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Data Science in der Landwirtschaft: Wie wir mehr Ernte produzieren können

Von   Alexander Eser   |  Co-Founder & Managing Director   |  kaufberater.io
27. September 2018

Data Science und Big Data halten zunehmend Einzug in die Landwirtschaft mit dem Ziel, an den Markt anpassbare ökonomische und ökologische Produktionsbedingungen zu schaffen. Die Digitale Vernetzung spielt daher eine immer größere Rolle.
Laut dem Deutschen Bauernverband ist “Landwirtschaft 4.0” in jedem fünften landwirtschaftlichen Betrieb angekommen.

Gemeint ist hiermit die Nutzung von Industrie 4.0 Anwendungen wie

  • Sich selbststeuernde Produktionsprozesse
  • Maschinen, die miteinander kommunizieren (M2M)
  • Autonomsteuernde Fahrzeuge
  • Verzahnung der Produktion mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik
  • Entscheidungsfindung durch Computerprogramme

Wie sieht die Digitalisierung in der Landwirtschaft aus?

Seit vielen Jahren prägen Informatik und Elektronik den landwirtschaftlichen Alltag.

  • Landmaschinen mit intelligenten Technologien ermöglichen auf dem Feld und im Hof automatisierte Arbeitsprozesse
  • Wetter-Apps, Drohnen und andere Datenmanagementsysteme helfen, Boden- und Ernteverfahren zu optimieren
  • Cloudlösungen, beispielsweise für die Grund- und Stickstoff-Düngung, ermöglichen, Pflanzen besser und effizienter zu versorgen
  • Komplexe Prozessabläufe, wie beispielsweise die Silomais- oder Zuckerrübenernte, können in Echtzeit überwacht und gemeinschaftlich organisiert werden
  • Futterroboter, Messeinrichtungen zur Milchinhaltsstoffbestimmung oder Klimaführungssysteme leisten einen wesentlichen Beitrag zum Tierwohl und für den Umweltschutz und dienen der Arbeitserleichterung
  • Durch neue Entwicklungen in der Sensortechnik kann das Tierverhalten ermittelt und bewertet werden

Einsatz von ferngesteuerten Drohnen und Hubschraubern

Ferngesteuerte Heli- und Multicopter für zivile Zwecke finden Eingang in die landwirtschaftliche Praxis. Die Wildrettung (Rehkitzidentifikation) mit Infraroterkennung, Boden-, Dünger- und Pflanzenschutz-Monitoring und auch Pflanzenschutzanwendung sind mögliche Einsatzfelder mit enormen Datenmengen.

Nutzen von agrarspezifischen Wetterdaten mit Hilfe von Wetterstationen

Der Umgang mit Boden, Wasser und Luft kann mit agrarspezifischen Wetterdaten verbessert werden. Ein engmaschiges Netz an Wetterstationen und phänologische Beobachtungen haben daher einen hohen Informationswert.

Automatisierte Arbeitsprozesse durch Computer: Automatisierte Bewässerung als Beispiel

Die Bewässerung von Pflanzen, ohne dabei dem Grundwasserspiegel zu schaden und den Boden zu versalzen, stellt eine essentielle Aufgabe für den Landwirt dar. In der digitalisierten Landwirtschaft übernehmen diese Aufgabe automatische Bewässerungscomputer.

Precision und Smart Farming – Was ist das und wozu führt es?

Precision Farming oder auf deutsch Präzisionslandwirtschaft meint landwirtschaftliche Prozesse, möglichst präzise und optimal zu gestalten. Dadurch lassen sich etwa Wasser, Diesel, Pflanzenschutz- und Düngemittel gezielt sparen.

Quelle: https://pixabay.com/de/natur-landschaft-feld-213364/

Die intelligente Steuerung dieser Prozesse zu optimieren hingegen ist die Aufgabe des Smart Farming.

Moderne Produktionsprozesse in der Landwirtschaft erzeugen große und vielfältige Datenmengen. Sensordaten aus landwirtschaftlichen Maschinen, Satelliten- und Luftbilder, Wetter- und Klimadaten, Daten zu Erträgen, Bewirtschaftungsmethoden und Bodeneigenschaften ergeben zusammen ein detailliertes Abbild der entsprechenden Produktionsprozesse.

Die intelligente Nutzung und Analyse dieser Datenmengen durch moderne Data Science Methoden hat das Potenzial, das Wissen über diese Prozesse erheblich zu erweitern und gleichzeitig Prozesse in vielfältiger Weise zu optimieren.

Welche Probleme hat die Agrarwissenschaft und wie kann Big Data helfen?

Die Europäische Kommission warnte bereits 2011: „Viele der heutigen Lebensmittel produzierenden Systeme gefährden die Kapazität der Erde, in Zukunft genug Lebensmittel zu generieren.“ Es besteht also dringender Handlungsbedarf: „Ressourcenschonung“ lautet das Schlagwort unter Agrarwissenschaftlern.

Auch unter Berücksichtigung der stets wachsenden Weltbevölkerung, ist die Landwirtschaft mit dem Problem hoher Nachfrage konfrontiert. Es müssen also effizientere Methoden entwickelt werden, um den zukünftigen Bedarf decken zu können.

Big Data ermöglicht die Simulation von Szenarien in sehr komplexen Systemen. Die Analyse dieser riesigen Datenmassen kann neue Zusammenhänge offenlegen und komplexe Phänomene erklären. Somit wird die Forschung auf landwirtschaftlichen Anbauflächen, das sogenannte “on farm research”, virtuell möglich.

Dennoch gilt: Daten allein schaffen kein Wissen. Klaus-Herbert Rolf, Marketing- und Vertriebschef von 365FarmNet, ist der Meinung: “Wir müssen von Big Data den Schritt zu Smart Data machen”. Mit Smart Data sind nutzbringende, hochwertige und abgesicherte Daten gemeint.

Welchen Erfolg kann man sich von Data Science in der Landwirtschaft versprechen?

Durch den nachhaltigen Ressourceneinsatz und der bedarfsgerechten Behandlung in Ackerbau und Tierhaltung verspricht die Digitalisierung der Landwirtschaft positive Effekte für die Umwelt.

Laut der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft kommt der digitale Landwirt mit zehn Prozent weniger Herbiziden und 20 Prozent weniger Treibstoff aus als Landwirte, die auf Sensoren und Selbstfahrsysteme verzichten.

Digitalisierung, Landwirtschaft 4.0 und Big Data führen weiterhin zu einer deutlichen Kostensenkung und Effizienzsteigerung der landwirtschaftlichen Produktion. Dadurch wird die Landwirtschaft konkurrenzfähiger und kann dem Wettbewerbsdruck auch auf dem Weltmarkt besser standhalten.

Hohe Qualität und ein günstiges Preis-/ Leistungsverhältnis der Nahrungsmittel führt folglich zu einer größeren Akzeptanz des landwirtschaftlichen Sektors innerhalb der Gesellschaft.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Digitalisierung der Landwirtschaft?

Die Digitalisierung der Landwirtschaft erfordert allerdings die nötigen Rahmenbedingungen. Das größte Problem sieht der Deutsche Bauernverband in den häufig schlechten Internetverbindungen. Daher wird von Bund und Ländern eine flächendeckende Internetversorgung gefordert.

Neben dem zukunftsfähigen Ausbau der digitalen Infrastruktur, müssen zusätzlich Schnittstellen und Produkte unterschiedlicher Hersteller standardisiert werden.

Der digitale Fortschritt in der Landwirtschaft hat aber auch eine Kehrseite. Experten gehen davon aus, dass in Deutschland 42 Prozent der Beschäftigten eine Arbeit ausüben, die in etwa 20 Jahren digitalisiert oder automatisiert werden könnte.

Für die landwirtschaftlichen Unternehmen stellt sich also die Frage, ob eine Digitalisierung Auswirkungen auf die Betriebsstrukturen oder auf den Arbeitsplatz des Landwirts hat.

Fazit

Landwirtschaft 4.0 in Verbindung mit Data Science bietet großes Potential für Betriebe sowie Gesellschaft und verschafft uns die Möglichkeit ökonomische, soziale und ökologische Fortschritte zu erzielen.

Die Digitalisierung ist dann ein Fortschritt für die Landwirtschaft, wenn sie die unternehmerische Autonomie der Landwirte erhält und die Rolle der Landwirtschaft im Zentrum der Gesellschaft stärkt und ausbaut.

Damit jedoch Wissen nicht verloren geht und Ziele der digitalen Landwirtschaft erreicht werden können, muss der monopolisierte Zugriff auf die Daten verhindert werden.

Um das zu erreichen, fordern Forscher der Leibniz-Institute die öffentliche Vernetzung. Nur wenn das gewonnene Wissen für alle Parteien zugänglich ist, kann eine ausreichende Ernährung gewährleistet werden.

Alexander Eser gründete nach seinem Studium in Berlin, Oslo und Rotterdam das digitale Verbraucher-Magazin Kaufberater.io. Neben digitalen Geschäftsmodellen und Statistik, interessiert er sich vor allem für Fitness, Snowboarden und Reisen.

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