwendung auf den Weltmarkt: Die Bitcoin. Eine digitale Münze, die per Design sicher ist. Eine Idee, die inzwischen so erfolgreich ist, dass der Währungskurs der Bitcoin trotz vieler Achterbahnfahrten sich meistens jenseits der 2000 Dollar pro Bitcoin bewegt, also je nach Tagesform locker das Doppelte des Marktwertes einer Feinunze Gold. Auf die Bitcoin folgten inzwischen weit über hundert verschiedene Kryptowährungen, von denen sich einige an einem gewaltigen Aufschwung erfreuen.
Kryptowährungen sind längst kein einfacher Trend mehr und das breite Publikum fängt an zu begreifen, dass das vielleicht auch so bleibt, auch wenn es weiterhin verwunderlich scheint, dass ein gänzlich immaterielles Konstrukt einen so großen Wert haben soll. Natürlich liegt dies größtenteils an der Blockchain selbst, die ein wichtiges Problem in der IT-Sicherheit löst – der sogenannte Byzantinische Fehler. Hierbei wird sichergestellt, dass in einem dezentralen Netzwerk alle Knoten die selben Informationen zur Verfügung haben. Auf Deutsch heißt das: Wenn wir von unserer Mutti 30 Euro für den Einkauf bekommen, dann können wir ihr später nicht erzählen, dass wir das Geld noch gar nicht haben, wenn sie gerade voll im Stress einen Streit zwischen unseren beiden Schwestern lösen muss, weil sie nämlich schlau ist und jede Bargeldtransaktion genau aufschreibt und belegen kann – simplifiziert formuliert. In der Realität ist es etwas komplexer, aber der Kern lässt sich prinzipiell darauf reduzieren, dass das Kryptogeld nicht lügen kann und jede Transaktion buchstäblich bis hin zur allerersten zurückverfolgbar ist.

Doch warum ist dieser Firlefanz nötig? Meine Bank kann doch schon ewig online Überweisungen tätigen.

Das Problem bei Banken liegt im Prinzip an den Banken selbst. Wenn ich meinem Freund das Geld für die Kinotickets überweisen will, dann vertraue ich darauf, dass die Banken sich schon irgendwie darum kümmern, dass das Geld auch wirklich bei meinem Freund ankommt. Die Idee, meine Besitztümer einer verwaltenden Institution in die Hand zu drücken, zeugt von enormem Vertrauen. Ein Vertrauen, an das wir uns schon als kleines Kind mit einem Taschengeldkonto gewöhnen können. Und das ist auch in Ordnung. Sicherheit baut immer irgendwie auf Vertrauen auf. Doch die Frage ist, ob dies irgendwann noch nötig sein wird. Das Bankensystem hat das materielle Geld größtenteils durch virtuelle Repräsentationen ersetzt. Aus geprägten Goldstücken wurden Papierscheine, aus Scheinen wurden Bits. Und seitdem befindet sich das Finanzsystem auf einer abstrakteren Ebene. Die Digitalisierung der Welt hat uns ein Stück der Kontrolle über unser Geld genommen. Und diese Verschiebung der Kontrolle über das Geld hat zwar bisher bis auf wenige Ausnahmen funktioniert, doch das grundlegende Problem bleibt bestehen.

Und genau da setzen Kryptowährungen an. Sie sind der Versuch, die Vorteile aus der physikalischen und der digitalen Welt zu kombinieren. Wir haben eine fest kalkulierbare Schöpfungsrate der digitalen Münzen, die bei manchen sogar auf ein festes, maximales Pensum begrenzt ist. Es gibt zum Beispiel maximal 21 Millionen Bitcoin, die erschlossen werden können. Andererseits lässt sich eine digitale Währung in beliebig kleine Einheiten aufspalten, sodass wir selbst winzige Bruchteile eines Cents ohne Probleme verarbeiten können. Die Währung ist zudem Fälschungssicher, ein Problem, das selbst heutzutage noch mit gewöhnlichem Bargeld besteht. Die Transaktionsverwaltung ist dezentral, wir sind also unabhängig von jeglichen Finanzinstituten. Und dennoch behalten wir die volle Kontrolle über unser Geld, verpackt in einem verschlüsselten, digitalen Geldbeutel, mit Transaktionen, die auf alle Zeit verfolgbar sind. Natürlich kommen mit den ganzen Vorteilen auch gewisse Nachteile. Die versprochene Anonymität ist momentan theoretisch umkehrbar, sofern jemand die Transaktionsadresse seines Partners mit dem dazugehörigen Namen veröffentlicht, also analog zu einer Kontonummer. Außerdem bleibt die Frage, ob sich die Kryptowährungen auch dann noch weiter halten, wenn es für die Transaktionsverarbeitung vielleicht mal keine lohnenswerte Entschädigung mehr gibt.

Die Blockchain selbst ist eine spannende Erfindung mit vielerlei Anwendungsgebieten. Kryptowährungen sind ein Lösungsansatz für eine digitale Zukunft und eine Kritik an einem komplexen Finanzsystem. Ein fälschungssicheres Bargeld wäre zwar die perfekte Sicherheitslösung, doch im globalen Onlinehandel sind Kryptowährungen ein Schritt in die richtige Richtung. Sie sind aber auch noch weit entfernt davon, unser bestehendes System zu ersetzen, doch sie sind ein Richtungsweiser für eine interessante Zukunft, die weniger Vertrauen von uns verlangt und uns ein Stück mehr Kontrolle in unsere eigenen Hände legt.

Henning Neu, technischer Datenschutz- und IT-Sicherheitsberater bei der praemandatum GmbH und selbstständiger Gamedesigner, hat Angewandte Informatik an der Hochschule Hannover studiert. Seine Spezialgebiete sind technische Risikoanalysen und die Bewertung von modernen Technologien in Unternehmenskontexten, sowie Design und User Experience.

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