Wie wichtig die Frage nach der Nachhaltigkeit von KI, Cloud, SaaS & Co. ist, verdeutlicht ChatGPT. Der Chatbot löste Anfang des Jahres einen weltweiten Hype aus und setzte die Tech-Giganten gehörig unter Druck. In Rekordzeit kündigte Microsoft an, das intelligente Sprachprogramm in seine Suchmaschine Bing zu integrieren. Google folgte mit dem smarten Tool Bard. Und auch wenn es an der Umsetzung noch hapert, dürfte KI über kurz oder lang bald fester Bestandteil des Internet-Alltags werden – und dabei enorme Ressourcen verbrauchen. Wissenschaftler errechneten, dass allein das Training des GPT-3-Modells, auf dem der Chatbot teilweise basiert, bis zu 1.287 MWh an Strom verbraucht. Das sind umgerechnet 550 Tonnen Kohlendioxid oder 550 Flüge zwischen New York und San Francisco. In Suchmaschinen mit Milliarden von Nutzern dürfte der Energieverbrauch noch ganz andere Dimensionen erreichen.
Ein ähnlich rasanter Wachstumskurs findet sich auch bei der Cloud. Zwar setzen alle Unternehmen auf einen hybriden Cloud-Ansatz und nutzen parallel sowohl Public als auch Private Cloud. Der Anteil der Public Cloud steigt jedoch kontinuierlich. Nach dem Flexera State of the Cloud Report 2022 vertrauen Unternehmen Cloud-Anbietern wie Microsoft Azure, Amazon Web Service (AWS) und Google Cloud Platform (GCP) bereits die Hälfte ihrer Workloads (50%) und Daten (48%) an. In Deutschland nahm die Kapazität der Rechenzentren laut Bitkom allein von 2010 bis 2020 um 84% zu. In den nächsten zwei Jahren sollen noch einmal ein Plus von rund 30% folgen. In Sachen Energieressourcen dürfte hier der Strombedarf bis 2030 auf 23 bis 29 Milliarden kWh steigen.
Grünes Rechenzentrum für die Cloud Migration
Grundsätzlich gilt die Cloud als durchaus klimafreundlich – solange die Verfügbarkeit regenerativer Quellen garantiert ist. Nach einem Bericht von Microsoft ist das Cloud Computing – je nach Vergleich – zwischen 22-93% energieeffizienter als herkömmliche RZs. Unter Einbezug von erneuerbaren Energien steigt die Effizienz auf satte 72-98%. Auf ähnliche Ergebnisse kommt auch Amazon: Demnach reduziert der Betrieb von Geschäftsanwendungen auf AWS den Energieverbrauch um 80% und die CO2-Emissionen um 90%, solange die Standorte ihren Strombedarf über erneuerbare Quellen beziehen.
Erneuerbare Energien sind jedoch nur eine Voraussetzung für eine nachhaltige digitale Transformation. Zentral ist ebenso die Effizienz im Datacenter selbst: Hyperscale-Rechenzentren reduzieren ihren CO2-Fußabdruck u. a. durch smarte Klimatisierung, langlebige Geräte/Server und neue Konzepte zur Abwärmenutzung. Bei großen Cloud-Anbietern sind die Rechenzentren zudem in großem Maßstab und auf eine durchgehend hohe Auslastung hin konzipiert. Die Nutzung wird konsolidiert. Das allein macht die Public Cloud in der Regel 2- bis 4-mal effizienter. Da die Anbieter mehr noch als Unternehmen an der Energieeffizienz ihrer Public Cloud interessiert sind, werden Hardwarekomponenten kontinuierlich hinsichtlich ihrer Leistung optimiert, angepasst und verschlankt. Kürzere Upgrade-Zyklen und Modernisierungsmaßnahmen sind hier die Regel und nicht die Ausnahme.
Zwei Seiten einer Medaille: Kosten und Nachhaltigkeit
Die Cloud Migration selbst legt jedoch nur den Grundstein. Im nächsten Schritt heißt es, die IT-Assets zu managen, zu optimieren und kontinuierlich an den Bedarf im Unternehmen anzupassen. Letztendlich geht es darum, „nachhaltig“ zu wirtschaften und keine unnötigen Ressourcen zu verschwenden. In der Realität scheint dieses Ziel noch lange nicht erreicht: Laut dem State of ITAM Report 2023 verpufft etwa ein Drittel der IT-Ausgaben in den Wolken. Das gilt sowohl für On-Premise-Anwendungen (38%) und Rechenzentren (34%) als auch für SaaS und IaaS/PaaS (jeweils 33%). Schuld sind unter anderem ungenutzte Anwendungen, überdimensionierte Cloud-Instanzen, Zombie-Server und nicht gekündigte Abos.
So gesehen schließt die Frage nach der Nachhaltigkeit von Cloud-Assets eng an der Kostenfrage der Cloud an: Welche Lösung liefert dem Unternehmen einen technologischen Mehrwert (Stichwort: Technology Value Optimization)? Und wo sind Einsparungspotentiale durch Optimierung und Rationalisierung möglich?
Die gute Nachricht: Die Cloud bietet deutlich mehr Spielraum als On-Premise. Bei SaaS und Cloud-Instanzen sind Unternehmen weniger stark an langfristige Verträge gebunden. Die Nutzung von IT-Assets lässt sich in der Cloud zudem besser nachverfolgen und schneller an geänderte Anforderungen anpassen. Und schließlich helfen auch Cloud-Governance-Praktiken, den IT-Konsum bedarfsorientierter, kosteneffizienter und damit nachhaltiger zu gestalten. Denn so banal es klingen mag: Wer Workloads nach Geschäftsschluss automatisch herunterfährt, spart nicht nur Ausgaben beim Cloud-Anbieter ein, sondern reduziert indirekt auch den Energieverbrauch.
Rightsizing: Nur bereitstellen, was gebraucht wird
Cloud-Kosten, Cloud-Mehrwert oder Cloud-Nachhaltigkeit – im Endeffekt geht es darum, die Cloud-Infrastrukturen in Unternehmen effizienter zu gestalten. Dazu braucht es in erster Linie Transparenz und eine ganzheitliche Sicht auf die hybride und immer komplexer werdende IT-Landschaft. IT Visibility zeigt, wo Anwender ihr „Konsumverhalten“ ändern können und deckt sowohl Strom- als auch Kostenfresser im IT-Portfolio auf. Automatisierte IT-Asset-Managementsysteme helfen die Nutzung und Auslastung über alle Cloud-Assets hinweg zu tracken und zu analysieren. Die Daten legen nicht nur dar, wie stark die Cloud-Ressourcen von Nutzern in Anspruch genommen werden („Showback“). Sie zeigen auch schwarz auf weiß, wie viel die Nutzung (oder Nichtnutzung) das Unternehmen kostet („Chargeback“). Mehr und mehr IT-Abteilungen teilen diese Einblicke mit Mitarbeitenden, um zu einem „nachhaltigeren“ Umgang der Cloud anzuspornen.
Das Rightsizing – also die Anpassung der vorhandenen Cloud-Assets mit dem tatsächlichen Bedarf – lohnt sich auf jeden Fall. Nach Expertenschätzungen können Unternehmen mit dieser Strategie ihre Cloud-Kosten um 20-25% reduzieren und müssen dabei keinesfalls befürchten, im Rennen der digitalen Transformation zurückzufallen. Ein gutes Beispiel für das Optimierungspotential ist Microsoft 365. Die Suite hat sich gerade in den Pandemie-Jahren als das Enterprise-Tool schlechthin etabliert und stellt die vertrauten Office-Programme im neuen Cloud-Gewand zur Verfügung. Microsoft bietet dabei unterschiedliche Abo-Modelle mit unterschiedlichem Funktionsumfang an. Theoretisch kann die IT so jedem Mitarbeitenden genau die Lösungen anbieten, die diese für ihr tägliches Arbeiten brauchen. Tatsächlich entscheiden sich jedoch viele Unternehmen einfachheitshalber für eine Standard-Option. Das macht unter Umständen das Lizenzmanagement einfacher, wirtschaftliche ist diese SaaS-Strategie nicht.
Cloud Migration und bedarfsorientiertes Haushalten im Cloud-Estate liefern also durchaus Ansätze, die den Klimaschutz und die Ressourceneffizienz verbessern können. Allein auf die Cloud beschränkt bleibt das Thema Nachhaltigkeit damit jedoch nicht. Die IT Asset Disposition (ITAD) gehört mittlerweile fest auf die IT-Agenda von Unternehmen. Zu ihren Aufgaben gehört beispielsweise die Entsorgung und/oder das Recycling von Hardware-Assets, die Reduzierung von Verunreinigungen im Zusammenhang mit dem IT-Betrieb sowie digitale Umweltverschmutzung durch Datenmüll. Auch hier ist klar: Solange Unternehmen die Nachhaltigkeit in der IT ernst nehmen und innerhalb ihres IT-Managements berücksichtigen, steht auch der Nachhaltigkeit durch IT nichts mehr im Weg.
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